AfD in Hamburg: Jörn Kruse schmeißt hin

Nach AfD-Gründer Lucke hat auch Hamburgs Chef Kruse genug und tritt zurück. Die Bürgerschaft ändert wegen der AfD die Grundlage für die Härtefallkommission.

Jörn Kruse sitzt in der Hamburger Bürgschaft

Chef mag er nicht mehr sein, Fraktionsvorsitzender schon: Jörn Kruse Foto: dpa

HAMBURG dpa | Hamburgs AfD-Chef Prof. Jörn Kruse tritt wegen des Rechtsrucks in der Partei und der Abwahl des Parteigründers Bernd Lucke zurück. „Ich bin entschlossen zurückzutreten“, sagte Kruse am Donnerstag dem NDR-“Hamburg Journal“. Es sei nur eine Frage der Zeit. „Normalerweise wäre ich am Sonntagabend zurückgetreten“, sagte er. Doch nun gehe er davon aus, dass die Entscheidung in der Partei noch am Abend fallen sollte.

Kruse hatte schon am Mittwoch nach Luckes Austrittsankündigung durchblicken lassen, dass er sein Parteiamt zur Verfügung stellen könnte. Am Herzen liege ihm nur die Fraktion, deren Vorsitzender er bleibe, sagte er. Nur ihretwegen behalte er anders als Lucke vorerst auch sein Parteibuch: “Wenn es hilfreich ist für die Fraktion (...), dass ich in der Partei bleibe, dann bleibe ich in der Partei.“

Die AfD hatte bei der Bürgerschaftswahl im Februar unter Kruses Führung erstmals den Sprung in ein westdeutsches Landesparlament geschafft und in Hamburg acht Mandate geholt. Die AfD Hamburg gilt abgesehen von einigen Mitgliedern wie Fraktions- und Parteivize Dirk Nockemann eigentlich als Lucke-treu. Lucke lehrte über Jahre Volkswirtschaft an der Universität Hamburg und lebt unweit der Hansestadt in Winsen (Luhe).

Zuvor hatte Kruse bereits die Wahl der neuen AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry am vergangenen Wochenende kritisiert, die den nationalkonservativen Flügel der Partei verkörpert. Die Ergebnisse des AfD-Bundesparteitags in Essen seien eine Katastrophe, „weil sie deutlich machen, dass wir inzwischen zu einer rechten Partei geworden sind und vermutlich auch immer mehr werden“.

Gleichzeitig kritisierte er seinen Stellvertreter Nockemann, mit dem er seit Wochen im Clinch liegt. Er bezeichnete das frühere Schill-Mitglied als „irrelevant“. Außerdem leugne der frühere Kurzzeit-Innensenator wider besseres Wissen, dass die AfD nach rechts rücke. „Die Partei hat ihren Charakter komplett verändert. Herr Nockemann weiß natürlich genau, das die Partei nach rechts rückt – und zwar sehr stark.“

Zwei Drittel reichen für Beschlussfähigkeit

Nach dem mehrmaligen Scheitern der Wahl eines Mitglieds der rechtskonservativen AfD in die Härtefallkommission hat die Hamburgische Bürgerschaft kurzerhand die Rechtsgrundlage geändert. Mit den Stimmen von SPD, CDU, Grünen, FDP und Linken beschloss das Parlament am Donnerstag, dass die Kommission künftig arbeits- und beschlussfähig ist, wenn mindestens zwei Drittel der Mitglieder gewählt worden sind. Bislang mussten alle ordentlichen Mitglieder gewählt sein, ehe das Gremium tagen konnte. Die Kommission gilt für von Abschiebung bedrohte Menschen oft als letzte Hoffnung, weil sie unter anderem eine Ausreiseverfügung aufheben lassen kann.

Hintergrund der Gesetzesänderung ist das bislang sechsmalige Scheitern der Wahl eines AfD-Mitglieds. Die AfD nannte das Vorgehen der Parlamentsmehrheit rechts- und verfassungswidrig. Die AfD hatte zunächst versucht, Fraktionsvize Dirk Nockemann zum Kommissionsmitglied zu machen, scheiterte damit jedoch in den vergangenen Monaten viermal in Folge. Den fünften Wahlversuch brach die Bürgerschaft ab, weil Reservekandidat Alexander Wolf erst wenige Stunden vor der Wahl von der AfD nominiert worden war. Bei der vorerst letzten Wahl am Mittwoch fiel Wolf dann durch.

Nockemann war vor seinem Wechsel zur AfD in der Schill-Partei, für diese von August 2003 bis März 2004 Innensenator und ist deshalb für die anderen Fraktionen nicht tragbar. Wolf ist ebenfalls umstritten. Er trat 1989 der Münchner Burschenschaft Danubia bei, die seit 2001 vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In ihr gebe es Personen, die Kontakte zur rechtsextremen Szene haben oder hatten.

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