Zehn Jahre Kosovokrieg: Völkerrecht gebrochen

Mit ihrem Krieg gegen Jugoslawien ohne UN-Mandat haben die Nato-Staaten das Völkerrecht gebrochen und dabei die Öffentlichkeit manipuliert

Die Nato-Staaten haben nicht nur das Völkerrecht gebrochen, sondern auch Hass gegen die USA und alle am Kampfeinsatz beteiligten Länder geschürt. Bild: dpa

Die "Androhung und Anwendung" zwischenstaatlicher Gewalt ist nach Artikel 2 Absatz 4 der UN-Charta verboten. Die rot-grüne Bundesregierung verstieß mit der Bereitstellung deutscher Truppen für diesen Krieg nicht nur dagegen, sondern ebenso gegen das Grundgesetz sowie gegen den 4+2-Vertrag zur Herbeiführung der deutschen Einheit. Bis heute versuchen die Nato-Staaten, ihren Völkerrechtsbruch mit der Behauptung zu rechtfertigen, der Krieg sei "unvermeidbar" gewesen als "humanitäre Intervention" zur Unterbindung der - ohne Frage schwerwiegenden - serbischen Menschenrechtsverletzungen gegen die Albaner im Kosovo.

"Unvermeidbar", nachdem ein "gemeinsames Vorgehen der UNO" an der Veto-Drohung Russlands im Sicherheitsrat gescheitert sei. Selbst wenn es diese Veto-Drohung tatsächlich gegeben hätte, wäre daraus kein Recht der Nato zur Kriegsführung ohne Mandat des Sicherheitsrates erwachsen. Doch es gab diese Veto-Drohung nicht. Stattdessen wurde Russland von der Nato vor vollendete Tatsachen gestellt.

Am 23. September 1998 verlangte der UN-Sicherheitsrat mit seiner Resolution 1199 einen umgehenden Waffenstillstand im Kosovo, den sofortigen Rückzug von jugoslawischen und serbischen Einheiten, die zur Unterdrückung der Zivilbevölkerung eingesetzt wurden, freien Zugang für humanitäre Organisationen sowie die uneingeschränkte Zusammenarbeit der Regierung Slobodan Milosevic mit dem UN-Jugoslawien-Tribunal in Den Haag. Russland stimmte dieser Resolution zu und war durchaus bereit, im Sicherheitsrat weitere Zwangsmaßnahmen gegen Belgrad zu beschließen, sollte die Regierung Milosevic die Forderungen der Resolution 1199 nicht erfüllen - notfalls bis hin zu militärischen Maßnahmen mit UN-Streitkräften. Allerdings lehnte Russland die Forderung der drei ständigen Westmächte im Sicherheitsrat (USA, Großbritannien und Frankreich) ab, bereits in dieser Resolution eine Klausel aufzunehmen, die ohne eine weitere Beratung und Beschlussfassung des Rates zum militärischen Vorgehen ermächtigt hätte.

Neben dieser automatischen Ermächtigungsklausel wies Russland auch das Ansinnen der drei Westmächte zurück, dass ein etwaiges militärisches Vorgehen gegen Jugoslawien operativ nicht von der UNO, sondern der Nato durchgeführt und kommandiert werden sollte. Fazit: Ein "gemeinsames Vorgehen der UNO" haben die drei ständigen Westmächte im Sicherheitsrat niemals ernsthaft mit Russland erörtert. Stattdessen schufen sie mit ihren Nato-Partnern bereits einen Tag nach Verabschiedung der UNO-Resolution 1199 militärische Drohfakten: am 24. September 1998 erließ die Nato die Aktivierungswarnung für ihre Luftstreitkräfte. Das war die erste Maßnahme zur Einleitung des Luftkriegs, der sechs Monate später mit der Bombardierung Belgrads begann. Damit wurde den Russen signalisiert, dass die Nato auch ohne ihre Zustimmung agieren würde.

Schon die mit der Aktivierungswarnung der Nato verbundene Angriffsdrohung war ein Verstoß gegen die UN-Charta. Um die notwendige innenpolitische Zustimmung in den Nato-Staaten zum geplanten Krieg zu schaffen, bedurfte es in den folgenden sechs Monaten zahlreicher Manipulationen - vor allem gegenüber der aus historischen Gründen besonders kriegsskeptischen Öffentlichkeit in Deutschland. Bundesaußenminister Josef Fischer brachte die serbischen Menschenrechtsverletzungen in einen Zusammenhang mit Auschwitz. Fischers grüner Staatsminister Ludger Vollmer versprach dem Bundestag am 16.Oktober 1998 ausdrücklich, militärische Maßnahmen werde es "nur mit einem Mandat des UN-Sicherheitsrates" geben und eine Beteiligung der Bundeswehr nur nach erneuter Debatte und Zustimmung des Parlaments. Beide Versprechen wurden von der Regierung gebrochen.

Gerechtfertigt wurde der Luftkrieg von der Nato schließlich damit, dass Jugoslawien bei Verhandlungen mit den Kosovo-Albanern im französischen Rambouillet einen von den USA als Ultimatum präsentierten "Friedensplan" ablehnte. Wie die taz damals aufdeckte, enthielt dieser Plan einen geheimen Zusatz, der die Stationierung von Nato-Streitkräften in ganz Serbien vorsah.

Der Kosovokrieg sei " kein Präzedenzfall" für künftige Kriege ohne UN-Mandat, beteuerte die damalige Bundesregierung. Das stimmt nur insofern, als die seitdem ohne UN-Mandat geführten völkerrechtswidrigen Kriege (Irak, Afghanistan) nicht als "humanitäre Intervention", sondern mit anderen Begründungen gerechtfertigt wurden. Was den Rückgriff auf die Begründung "humanitäre Intervention" für künftige Kriege keineswegs ausschließt.

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