Arsenal London hat neuen Besitzer: Ami befehligt britische Kanoniere
In der Übernahmeschlacht um Arsenal London setzt sich Stan Kroenke gegen einen übel beleumundeten Russen durch. Er sei keine Heuschrecke, sagt der US-Investor.
"Arsenals neue Ära", wie Geschäftsführer Ivan Gazidi prophezeite, begann mit schlechten Nachrichten vom Genfer See: Arsenals Großaktionär Danny Fiszmans Kampf gegen den Krebs mache keine Fortschritte. Der aus Steuergründen in die Schweiz gezogene Diamantenhändler aus London gab deswegen nun seine Zustimmung zu einem Deal, den zu diesem Zeitpunkt niemand erwartet hatte. Danny Fiszman entschloss sich, seinen 16,1-Prozent-Anteil an den Gunners an Stan Kroenke, 63, zu verkaufen.
Der US-Milliardär, bis dahin mit knapp 30 Prozent an dem Premier-League-Klub beteiligt, kam gleichzeitig mit Lady Nina Bracewell-Smith ins Geschäft, einer weiteren Anteilseignerin. Für umgerechnet 130 Millionen Euro soll die Hotelerbin ihre 15,9 Prozent an Kroenke, den Besitzer mehrerer Profimannschaften in NFL, NHL und NBA, abtreten. Die Transaktionen sind noch nicht abgewickelt, aber Kroenke kontrolliert seit dieser Woche faktisch 62 Prozent des Vereins.
Warme Worte von Arsenal-Trainer Arsène Wenger ("Kroenke versteht die Traditionen des Klubs") zeigen, dass es sich in diesem Fall um eine freundliche Übernahme handelt. Als Kroenke sich im April 2007 erstmals zehn Prozent der Arsenal-Aktien einverleibte, hatte der aristokratische Vorstandsvorsitzende Peter Hill-Wood noch äußerst pikiert reagiert. "Wir brauchen sein Geld nicht und wollen keine Leute wie ihn", sagte Hill-Wood.
Mit dem russischen Oligarchen Alischer Usmanow trat wenige Monate später aber ein noch unliebsamerer Investor auf den Plan. Der 57-jährige Milliardär hat sein Geld laut Hill-Wood "mit merkwürdigen Geschäften" in Usbekistan verdient und wurde trotz seiner zuletzt auf 27 Prozent gesteigerten Beteiligung partout nicht in den Vorstand berufen - ganz im Gegensatz zu Kroenke, der hinter den Kulissen zunehmend an Einfluss im Emirates-Stadion gewann.
Seriös und nachhaltig gewirtschaftet
Usmanow wollte am Sonntagabend die Übernahme durch seinen Rivalen mit einem lukrativen Last-Minute-Angebot an Smith-Bracewell verhindern, bekam aber einen Korb. Der Russe sei "außer sich", berichtete der Evening Standard. "Er fühlt sich ausgebootet." Arsenal - Börsenwert 826 Millionen Euro - ist nun der zehnte Premier-League-Verein in ausländischer Hand, und es wird spannend, ob der Klub seine traditionelle Sonderstellung im neoliberalen Fußballsystem auf der Insel aufrecht erhalten kann. Die bisher unabhängig geführte AG der Kanoniere galt als Vorzeigeklub, der stets seriös und nachhaltig wirtschaftete.
Die entscheidende Frage ist, wer letztendlich für den Kroenke-Deal zahlen muss. Bei Manchester United (Glazer-Familie) und dem FC Liverpool (Tom Hicks und George Gillett) übertrugen amerikanische Investoren ihre Schulden zurück auf den Verein, der nach dem Heuschrecken-Prinzip die Kosten der Übernahmen finanzieren musste. Im Fall von Arsenal schloss Kroenke das bisher aus.
In der Praxis kann der in seiner Heimat wegen spärlicher Kommunikation mit den Medien als "Silent Stan" bekannte Amerikaner nach seiner Inthronisierung jedoch machen, was er will und Arsenals beachtliches Festgeld-Konto (120 Millionen Euro) plündern. Nach der Finanzkrise wird sein persönliches Vermögen auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt. Seine Frau Anne Walton ist zudem Erbin der Wal-Mart-Gruppe. "Ich glaube nicht, dass wir dramatische Veränderungen erleben werden", sagte Gazidis; Kroenke wolle das von den Aktionären autarke, sich selbst tragende Geschäftsmodell von Arsenal erhalten.
Der Schnurrbartträger aus Missouri sieht offensichtlich die gewaltigen Wachstumschancen des Klubs. Doch in den vergangenen fünf Jahren blieb Arsenal gänzlich ohne Titel. Das ist natürlich zu wenig für den ambitionierten Verein.
Bei den Arsenal-Fans herrscht nun vorsichtiger Optimismus. Sie hoffen, dass sich Kroenke am Ende nicht nur als das kleinere Übel erweisen könnte, sondern auch positiven Einfluss auf Wenger ausübt. Der in seiner Personalpolitik unheimlich stur auf Jugendförderung fixierte Franzose hatte ohne starken Mann im Rücken zuletzt mehr Macht, als ihm gut tat.
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