Lösung Ein Liebling der Geberländer – bisher. Selbst Kampfjets konnte das Land von den Geldern kaufen. Nun soll es ohne gehen: Waffen für Uganda
Aus Kampala Simone Schlindwein
Einige Male schon prangten diese Überschriften in den vergangenen Jahren auf den Titelseiten der ugandischen Tageszeitungen: „Entwicklungshilfe gestrichen“ oder „Hilfsgelder eingefroren“. Meist reagierten die westlichen Geberländer oder internationale Organisationen wie die Weltbank damit auf Korruptionsskandale oder die Verabschiedung des umstrittenen Anti-Homosexuellen-Gesetzes im vergangenen Jahr.
Bei solchen Ankündigungen bricht in den Fluren des Parlaments und der verschiedenen Ministerien dann regelmäßig die Panik aus, denn fast ein Drittel des jährlichen Staatshaushalts wird von Entwicklungsgeldern abgedeckt. Uganda liegt auf der Rangliste der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) auf Platz zehn derjenigen Länder in Afrika, die am meisten Entwicklungshilfe erhalten: Rund 1,7 Milliarden Dollar.
Die größten Geber sind die Weltbank, die USA, die Europäische Union, Großbritannien und Deutschland. Laut dem britischen ODI (Übersee-Entwicklungsinstitut) liegt Uganda sogar auf Platz 20 derjenigen Länder weltweit, die am meisten Hilfsgelder erhalten.
Zuckerbrot
Dies liegt vor allem daran, dass Ugandas Präsident Yoweri Museveni in den 80er Jahren als erster Präsident Afrikas die Gefahren von HIV/AIDS anerkannt und zugesagt hatte, das Virus zu bekämpfen. Damit wurde Uganda rasch zum Liebling der westlichen Geberländer, die seitdem fast vollständig den Gesundheitssektor des Landes unterhalten. Der Löwenanteil der Entwicklungshilfe fließt in die Bereiche Gesundheit und Bildung. Und dennoch ist es nicht genug.
Uganda hat erst vergangene Woche wieder angekündigt, dass in den nächsten fünf Jahren umgerechnet 3,3 Milliarden Euro an Hilfsgeldern fehlen, um das Programm zur Bekämpfung von HIV/AIDS aufrechtzuerhalten. Ein wichtiges Programm für ein Land mit einer der höchsten HIV-Raten, das zu 93 Prozent über Entwicklungsgelder finanziert wird. Hilfsgelder zu streichen oder einzufrieren, macht es den Geberländern somit besonders schwer, weil sie wissen, dass ohne sie relativ schnell viele Menschen sterben können, die täglich AIDS-Medikamente zu sich nehmen müssen. Ein gewaltiges Dilemma für die westlichen Geber.
Dennoch könnte man meinen, dass trotz der enormen Spendensummen ausgerechnet Ugandas Gesundheitssektor nicht vorankommt. Der lebendige Beweis dafür ist das staatliche Krankenhaus Mulago, das in den 70ern und 80ern einmal zu Afrikas besten Gesundheitseinrichtungen zählte. Heute ist es ein Moloch, in welchem regelmäßig Strom und Wasser fehlt, weil die Rechnungen nicht beglichen werden können. Denn gerade weil der Gesundheitssektor von Hilfsgeldern überschwemmt wird, ist in diesem Bereich auch die Korruption am schlimmsten: Regelmäßig wurden von hochrangigen Politikern schon Milliarden veruntreut, die nicht nur zur Aids-, sondern auch zur Malaria-Bekämpfung oder für Impfpro[]gramme für Kinder vorgesehen waren.
Ähnlich verhält es sich mit den Geldern für den Ausbau der Infrastruktur, kurz: den Straßenbau. Nach dem Gesundheits- und Bildungssektor der dritte Bereich, der in Uganda zum Großteil durch Entwicklungsgelder finanziert wird. Vergangene Woche begann ein Untersuchungsausschuss, die Missbrauchsvorwürfe in Ugandas Straßenbaubehörde unter die Lupe zu nehmen. Auch hier wurden mutmaßlich Hilfsgelder veruntreut, die vor allem von der EU bereitgestellt wurden.
Peitsche
Gleichzeitig kann sich Uganda dank der Gelder Kampfflugzeuge zulegen. Müsste die Regierung Gesundheit und Straßenbau aus eigener Tasche zahlen, könnte sie sich diese nicht leisten. Die sechs russischen Jets kosteten im Jahr 2012 rund 740 Millionen Dollar: so viel wie das jährliche Budget für Gesundheit und Infrastruktur zusammen. Die jüngsten Streichungen haben nicht dazu geführt, dass die Korruption nachlässt. Uganda fällt auf dem jährlichen Korruptionsindex stetig nach unten – lag 2014 auf Platz 142 von 175. Es zählt damit zu den korruptesten Ländern weltweit.
Doch anstatt Korruption zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass weniger Hilfsgelder in privaten Taschen verschwinden, setzt Präsident Museveni jetzt alles auf das Öl, um das Land von internationalen Hilfsgeldern unabhängig zu machen und damit den politischen Druck zu reduzieren. In den vergangenen Jahren wurden in Uganda Ölvorkommen entdeckt, die in Zukunft Geld in die Staatskasse bringen sollen, wenn die westlichen Geberländer wieder einmal die Hilfsgelder streichen.
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