Stuttgart 21: Jetzt geht's um die Gleise

Das neunte und zehnte Gleis für den neuen Stuttgarter Bahnhof könnte eine "wesentliche Änderung" des Bauvorhabens sein. Ein neuer Plan könnte nötig werden.

Gleise im geplanten neuen Stuttgarter Bahnhof. Bild: ap

STUTTGART taz | Der CDU-Politiker Heiner Geißler will über die Transparenz beim Bahnprojekt Stuttgart 21 und die Einhaltung der Verbesserungsmaßnahmen wachen. Eine entsprechende Anfrage des Stuttgarter Stadtrats Werner Wölfle (Grüne) habe Geißler "eindeutig bejaht", sagte Wölfle am Donnerstag. Wöflle habe die Sorge gehabt, dass der Druck auf die Projektträger nach der Schlichtung wieder nachlässt. Damit das nicht passiert, will das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 am Samstag mit einer Großdemonstration Druck auf der Straße machen. Zudem kündigte es an, im neuen Jahr mit den in der Schlichtung gewonnenen Fakten in verschiedenen Regionen Baden-Württembergs Aufklärungsarbeit vor Ort leisten zu wollen.

Weshalb die Projektgegner weiter auf Transparenz pochen, zeigt eine Auseinandersetzung um eine mögliche Verbesserungsmaßnahme. Sollte der Stresstest negativ ausfallen, könnte der Bahnhof um ein neuntes und zehntes Gleis erweitert werden müssen. Doch so leicht wäre das gar nicht umzusetzen.

Im Planfeststellungsbeschluss stehen das neunte und zehnte Gleis als "grundsätzliche Möglichkeit". Dies reiche aus und "wurde im Übrigen von der Vorhabenträgerin im Erörterungstermin anhand von Planskizzen konkret vorgestellt", heißt es in dem Beschluss. Nach Ansicht des auf Planungsrecht spezialisierten Berliner Rechtsanwalts Remo Klinger würde es sich dennoch um eine "wesentliche Änderung" des Bauvorhabens und damit der Genehmigungsgrundlage handeln. Die zusätzlichen Gleise werden in dem Planfeststellungsbeschluss nur als eine Option genannt. "Das ist aber nicht das konkret genehmigte Vorhaben", erklärte Klinger der taz. Es wäre daher ein Planänderungsverfahren notwendig, wenn man diese Option jetzt verwirklichen möchte. Dieses könnte mehrere Monate dauern, wenn nicht gar Jahre. Da der alte Plan nicht aufgehoben würde, dürfte die Bahn aber trotzdem weiterbauen.

Eine weitere Frage wäre: Wohin mit den Gleisen? Theoretisch wäre es möglich, eines südlich und eines nördlich des Baufelds zu platzieren. Oder aber beide Gleise im Norden zu bauen, wie es Stuttgart-21-Architekt Christoph Ingenhoven machen würde. Die Projektgegner halten jedoch beide Möglichkeiten nicht für machbar. Im Norden stünde das Gebäude der Landesbank im Weg, im Süden das unterirdische Technikgebäude. Auch Volker Kefer, der Technikvorstand der Deutschen Bahn, hatte nach der Schlichtung eingeräumt, dass das Technikgebäude verlegt werden müsste.

Der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Winfried Kretschmann, forderte deshalb, dass der Baubeginn des Gebäudes verschoben wird. "Insbesondere das Technikgebäude in seiner derzeitigen Planung würde der Erweiterung im Wege stehen. Die fehlenden Gleise sind aber ein zentraler Grund für die Unfähigkeit der Bahn, ein funktionierendes Betriebskonzept vorlegen zu können", sagte Kretschmann.

Dem widersprechen Landesregierung und Bahn. Wenn überhaupt, müsste nach Ansicht von Kefer vor allem bei den Zulaufstrecken nachgebessert werden. Und auch Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) wollte das Ergebnis des Stresstests am liebsten gleich vorwegnehmen. Die mit der Simulation beauftragte Schweizer Firma SMA "hat bereits gesagt, sie sehen nicht das neunte und zehnte Gleis als notwendig an", so Gönner in einem Radiointerview. Das Ergebnis des Stresstests wird nicht vor Mitte 2011 erwartet. NADINE MICHEL

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