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Polizeieinsatz gegen Stuttgart 21-GegnerMappus streitet Einflussnahme ab

Es gab keine Anweisungen an die Polizei, so CDU-Ministerpräsident Mappus vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag. Den Grünen wirft er vor, den Konflikt stark emotionalisiert zu haben.

Mappus bleibt dabei: er habe keine "Erwartungshaltung bei der Polizei" geschürt. Bild: dpa

STUTTGART dapd/dpa | Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat jede politische Einflussnahme auf den umstrittenen Polizeieinsatz gegen die Gegner des Projekts "Stuttgart 21" bestritten. "Ich habe zu keinem Zeitpunkt Anweisungen an die Polizei oder andere Stellen gegeben, den Einsatz so und nicht anders und an diesem oder anderen Tag zu machen", sagte Mappus am Mittwoch bei seiner Zeugenaussage vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Stuttgart.

"Die Polizei wusste, dass wir hinter ihr stehen", betonte der Regierungschef. Sie habe auch gewusst, dass das letzte Informationsgespräch am 29. September im Staatsministerium nicht zur Einflussnahme durch die Politik gedacht gewesen sei. Er habe eigens zu Beginn des Gesprächs betont, er wolle informiert werden, aber keinen Einfluss nehmen. "Ich schließe völlig aus, dass da ein falscher Eindruck entstehen konnte", betonte Mappus.

Mappus warf zudem den Oppositionsmitgliedern im Ausschuss eine widersprüchliche Argumentation vor. So sei ihm vorgeworfen worden, er hätte eingreifen müssen, als klar geworden sei, dass der Einsatz nur unter schwierigen Bedingungen durchgeführt werden könne. "Ich hätte in beide Richtungen nicht eingreifen dürfen", sagte er.

Den Vorwurf, er habe die Situation verbal unnötig angeheizt und bei der Polizei eine Erwartungshaltung hinterlassen, wies Mappus scharf zurück. Seine Äußerungen, er nehme den Fehdehandschuh auf, und Teile der Demonstranten seien "Berufsdemonstranten", bezögen sich nicht auf den Großteil der Protestteilnehmer. Er habe immer gesagt, dass die große Mehrheit, "friedlich und in guter Absicht" demonstriere. "Ich kann nicht erkennen, dass das martialisch ist oder eine Aufforderung zum härteren Durchgreifen", sagte er.

Umgekehrt kritisierte er die Mitglieder der Grünen dafür, dass sie an der starken Emotionalisierung des Streits um Stuttgart 21 im August und September mitgewirkt hätten. So hätten Gegner des Milliarden-Vorhabens zunächst mehrfach verhindert, dass es zu einer Schlichtung kommt. Dass er von einem "Fehdehandschuh" gesprochen habe, sei nur die Reaktion auf massive verbale Attacken gegen die Befürworter von Stuttgart 21 gewesen, sagte Mappus.

Bei dem Polizeieinsatz im Schlossgarten am 30. September zur Einrichtung einer Baustelle für den Neubau des Bahnhofs war es zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten gekommen. Dabei wurden über 100 Menschen verletzt. Der Untersuchungsausschuss soll klären, ob und inwiefern die Landesregierung Einfluss auf die Einsatztaktik der Polizei nahm und möglicherweise ein hartes Durchgreifen anordnete.

Bislang haben die Zeugenvernehmungen keinen Hinweis darauf geliefert. Im Januar will das Gremium in einem Bericht seine abschließende Bewertung abgeben. Am Mittwoch sollte die Beweisaufnahme mit den Aussagen des Ministerpräsidenten, von vier Ministern und mit der erneuten Vernehmung des Stuttgarter Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf abgeschlossen werden.

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6 Kommentare

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  • C
    Celsus

    Es gab keine Anweisugnen an die Polizei???

     

    Hat die Führung der Polizei bis hin zum Innenminister derart versagt, dass da nicht die erforderlichen dienstlichen Anweisungen auf ein richtiges Verhalten und die Planung des Einsatzes der Polizei bei der Demonstration erfolgten? Ich glaube es kaum. Schon so mancher CDU-Politiker stellte sich als scheinheilig heraus.

     

    Aber wenn es wirklich keinerlei Anweisungen gegeben hätte, wäre das schon eine unglaubliche Stümperei.

  • E
    exgutmensch

    Gerade sind die Mörder ("Bereicherer") des behinderten Obdachlosen aus Kamp-Lindfort freigesprochen worden (=ein Jahr auf Bewährung). Ich würde gerne gegen ein solches Urteil protestieren gehen. Na? Kommt jemand mit von euch "Bahnhofsprotestanten"?

    In Deutschland dürfen Obdachlose straflos "kultursensibel" ermordet werden, aber das gut organisierte deutsche Gutmenschenland regt sich über einen verdammten Bahnhof auf.

  • E
    EU-Gegner

    Einfluss auf Polizei? Nein natürlich nicht.

    Genauso wenig wie die Araber in Abu-Dhabi Einfluß auf Mappus haben!

    Wieso ist der Ministerpräsident eigentlich, als es am BH losging, sofort nach Abu-Dhabi bestellt worden?

    Wem gehört eigentlich ein Großteil der Aktien des größten Arbeitgebers Mercedes, dessen Stern groß über dem Bahnhofsgebäude prangert. Warum soll eigentlich wirklich dieser Umbau passieren. Mal nachgedacht und ein paar andere Quellen versucht zu lesen.

    Leute hier geht es um Milliarden der Scheichs und da interressieren ein paar "Spinner" in Stuttgardt überhaupt nicht. "Die müssen weg"

  • B
    Boris

    Er hat auch keine Anweisungen gegeben, leider. So lasch wie die Polizei gegen die Kriminellen vorgegangen ist bestimmt nicht im Sinne des Bürgers!

  • RH
    Rainer Hohn

    Sehr geehrte Damen und Herren TAZ-Redakteure,

     

    bei der besagten Demonstration gegen Stuttgart 21 kam es nicht zu "schweren Zusammenstößen zwischen Polizei und Deomonstranten", wie sie schreiben, sondern zu einem einseitigen, völlig überzogenen und ungerechfertigten Angriff der Polizeikräfte auf friedliche Demonstranten. Jede andere Formulierung impliziert, dass die Demonstranten eine (Mit)schuld an den Geschehnissen getragen hätten, was, abgesehen von der Tatsache, dass sie an diesem Tag ihr grundgesetzlich garantierstes Recht auf Versammlungsfreiheit in Anspriuch nahmen, nachweislich nicht der Fall war.

     

    Danke

  • M
    Mike

    Ein kleiner Lukaschenko.