Neues Telekommunikationsgesetz: Hintertür zu Telefondaten

Telekommunikationsdaten können nun unbefristet gespeichert werden - zur Freude der Polizei. Eine gesetzliche Regelung der Netzneutralität wurde abgelehnt.

Wer ruft wen an? Die Firmen dürfen's speichern, die Polizei wird's nutzen. Bild: dpa

FREIBURG taz | Telefon- und Internetfirmen dürfen "Verkehrsdaten" ihrer Kunden weiter unbefristet lange speichern. Das beschloss die schwarz-gelbe Koalition am Donnerstag bei einer Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Die Regierungsmehrheit verzichtete kurzfristig auf die vorgesehene Befristung auf drei Monate. Die Opposition ist empört.

"Verkehrsdaten" beschreiben zum Beispiel, wer wann mit wem telefoniert hat oder wer sich wann mit welcher IP-Adresse ins Internet eingewählt hat. Für die Abrechnung mit den Kunden sind Verkehrsdaten kaum noch erforderlich, weil heute Flatrate-Tarife überwiegen. Auch deshalb wurde im Interesse der Sicherheitsbehörden 2007 die sechsmonatige Vorratsspeicherung solcher Verkehrsdaten beschlossen. Inzwischen hat das Bundesverfassungsgericht jedoch die Regelung beanstandet und die schwarz-gelbe Koalition kann sich nicht auf ein neues Gesetz einigen.

Offiziell klagt die Polizei, dass bei vielen Delikten derzeit keine Strafverfolgung möglich sei. Tatsächlich hat sie jedoch einen anderen Weg zu den Verkehrsdaten gefunden, wie im Sommer aus einem Papier der Generalstaatsanwaltschaft München hervorging: Sie greift auf Daten zu, die die Diensteanbieter für Abrechnungen untereinander aufbewahren, man spricht von "Intercarrier"-Abrechnungen, bei denen die Kosten für die Nutzung fremder Leitungen oder das Roaming in fremden Netzen berechnet werden. Hierfür dürfen auch Verkehrsdaten der Kunden gespeichert werden, was der Polizei natürlich sehr recht ist. Die entsprechende Regelung findet sich im TKG.

Eigentlich wollte die Koalition die Datenspeicherung für die Intercarrier-Abrechnung auf drei Monate beschränken. Doch am Mittwoch, einen Tag vor der Abstimmung im Bundestag, legten CDU/CSU und FDP einen Änderungsantrag vor, der auf die Einführung einer Befristung völlig verzichtet. SPD, Grüne und Linke verließen aus Empörung über die Überrumpelungstaktik die Sitzung des Innenausschusses.

Kein "Recht auf Breitband"

Doch die Koalition ließ sich nicht beirren und beschloss die TKG-Novelle am Donnerstag ohne Befristung. Damit bleibe man doch nur bei der von Rot-Grün 2004 geschaffenen Rechtslage, hieß es listig aus der FDP. Doch damals war die Intercarrier-Abrechnung auch noch kein Einfallstor für die Sicherheitsbehörden. "Der Rückzieher der Koalition widerspricht völlig den Prinzipien der Datensparsamkeit", sagte Konstantin von Notz von den Grünen.

Beschlossen wurden am Donnerstag auch zahlreiche Regelungen, die den Ausbau der Breitband-Kommunikation fördern sollen. Ein "Recht auf Breitband", das von der Opposition gefordert wurde, lehnte die Regierungsmehrheit jedoch ab.

Abgelehnt wurden im Bundestag auch Anträge der Opposition, die die so genannte Netzneutralität zwingend vorschreiben wollten. Die Koalition schaffte nur eine Möglichkeit, später per Rechtsverordnung einzugreifen. Die Netzneutralität stellt sicher, dass alle Daten im Internet gleichbehandelt werden und nicht teurere Dienste Vorrang erhalten.

Die Novelle des Telekommunikationsgesetzes schreibt außerdem vor, dass Warteschleifen bei Hotlines nach einer einjährigen Übergangsfrist kostenfrei sein müssen.

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