US-Bericht zu Menschenhandel: Freihandel wichtiger als Freiheit

Die USA werfen 23 Ländern mangelnden Einsatz gegen Menschenhandel vor. Bei vielen sehen sie aber auch Verbesserungen – aus Eigeninteresse.

US-Außenminister John Kerry an einem Rednerpult.

Umgarnt einige Staaten aus wirtschaftlichem Interesse: US-Außenminister John Kerry am Montag. Foto: ap

BANGKOK taz | Zu den 23 Staaten, die auf Washingtons „schwarzer Liste” der Länder-Kategorie drei stehen oder verbleiben, gehören Russland, Thailand, Iran, Nordkorea, Jemen, Syrien, Libyen und Venezuela. Ihnen werfen die USA in ihrem am Montag vorgelegten Jahresbericht zu Menschenhandel und moderner Sklaverei ungenügenden Einsatz im Kampf gegen diese Verbrechen vor.

„Menschenhandel ist eine Beleidigung der menschlichen Würde und ein Angriff auf die Freiheit“, schreibt US-Außenminister John Kerry im Vorwort des Berichts, der weltweit von 20 Millionen Opfern von Menschenhandel ausgeht.

Auffällig ist jedoch, dass sich vor allem zwei Länder in der US-Auflistung verbessern konnten: Kuba und Malaysia stehen nun auf der „Beobachtungsstufe” der Kategorie zwei. Zwar seien die Zustände dort nicht gut, heißt es im Bericht, doch würden beide Staaten verstärkt gegen die angeprangerten Verbrechen vorgehen. Havanna habe mit „anhaltenden Polizeiaktionen“ die Verschleppung von Frauen zur sexuellen Ausbeutung verringern können.

Das verbesserte Urteil ist kein Zufall: Nach über 50 Jahren haben die USA und Kuba kürzlich wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen.

Dass auch Malaysia einen besseren Status genießt, kommt auch nicht von ungefähr: Washington will die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen Trans-Pazifische-Partnerschaft (TPP) abschließen, zu dessen Unterzeichnern auch Malaysia gehören soll. Das Land hatten die USA 2014 noch auf die schwarze Liste gesetzt. Doch ist es US-Firmen untersagt, Geschäfte mit Partnerländern der Kategorie drei zu machen.

„Die Entscheidung ist hauptsächlich politisch und reflektiert in keinster Weise die Lage des Menschenhandels im Land“, kritisierte die in Bangkok ansässige Organisation „Fortify Rights”.

Das gelte auch für Birma (Myanmar), das auf der „Beobachtungsstufe” der Kategorie zwei verblieben ist. Zwar sei es kein TPP-Partnerland, werde aber von der Obama-Regierung trotz der sich verschlechternden Menschenrechtslage als „Erfolgsgeschichte der US-Außenpolitik” betrachtet.

Flüchtlingskrise und Massengräber

In Thailand, das ebenfalls kein TPP-Partnerland ist und nach der US-Abstufung 2014 in der untersten Kategorie drei verbleibt, reagierte man verschnupft. Der Bericht sei unfair, weil er nicht die Bemühungen berücksichtige, die man im Kampf gegen den Menschenhandel unternommen habe, erklärte das Außenministerium. Zumal die Generalstaatsanwaltschaft kurz zuvor 72 Personen angeklagt hat, denen sie Verstrickungen in Menschenhandel vorwirft. Darunter sind Lokalpolitiker, Polizisten sowie ein hochrangiger Armeeoffizier.

Im jährlichen US-Bericht zum Menschenhandel werden jedoch nur Maßnahmen berücksichtigt, die bis Ende März getroffen wurden. Menschenrechtler hingegen begrüßten die US-Einstufung: Thailands Aktionen seien vor allem „kosmetischer” Art.

Die Abgründe des Menschenhandels in Südostasien waren angesichts der Flüchtlingskrise im Mai in die Öffentlichkeit gelangt, nachdem Thailands Behörden Gräber mit Dutzenden Leichen entdeckt hatten. Dabei handelte es sich vermutlich um Angehörige der in Birma verfolgten muslimischen Rohingya-Volksgruppe sowie um Flüchtlinge aus Bangladesch.

Die Gräber befanden sich in einem verlassenen Lager von Menschenschmugglern an der Grenze zu Malaysia, wo kurz darauf auch entsprechende Massengräber entdeckt wurden.

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