Linksextremismus-Tour der Jungen Union: Kaffeefahrt gegen Links abgesagt

Auf Kosten des Familienministeriums wollte die Junge Union in die „Hauptstadt der angezündeten Autos“ fahren. Jetzt ist der Berlintrip abgesagt. Doch andere wollen trotzdem fahren.

Steht unter Verdacht der Klientel-Politik: Familienministerin Kristina Schröder. Bild: dapd

BERLIN taz | Es sollte ein schöner Ausflug werden - finanziert vom Steuerzahler. Als eine der ersten Maßnahmen aus dem vom Familienministerium neu aufgelegten Programm gegen Linksextremismus wollte die Jungen Union (JU) Köln von diesem Donnerstagabend an die Hauptstadt besuchen.

Die Nachwuchskonservativen wollten Sehenswürdigkeiten wie den Checkpoint Charlie besuchen, die Gedenkstätte Berliner Mauer, mit einem CDU-Bundestagsabgeordneten sprechen – und am Abend einen „gemeinsamen Ausflug in das Berliner Nachtleben“ unternehmen. Motto der Reise: „Wir fahren nach Berlin – gegen Linksextremismus“. Dazu sollte wohl auch der geplante Abstecher zu einem linken Wohnprojekt passen, das die Junge Union für ein immer noch besetztes Haus hielt. Was der Trip nach Berlin mit dem Kampf gegen linken Extremismus zu tun haben sollte, erklärte der Kölner JU-Geschäftsführer Patrick Stamm gegenüber einer Zeitung so: Berlin sei eben bekannt als „Hauptstadt der angezündeten Autos“.

Nach heftiger Kritik an der zweifelhaften Kaffeefahrt wurde die Reise nun abgesagt, wie Stamm der taz am Donnerstag sagte. Gründe wollte er keine nennen. Wie aber aus der Bundesgeschäftsstelle der JU zu hören war, passte dem Familienministerium die Reise in der Form nicht. Das Ministerium selbst teilte hingegen auf Nachfrage mit, die Entscheidung zur Absage habe allein bei der Jungen Union gelegen.

Vor der Absage hatte es heftige Kritik der Bundestagsopposition gehagelt. Hier würden auf Staatskosten „Vergnügungsreisen der Jungen Union finanziert“, warf der SPD-Abgeordnete Rolf Schwanitz Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) vor. „Wenn so Ihre Extremismusprävention aussieht, dann sollten sie aufhören.“ Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler sprach von "dreister Klientelpflege" - Familienministerin Schröder ist selbst Mitglied der Jungen Union.

Doch auch nach der Absage der Jungen Union Köln ist das Thema nicht erledigt. Weiter stattfinden sollen laut Bundesgeschäftsstelle zwei Berlin-Reisen der JU Hessen und der JU Bayern – und zwar noch in diesem Jahr. Insgesamt wurden der Jungen Union vom Familienministerium für die Anti-Linksextremismus-Fahrten 29.000 Euro bewilligt.

Dem Ministerium scheint die Angelegenheit inzwischen selbst etwas peinlich zu sein. In einer Antwort auf eine SPD-Anfrage heißt es, man prüfe derzeit, ob die konkrete Durchführung des Projekts den „der Förderentscheidung zugrunde liegenden Antragsunterlagen entspricht“.

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