: Staatsanwaltschaft gibt Friesenhof-Akten frei
FRIESENHOF Weil Mails gelöscht wurden, leitet Staatsanwaltschaft Kiel Ermittlungsverfahren wegen Urkundenfälschung ein. Parlament erhält jetzt alle verfügbaren Akten. FDP denkt über PUA nach
Der Politikrimi um den Fall Friesenhof hat sich am Freitag etwas entwirrt. Die Staatsanwaltschaft Kiel hat jetzt ein Ermittlungsverfahren wegen Urkundenfälschung und Datenververänderungen eingeleitet. Sozialministerin Kristin Alheit (SPD) hatte tags zuvor Strafanzeige gegen unbekannt gestellt. Die Opposition unterstellte ihr flugs ein Ablenkungsmanöver. Doch zumindest die Staatsanwaltschaft scheint die Sache ernst zu nehmen.
Wie die Lübecker Nachrichten (LN) berichten, sollen von einem Behördenrechner aus Mails zum Vorgang Friesenhof gelöscht worden sein. Dies soll bei der Zusammenstellung der „Aktenvorlage“ zum Mädchenheim Friesenhof an das schleswig-holsteinische Parlament aufgefallen sein. Ein Mitarbeiter habe ältere Mails zu dem Vorgang ausdrucken wollen, die nicht mehr in seinem Postfach waren und offenbar von einem anderen Rechner aus gelöscht wurden. Auch nach taz-Informationen soll es den gezielten Versuch gegeben haben, Informationen zum Kommunikationsvorgang zu löschen.
Genau diesen will die Opposition von FDP, CDU und Piraten mit ihrem Antrag auf Aktenvorlage untersuchen. Es geht um die Frage, wer wann etwas von Vorwürfen gegen das mittlerweile geschlossene Heim wusste und wer was unternahm. Der Sozialausschuss habe noch am Freitag alle verfügbaren Akten erhalten, teilte das Sozialministerium mit. Am Morgen hatten ermittelnde Beamte in den Räumen des Ministeriums die Akten gesichtet. Die Staatsanwaltschaft erhob keine Einwände gegen die Weiterleitung ans Parlament. Dadurch sei die „Aufklärung nicht gefährdet“, teilte Sprecherin Birgit Heß mit.
Die Fraktionsführer von FDP und CDU hatten Alheit tags zuvor mit einem „Parlamentarischen Unterschungsausschuss“ gedroht, sollten die Akten durch die Ermittlungen blockiert sein. „Wir werden die Akten jetzt erst einmal sichten“, sagte FDP-Fraktionspressesprecher Klaus Weber. „Für uns verdichtet sich die Gemütslage, einen PUA zu beantragen.“
Die CDU verlangt jetzt zu wissen, an welchen stellen Manipulationen vermutet werden. „Was stand in den Akten, was keiner wissen soll“, fragt Jugendpolitikerin Katja Rathe-Hoffmann. Das Ministerium müsse in der Lage sein,dank heutiger Back-up-Techniken die Akten vollständig zu rekonstruiren.
Nach Auskunft der Firma Dataport, die in Schleswig-Holstein die Kommunikationstechnik der Verwaltung betreut, ist es grundsätzlich möglich, gelöschte Mails wieder herzustellen. Es werde täglich ein Back-up erstellt, „das kann ein Nutzer nicht löschen“, so ein Sprecher. Kaija Kutter
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