JU-Landesvorsitzende über die CSU: "Die Piraten sind eine treibende Kraft"
Die Landesvorsitzende der bayerischen Jungen Union, Albsteiger, über den Blick ihrer Partei auf junge Menschen, den Umgang mit neuen Medien und den Sturz von Stoiber.
taz: Frau Albsteiger, die Umfragewerte der CSU - die einst in Bayern über eine absolute Mehrheit verfügte - sind nicht sehr gut. Derzeit steht sie bei 44 Prozent, nur einen Prozentpunkt vor einem möglichen Bündnis aus SPD, Grünen und Freien Wählern. Woran liegt es?
Katrin Albsteiger: Die Erosion der großen Volksparteien ist ein gesellschaftliches Phänomen. Unsere Gesellschaft wird immer differenzierter. Es gibt immer mehr verschiedene Milieus. Volksparteien haben die Aufgabe, für alle Lebensbereiche Lösungen zu finden. Splitterparteien gelingt es viel besser, bestimmte Milieus, die nur ein einzelnes Interesse verfolgen, an sich zu binden. Aber ein Grund ist leider auch das Image der CSU. Viele Menschen, gerade die Jüngeren, nehmen die Partei als alt und verstaubt war. Dabei entspricht das nicht der Wahrheit.
Was wünschen sich junge Menschen in Bayern von der CSU?
Sie wollen eine Gesellschaft vorfinden, die ihre Lebensweise respektiert, die ihnen Chancen bietet und es ihnen ermöglicht, private und berufliche Ziele miteinander zu vereinbaren. Beim Thema Respekt gegenüber der Jugend gibt es in der CSU Nachholbedarf. Bestimmte Debatten, die in der CSU geführt werden, die die Lebenswelt der Jugendlichen direkt betreffen, wie zum Beispiel das Thema Computerspiele, Sperrstunde oder Konsumverhalten, vermitteln den Jugendlichen den Eindruck, früher sei alles besser gewesen und die jungen Menschen hätten heute keine Werte mehr. Da wünsche ich mir von der CSU mehr Besonnenheit. Und dann natürlich das Thema Kommunikation und Neue Medien. Da ist noch Potenzial nach oben.
Das Thema haben vor allem die Piraten besetzt. Umfragen sehen die Partei bei sechs Prozent. Hat die CSU etwas verschlafen?
Für die Junge Union war der Obama-Wahlkampf 2008 das Schlüsselmoment. Von da an haben wir unsere Internetpräsenz ausgebaut und begonnen, interaktive Komponenten einzubauen. Die Landesleitung der CSU ist auf uns zugekommen, bevor die Piraten so präsent waren, und hat uns bei dem Thema um Hilfe gebeten. Aber natürlich sind die Piraten eine treibende Kraft im Hintergrund, die eine Konkurrenzsituation schafft.
Die 28-jährige Politikwissenschaftlerin aus dem schwäbischen Neu-Ulm ist seit 2011 Landesvorsitzende der Jungen Union Bayern. Sie ist die erste Frau auf diesem Posten.
Ist die CSU mittlerweile fit in Sachen Internet?
Ausbaupotenzial gibt es immer. Aber wir haben Schritte nach vorne gemacht. Aber natürlich kann die Kommunikation im Internet die persönliche Begegnung nicht ersetzen. Die Frage ist nur, ob wir die Jugendlichen so wie früher bei Gesprächen im Hinterzimmer erreichen. Ich habe deswegen in Kreuth ein klares Plädoyer dafür gehalten, dass wir den Menschen mehr auf der Straße begegnen müssen.
Bei der Klausurtagung ging es um die Themen Jugend und Zukunft, aber zuvor wurde in der Parteiführung sehr rückwärtsgewandt diskutiert. Es ging um die Frage, ob Edmund Stoibers Sturz vor fünf Jahren ein Fehler war. Was sagen Sie?
Es gibt kaum einen Politiker, den ich so schätze wie Stoiber. Als das passiert ist, war ich einfaches Mitglied und noch nicht auf Landesebene aktiv, aber ich habe das schon damals sehr kritisch gesehen. Wir sind eine Partei, der Werte und der gute Umgang miteinander sehr wichtig sind. Ich fand, mit so einem großen Mann, der so viel erreicht hat für Bayern, kann man so nicht umgehen. Ich habe das sehr bedauert.
Wäre die CSU mit Stoiber heute in einem besseren Zustand?
Die Frage muss ich unbeantwortet lassen. Wer weiß das schon?
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