Kommentar: Zypries Pseudo-Streit

Die SPD scheut sich, klar nein zur Online-Durchsuchung zu sagen - darum streitet Zypries so erbittert über Verfahrensfragen.

Die Parteien der großen Koalition schärfen ihr Profil - und werden sich am Ende doch auf die Einführung von Online-Durchsuchungen einigen. Die Reibereien zwischen Innenminister Schäuble (CDU) und Justizministerin Zypries (SPD) betrafen ja zuletzt mehr das Verfahren als die Grundsatzfrage. Schließlich lehnt auch Zypries das heimliche Ausspähen von Computer-Festplatten nicht generell ab, sie will nur die Sache in Ruhe diskutieren. Dagegen verlangt Schäuble von vornherein ein Bekenntnis des Koalitionspartners zu der neuen Ermittlungsmethode.

In der Sache macht es aber keinen großen Unterschied, ob der Entwurf für die Novelle des BKA-Gesetzes gleich von Beginn an die Online-Durchsuchung enthält oder nicht. Es ist gerade das Wesen des parlamentarischen Verfahrens, dass ein Gesetzentwurf vor der Abstimmung unter Abwägung aller Argumente wieder geändert werden kann. Die Online-Durchsuchung dürfte eingefügt werden, wenn sie fehlt, und gestrichen oder verändert werden, wenn sie bereits drinsteht. Das zeigt schon, dass die derzeitige Diskussion um das Verfahren hoch symbolisch ist.

Eigentlich ist sie sogar nur ein Statthalter für eine andere symbolische Diskussion. Nur weil die SPD sich scheut, zur Online-Durchsuchung klar nein zu sagen, werden die Verfahrensfragen so erbittert ausgetragen. Dabei ist schon die Diskussion um das Für und Wider der Online-Durchsuchung ziemlich symbolisch: eine Diskussion, an der plakativ die Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit, zwischen Schutz der Privatsphäre und effektiver Polizeiarbeit durchdekliniert wird.

Aber es ist gut, dass mit der Online-Durchsuchung immerhin eine Ermittlungsmaßnahme zur Debatte steht, die die Diskussion lohnt. Nach den Anschlägen vom 11. 9. 2001 gab es zwar Otto Schilys Sicherheitspakete, aber was damals eigentlich eingeführt wurde, daran erinnert sich heute kaum noch jemand - wohl deshalb, weil es überwiegend um Befugnisse ging, bei denen man sich wunderte, dass es sie nicht längst schon gab, etwa ein Fragerecht des Verfassungsschutzes bei der Post oder die Strafbarkeit einer ausländischen terroristischen Vereinigung wie al-Qaida.

Aber auch wenn die Diskussion um Online-Durchsuchungen wichtig ist, so sollte man sie nicht überdramatisieren. Die Polizei könnte durchaus auch ohne dieses Instrument effektiv arbeiten und der Rechtsstaat wäre auch nach seiner Einführung nicht in Gefahr, schon weil das komplizierte Instrument nur äußerst selten angewandt werden dürfte.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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