Verruchte Flüsterstube

SWING-PARTY Heißer Jazz und nackte Tatsachen: Seit zwei Jahren feiert Berlin auf den „Swing Royal“-Parties wie in den wilden 20ern. Nun kommt die Reihe mit ihrer Mischung aus Swing, Vaudeville und Burlesque zum ersten Mal auch nach Hamburg

Dass das Publikum da nicht abseits steht, dafür sorgt Sängerin Cella Blue mit ihrer Wundertüte voller Süßigkeiten, Kazoos und Pfeifen

VON ROBERT MATTHIES

In puncto Tradition kann der Bunker an der Feldstraße mit dem Berliner Admiralspalast nicht mithalten. Dort hat man vor zwei Jahren mit der Reihe „Swing Royal“ schlicht wiedererweckt, was in den 1920ern schon mal das Publikum zum Toben gebracht hat: schweißtreibender Jazz und Nackttanznummern. Etwa alle drei Monate werden seitdem internationale Künstler der Swing- und Burlesque-Szene eingeladen, um zwischen Zigarettenmädchen, Pokertischen und Barbieren glanzvolle Palastrevue-Galas in angemessen verruchtem Ambiente zu feiern.

Heute Abend findet die außergewöhnliche Party zum ersten Mal auch in Hamburg statt. Ab 20 Uhr empfängt man im in eine glamouröse Flüsterstube verwandelten Ballsaal des Uebel und Gefährlich das entsprechend gekleidete Publikum. Wer stilistisch noch ein wenig unsicher ist, bekommt unter anderem von drei ganz unterschiedlichen Live-Bands Orientierung an die Hand gereicht.

Die texanischen „White Ghost Shivers“ holen dabei am weitesten aus. Seit sieben Jahren mischt das Septett aus Austin Early Jazz, Charleston, Hokum-Blues, Ragtime, Bluegrass, Swing und Hillbilly im Stil der 20er und 30er mit Cabaret, Burlesque und Vaudeville. Dass die „White Ghost Shivers“ ein eingespieltes Team sind und etwas von ihren Beruf verstehen, wird schnell deutlich: Musik zum passiven Konsumieren ist das nicht, wer gerade nicht spielt, tanzt Charleston oder Swing. Dass das Publikum da nicht abseits steht, dafür sorgt Sängerin Cella Blue mit ihrer Wundertüte voller Süßigkeiten, Kazoos und Pfeifen. Und wer in all dem ausgelassenen Gehüpfe eine Chance bekommt, sollte sich nicht entgehen lassen, wenn Banjospieler Shorty Borgasm zur Nasenflöte greift.

Thematisch enger gefasst, aber nicht minder wild gehen die Berliner „Cry Babies“ zur Sache. „Sex-a-Billy-Swing-a-Ling“ nennt sich deren stilechte Liaison mit Stehbass und Schmalztolle.

Ebenfalls stilecht und zwar im Sinne einer Zeitreise in die Swing-Ära gehen schließlich die Hamburger „Ballroom Buskers“ ans Werk. Hier schaut genau hin, wer noch Tanzschritte braucht: In Spiel- und Tanzszenen wird das unverzichtbare Rüstzeug in Sachen Jitterbug und Balboa vermittelt.

Für genug Musik, das Gelernte anschließend zu vertiefen, sorgen die DJs Lobotomy aus Berlin und Hamburgs Swing-DJ-Referenz Swingin’ Swanee. Und wer sich richtig was traut, legt nach dem Studium der Burlesque-Performances von Leolilly & Golden Treasure vielleicht sogar ebensolche aufs Parkett.

■ Sa, 2. 1., 22 Uhr, Uebel und Gefährlich, Feldstraße 66