Neue Waffe: Stahlteleskop schlägt Gummiknüppel

Hamburg rüstet Polizisten mit dem Teleskop-Einsatzstock aus, der in Bremen bereits im Einsatz ist. Der ausfahrbare Schlagstock aus Stahl, der schwere Verletzungen hervorrufen kann, löst den traditionellen Gummiknüppel ab.

Wirkungsvoll: Der Teleskop-Einsatzstock macht "Angreifer mit einem sachgerechten Schlag auf den Oberarm angriffsunfähig", verspricht der Hersteller. Bild: DPA

Hamburgs Polizei rüstet auf: Alle 8.500 PolizistInnen in der Elbmetropole werden ab dem Sommer schrittweise mit einem Teleskop-Einsatzstock (EKA) ausgestattet. Das kündigten am Mittwoch Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) und Polizeipräsident Werner Jantosch bei einer Präsentation im Polizeipräsidium an. "Damit wird die Lücke zwischen Pfefferspray an einem Ende und dem Schusswaffengebrauch am anderen Ende durch ein effektives Einsatzgerät dazwischen geschlossen," erklärte Jantosch.

Auch Ahlhaus hatte Grund zur Freude: "Hamburg ist stolz, Vorreiter zu sein", freute er sich. Die Hamburger Polizei sei an der Entwicklung des EKA "federführend" beteiligt gewesen und mische nach der Einführung der blauen Uniformen auf der Innovationsskala der Polizeien "ganz vorn mit". Der Schlagstock sei ein Einsatzgerät, das den geänderten Anforderungen des modernen Polizeidienstes genüge, "jedoch auch nicht darunter liegt", betonte Ahlhaus.

Die Lobhudelei des Senators hat allerdings einen kleinen Schönheitsfehler. Im rot-grün regierten Bremen und Rheinland-Pfalz ist die Schutzpolizei bereits mit einem EKA ausgerüstet, ebenso sind Teleskop-Schlagstöcke bei der Bundespolizei im Einsatz. Der EKA aus Stahl löst den traditionellen sperrigen Gummiknüppel - in Fachkreisen auch "Gummischlagstöckl" genannt - ab. "Er hat bei den Kollegen keine Akzeptanz gefunden", erläuterte Jantosch. Das habe dazu geführt, dass er nicht mehr mitgenommen worden sei, da er beim Einsatz oft wirkungslos war, so Jantosch. So beschreibt es auch ein Hersteller von Teleskop-Einsatzstöcken: "Die Wirkungslosigkeit des bisherigen Gummischlagstockes erforderte ein außerordentlich hohes Maß an Schlägen, um einen Angreifer angriffsunfähig zu machen", so der Hersteller. "Der EKA ist bei sachgerechter Anwendung sehr wirkungsvoll, bei einem Schlag auf den Oberarm ist der Angreifer in der Regel angriffsunfähig."

Der EKA ist im defensiven Zustand lediglich 20 Zentimeter lang und kann so bequem in einem Holster in unterschiedlichen Positionen am Gürtel getragen werden. Er stört selbst beim Autofahren und Ein- und Austeigen nicht. Im Einsatzfall schnellt der EKA durch eine Schlagbewegung mit der "stockführenden Hand abschreckend" aus und hat dann eine Länge von 50 Zentimetern. Er ist gerade mal 500 Gramm schwer. "Das hat bereits präventive Wirkung", erläuterte ein Einsatztrainer. "Er ist aber auch hervorragend geeignet, Personen abzudrängen, wegzustoßen oder zu fixieren."

Hamburg wird im ersten Schub den 120 Euro teuren Stock für 3.400 PolizistInnen in Auftrag geben. Im Sommer soll geliefert werden. Dafür stellt die Innenbehörde 400.000 Euro an Haushaltsmitteln zur Verfügung. Insgesamt ist für die EKA-Ausstattung der Hamburger Polizei ein Volumen von über einer Millionen Euro vorgesehen. "Das haben wir bereits vor dem Konjunkturprogramm beschlossen", witzelte Innensenator Ahlhaus.

Auch Bremen hat das Go für den kleinen ausziehbaren Einsatzschlagstock - vulgo: Teleskopschlagstock - gegeben. Dem war eine mehrjährige Debatte vorausgegangen. Wohl auch, um den Koalitionspartner an die Kandare zu nehmen, hat das SPD-geführte Innenressort im Herbst die Zustimmung der Innen-Deputation eingeholt. Während die Grünen als Opposition noch Bedenken gegen die Aufrüstung geäußert hatten, nickte ihr Vertreter sie nun ab. Die einzige Gegenstimme war die des parteilosen Menschenrechtlers Rolf Gössner, den die Linke in das Gremium entsandt hat. BES

In den nächsten Intervallen bis 2013 sollen dann nicht nur alle StreifenpolizistInnen und die Beamten der Wasserschutzpolizei sowie die Polizeiangestellten im Außendienst, die in Hamburg im Verkehrsdienst und Objektschutz tätig sind, mit dem EKA ausgestattet werden, auch KriminalbeamtInnen sollen der Planung nach einen Teleskop-Stock bekommen.

Mehrere geschlossene Einheiten wie das Mobile Einsatzkommando oder die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten der Bereitschaftspolizei verfügen zudem noch über den asiatischen Kampfstock Tonfa - in Fachkreisen "Knochenbrecher" genannt. Im Dezember 2007 wurde bei einer Demonstration einem Mann das halbe Ohr durch einen Tonfa-Schlag abgerissen.

Die Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft kritisiert die EKA-Ausstattung der Polizei durch den schwarz-grünen Senat. "Der neue Teleskopschlagstock aus Stahl ist eine gefährliche Aufrüstung der Hamburger Polizei", empört sich die Innenpolitikerin Christiane Schneider. "Die Linke fordert eine Innenpolitik, die auf Deeskalation setzt und nicht schwerste Verletzungen billigend in Kauf nimmt."

Obwohl Hersteller beteuern, dass der EKA "ohne Vorkenntnisse einsetzbar ist und kein Training erfordert", sollen in der Hansestadt die BeamtInnen vier Stunden lang "intensiv und zielgerichtet" am EKA ausgebildet werden, so die Planung der Polizeiausbilder. Erst wenn der Beamte "tauglich" erscheine, bekomme er den EKA ausgehändigt. Die Entwicklung des Stocks, der jetzt bei der Hamburger Polizei zum Einsatz kommen soll, habe Jahre gedauert und viele Prototypen hervorgebracht, sagte Projektleiter Rolf Ziesemer. "Der Gummiknüppel ist nun ein Relikt der Vergangenheit."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.