Sponsoring-Affäre bei NRW-CDU: Rüttgers gibt sich ahnungslos
Briefe an Firmen, in denen die NRW-CDU mit einem Gespräch mit Rüttgers um Sponsoren wirbt, sollen seit 2004 gängige Praxis sein. Die SPD fordert Rüttgers Rücktritt, gerät aber selbst unter Beschuss.
DÜSSELDORF apd/dpa | Die Affäre um umstrittene Sponsorenbriefe der CDU weitet sich aus. Die Landespartei soll nach Informationen von Spiegel Online auch bei ihrem Zukunftskongress am 5. März gegen Bezahlung ein Treffen mit dem Landesvorsitzenden Jürgen Rüttgers angeboten haben. Einem Bericht des WDR zufolge geht die Praxis, in Sponsorenbriefe an Unternehmen mit der Nähe zu Rüttgers zu werben, bis ins Jahr 2004 zurück.
Käuflichkeitsvorwürfe gegen die CDU und den Ministerpräsidenten wies ein Parteisprecher am Dienstag erneut zurück. Es sei weder jetzt noch in der Vergangenheit zu Einzelgesprächen mit Rüttgers auf der Grundlage von Sponsoring gekommen, erklärte er.
Am Wochenende war bekanntgeworden, dass die CDU Briefe verschickt hatte, in denen gegen Geld exklusive Gesprächstermine mit Regierungschef Rüttgers oder den Ministern auf dem Landesparteitag im März angeboten worden waren. Generalsekretär und Wahlkampfmanager Hendrik Wüst hatte dafür die Verantwortung übernommen, sich bei Rüttgers entschuldigt und am Montag seinen Rücktritt erklärt.
Rüttgers selbst wies schon am Montagabend Vorwürfe zurück, er habe persönlich Kenntnis von den umstrittenen Sponsoring-Praktiken in seiner Partei gehabt. "Das sind absurde Vorwürfe, die mich persönlich enttäuschen", sagte er auf einem Leserforum der Aachener Zeitung und der Aachener Nachrichten. "Der Kernvorwurf bezieht sich auf einen Brief, den ich nicht kannte. Als ich von dem Vorgang erfahren habe, habe ich umgehend Konsequenzen gezogen."
Laut Spiegel Online stellte die CDU auch in der Präsentation des Zukunftskongresses in Neuss interessierten Unternehmen drei Partnerpakete zur Auswahl zusammen. Je nach Betrag sind in diesen Paketen nicht nur Ausstellungsflächen, sondern auch der Besuch des Ministerpräsidenten am Stand oder ein VIP-Tisch enthalten.
Der neue NRW-Landtag wird am 9. Mai gewählt. Der Sponsoren-Skandal belastet die NRW-CDU vehement. Laut Umfragen hat die Koalition aus CDU und FDP an Rhein und Ruhr derzeit keine Mehrheit. SPD-Landesparteichefin Hannelore Kraft legte Rüttgers den Rückzug als Ministerpräsident nahe. Wenn weitere Enthüllungen belegten, dass Rüttgers die Bürger belogen habe, könne er nicht mehr Ministerpräsident sein.
Der Bundestag müsse nun prüfen, ob es sich bei der "Meet-Rüttgers-Affäre" um verstecke Parteienfinanzierung handele, forderte Kraft. Ein Sprecher des Bundestages sagte am Montagabend, es gebe noch keinen Prüfvorgang, lediglich eine Vorklärung. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) übte in der Saarbrücker Zeitung harsche Kritik an der NRW-CDU, seinem eigenen Landesverband: "Das Schreiben (zum Sponsoring) ist politisch selten dämlich." Mit Blick auf mögliche Konsequenzen sagte er: "Ob es rechtlich zu beanstanden ist, wird wie in allen vergleichbaren Fällen von der Bundestagsverwaltung geprüft."
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte der Rheinischen Post: "CDU und FDP machen Deutschland zur Bananenrepublik. Erst die Mövenpick-Connection von (FDP-Chef Guido) Westerwelle, und nun kann man sich gleich eine ganze Landesregierung mieten." Auch er fordere Rüttgers zum Rücktritt auf.
Die SPD wies unterdessen einen Bericht der Bild-Zeitung zurück, wonach auch die Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen versucht haben, Unternehmen mit dem Besuch von prominenten Partei-Mitgliedern zum Buchen von Parteitags-Ständen zu gewinnen. "Anders als bei der CDU kann man bei uns keine Gespräche kaufen," sagte ein Parteisprecher. Für einen Stand zu bezahlen, sei gängige Praxis.
Der Bild-Zeitung zufolge betrug die Standmiete beim Landesparteitag im April vergangenen Jahres in Halle/Westfalen 200 Euro pro Quadratmeter. Die Unternehmen konnten laut Bericht unter "besondere Wünsche" angeben, welche SPD-Gesprächspartner "aus besonderen Fachbereichen" sie sich wünschten und welche Foto-Termine mit SPD-Promis sie sich vorstellen konnten.
Leser*innenkommentare
das Selbst
Gast
Und was wird passieren? Nichts, also sparen können wir uns diees Theater gleich sparen. Die cdu wird deshalb keine Stimmen verlieren.
maria daubenbuechel
Gast
wenn der nichts gewußt hat,dann fress ich meinen besen.
ein miserabler hausherr,der nicht weiß welche gepfogenheiten in seinem haus
üblich sind,nein,das klingt sehr unwarscheinlich
hermenaut
Gast
Manchmal muss es eben ohne Mumm sein.
Willkommen in »Rüttgers Club«
Warum hast du denn so wenig Ethik?
Damit ich länger regieren kann.
q.e.d.
joHnny
Gast
Christlich, wer's glaubt!
DenkSchlächter
Gast
… gibt sich ahnungslos? Nein, ich bin sicher, der ehemalige Zukunftsminister ist es. Ansonsten entspricht er dem heutigen Anforderungsprofil für Frühstücksdirektoren und Möchtegern – Manager.
Es ist schon toll, er stellt einen Wüstling ein, nachdem er „gewissenhaft“ die Fähigkeiten des Kandidaten geprüft hat und greift damit – na, wohin schon, bei dem Rohling* ( *in der Schmiede ist ein „Rohling“ ein vorgeformtes Werkstück, daß seine endgültige Form noch erhalten soll ).
Was jener dann in des Herrn Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten guter Stube anstellt, davon weis der gute Herr Rüttgers nichts. Man weis also nichts, daher kann man auch nichts.
Bitteschön: wofür werden diese Leute bezahlt, wofür brauchen wir sie?
end.the.occupation
Gast
>> "Der Kernvorwurf bezieht sich auf einen Brief, den ich nicht kannte. Als ich von dem Vorgang erfahren habe, habe ich umgehend Konsequenzen gezogen."
Ob sich der 'Arbeiterführer' auch dann an nichts erinnert kann, wenn die Freier - die für den Quicky mit dem Arbeiterführer ja vier- bis fünfstellige Summen abgedrückt haben - auf den jeweiligen Veranstaltungen auf ihn zukommen?
Wird er ihnen dann sagen - oder gesagt haben : 'Mein Herr, ihr Wunsch bezieht sich auf einen Brief, den ich nicht kannte. Ich werde hier jetzt gleich umgehend die Konsequenzen ziehen und meinen Zuhälter auffordern ihnen das Geld zurück zu geben!'?
Interessant auch der zu erwartende Versuch, andere mit in die Sache herein zu ziehen.
Dabei ist es so einfach: Wenn auch andere Parteien Geld damit machen, dass sie Bittstellern gegen Entgelt Zugang zu Amtsträgern verschaffen, dann ist deren Entfernung aus hyghienischen Gründen ganz genauso angezeigt, wie im Fall Rüttger.
Und - sicher wird die taz da gnadenlos nachsetzen. Insbesondere wo doch Rüttgers als der kommende Schwarz-Grüne Ministerpräsident gilt - und man die GRÜNEN so noch ein wenig weiter - so denn möglich - nach rechts schieben kann.
Willkommen in Rüttgers Club.
Jürgen R.
Gast
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AS Reyntjes
Gast
Von und zu jedem Zukunfts-Kongress und/oder Kirchentag - ich biete:
Fahrt im Phaeton - für 1 m², auf dem Beifahrersitz. Überlasse nach Alkoholgenuss einer attraktiven Person auch gerne das Steuer.
Wer bezahlt mir das?
Helios' Tochter!
Martin
Gast
ahnungslos? das ist offenbar gelogen. denn was passiert denn am parteitag, auch in der vergangenheit? spätestens dann müßte man ihm sagen: hier an dem stand mußt du mit demjenigen unter vier augen sprechen, er hat dafür bezahlt. mit dem darfst du aber nicht sprechen, er hat nicht bezahlt, sonst sind die anderen sauer, die bezahlt haben.
rheinelbe
Gast
ARBEITSLOSENGRUPPEN
können zusammenlegen und
Westerwelle mieten.
Der steckt dann sein Köpfchen durch ein Löchschen
und wird mit
Torte und Wackelpudding
beschmissen.
So marktradikal …
So ganz und gar
neoliberal.
Wolfgang
Gast
Was das "Kreuz" als Symbol der kirchlichen (Würden) Träger gilt, prägt "Ahnungslosigkeit" unsere Politiker.
Amos
Gast
Jemand der seine Meinung nur zu seinem eigenen Vorteil
ändert, und das alle paar Wochen. Wenn er merkt:sage ich jetzt was anderes, kann ich wieder punkten. Dem ist wohl auf der ganzen Linie nicht zu trauen. Man nenne mir doch einen Politiker, der nicht käuflich ist? Adenauer ahnte schon, was aus einem Politiker wird, der nicht mehr dem
Volk, sondern in erster Linie sich selbst dient. Die Diäten wurden bei Adenauer so kalkuliert, dass Politiker nicht nötig haben, sich bestechen zu lassen.
Damals hatten Politiker noch so was wie Ehre.