Nato-Offensive in Afghanistan: Wieder Zivilisten getötet

Die militärische Großoffensive der von den USA geführten Nato-Truppen fordert erste zivile Opfer. Eine Rakete traf ein Haus - mindestens zwölf Menschen starben.

Bei der größten Offensive seit Beginn des Afghanistan-Kriegs Ende 2001 starben auch Zivilisten. Bild: reuters

US-geführte Truppen sind am Sonntag tiefer in die Hochburg der Militanten in der Provinz Helmand im Süden Afghanistans vorgerückt. Seit Samstag kämpfen 15.000 britische, amerikanische, afghanische, kanadische und estnische Soldaten gegen die Taliban im Bezirk Nad Ali um die Stadt Mardscha, die als Kernland der Aufständischen angesehen wird.

Die ausländischen Einheiten stießen dabei nur auf vereinzelten Widerstand. Bereits am Samstag waren Nato-Soldaten in Mardscha eingedrungen. Dort sollen sich in einzelnen Stadtteilen rund tausend Militante verschanzt haben und Gefechte mit den vorrückenden Truppen liefern. Beobachter berichten, alle zehn Minuten seien in der Region Explosionen von Minen und Sprengsätzen zu hören, die von Bombenräumeinheiten kontrolliert gesprengt würden.

Dawoud Ahmadi, ein Sprecher der Provinzregierung, sagte, 27 Taliban-Kämpfer seien bislang getötet und 2.500 Kilo Sprengstoff gefunden worden. Nur zwei ausländische Soldaten sollen ums Leben gekommen sein. Nach Angaben der Regierung in Kabul wurden jedoch auch zehn Zivilisten getötet, als eine Rakete in einem Haus in Mardscha einschlug. Ein Taliban-Sprecher erklärte zu der Zahl der Opfer, dass bislang sechs Militante getötet worden seien, aber 192 afghanische und ausländische Soldaten. US-Offiziere rechnen damit, dass es noch Wochen dauern könnte, bis die Taliban vertrieben sind und die Region gesichert ist. Brigadegeneral Larry Nicholson sagte einer Nachrichtenagentur: "Das bedeutet nicht unbedingt schwere Gefechte, aber es wird vermutlich 30 Tage dauern, bis die Region geklärt ist." Die Militanten hätten eine "gewaltige Menge" an Sprengsätzen in dem Kampfgebiet gelegt.

Es ist die größte Offensive seit Beginn des Afghanistan-Kriegs Ende 2001 und Kern der neuen Afghanistan-Strategie von US-Präsident Barack Obama. Demnach sollen die Taliban mit einer militärischen Eskalaton zu Verhandlungen gezwungen werden.

Lange hatten sich die USA geweigert, mit den Militanten zu verhandeln. Doch in den vergangenen Wochen erklärten mehrere hochrangige US-Vertreter, sie könnten sich Gespräche selbst mit der Taliban-Führung vorstellen. Afghanistans umstrittener Präsident Hamid Karsai fordert bereits seit Jahren solche Verhandlungen. Ein Friedensabkommen und eine anschließende Beteiligung der Taliban an einer Regierung in Kabul wären damit vorstellbar.

Doch die Taliban haben bislang immer erklärt, sie seien erst dann zu Gesprächen bereit, wenn die ausländischen Truppen Afghanistan verlassen hätten. Daher hat die Offensive in Helmand starken Symbolcharakter: Der Süden Afghanistans ist das Kerngebiet des Aufstands gegen die ausländischen Truppen. Mardscha ist die größte Stadt unter der Kontrolle der Taliban. Der Ort gilt als wichtiger Umschlagplatz für den Handel mit Opium, Grundstoff für die Herstellung von Heroin. Die Taliban finanzieren einen großen Teil ihrer Waffen mit Erlösen aus dem Opiumhandel.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.