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Giftiges Himalaja-Gebirge

Umwelt Seit Jahren lagert zweifelhafter Bauschutt auf dem Tierpark-Gelände. Ein Gericht entschied jetzt: Das Zeug muss weg

Foto: ap

VON Claudius Prößer

Dem neuen Zoochef Andreas Knieriem dürfte ein Stein vom Herzen gefallen sein, wenn nicht sogar ein ganzer Haufen davon: Im Rechtsstreit um die Ablagerung von belastetem Bodenaushub auf dem Gelände des Tierparks Friedrichsfelde ist weitgehend im Sinne der Klägerin, also der Tierpark Berlin GmbH, entschieden worden. Am Donnerstag veröffentlichte das Berliner Landgericht ein Urteil, das die verantwortliche Baufirma dazu verpflichtet, große Teile des Materials korrekt zu entsorgen. Zudem muss die Firma dem Tierpark Schadenersatz und Gutachterkosten von insgesamt rund 40.000 Euro zahlen.

Das kontaminierte „Haufwerk” – fast 55.000 Kubikmeter Sand und Schutt – ist ein Erbe von Bernhard Blaszkiewitz, Knieriems Vorgänger als Direktor von Zoo und Tierpark. Blaszkiewitz hatte sich auf einen Deal mit der Suvaja Baumanagement GmbH eingelassen: Die wollte Aushub loswerden, der unter anderem beim Weiterbau der U5 angefallen war und zwischenzeitlich illegal an der Heidestraße in Mitte lagerte. Der Tierpark bekam den riesigen Haufen geschenkt, Blaszkiewitz wollte damit Gehege wiederauffüllen, die im laufenden Betrieb kontinuierlich an Bodensubstanz verlieren.

Es waren Anfragen aus der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, dank deren die eigentliche Problematik publik wurde: Zumindest in Teilen ist der Haufen mit Metallen und Schwermetallen belastet. Als „giftig” gilt das Material deshalb nicht, unbedenklich verbaut werden darf es aber auch nicht.

Auch die derzeitige Lagerung könnte sich negativ auf das Grundwasser auswirken. Eine entsprechende Untersuchung hat das Be­zirks­amt Lichtenberg ausgeschrieben. Nach mehrmaliger Verzögerung soll nun Ende August ein Bericht vorliegen. Ob das Grundwasser unter dem betroffenen Gelände aktuell kontrolliert wird, ist unklar: Zuletzt teilte die Senatsumweltverwaltung mit, die Lichtenberger Behörden hätten keine Messstellen auf dem Tierparkgelände eingerichtet – das geht aus einem Schriftwechsel zwischen Bezirk und Tierpark vom vergangenen Jahr hervor.

Es gibt Hinweise, dass noch viel mehr Schutt unklarer Herkunft auf dem Gelände lagert

Die Zoo AG teilte am Freitag mit, man betrachte das Urteil als „Teilerfolg“, da die Suvaja GmbH zumindest das mit einer höheren Kontaminationsklasse belastete Material entsorgen müsse. Es bleibe abzuwarten, ob die beklagte Firma in Berufung gehe. Auch sei das Gericht dem Antrag auf Erstattung von Rechtsverfolgungs- und Gutachterkosten „nur zum geringen Teil“ gefolgt.

Die Tierschutzbeauftragte der Grünen-Fraktion, Claudia Hämmerling, zweifelt derweil am Erfolg des Richterspruchs: Die Firma werde nichts entsorgen, „da wette ich drauf“, zitierte sie der Tagesspiegel. Sie rechne damit, dass das Unternehmen jetzt Insolvenz anmelde – dieses Geschäftsmodell sei „seit den Neunzigern quasi Standard“.

Unklar ist nun auch, was aus Knieriems „Himalaja“-Plänen wird. Der Zoochef hatte vor wenigen Wochen seine Zukunftspläne für den Tierpark vorgestellt. Ein Bestandteil war, ein künstliches „Gebirge“, aufzuschütten aus dem umstrittenen Bodenaushub. Allerdings sprach er von 100.000 Kubikmetern, einer Größenordnung, von der bisher nie die Rede war. Hämmerling und ihre Fraktionskollegin Silke Gebel haben Hinweise darauf, dass im Tierpark neben den 55.000 Kubikmetern der Firma Suvaja und Trümmern aus den Nachkriegsjahren auch noch mehrere Hunderttausend Kubikmeter Schutt unklarer Herkunft lagern. Damit konfrontiert, beteuern sowohl die Senatsverwaltung als auch die Zoo AG, keine konkreten Kenntnisse zu haben.

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