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Emissionsregelungen der EU-KommissionPanik vor teurem Ablasshandel

Die EU-Kommission will den CO2-Ausstoß teurer machen. Die Wirtschaft ist entsetzt. Sollte der Emissionshandel nicht funktionieren, ist die deutsche Energiewende in Gefahr.

BUND-Demo gegen den Umgang mit dem Emissionshandel. Bild: dpa

BERLIN taz | Die EU-Kommission will, dass sich Klimaschutz wieder lohnt. Am Mittwoch verabschiedete sie eine Richtlinie, die das wichtigste Instrument zur Senkung des CO2-Ausstoßes wieder effektiv machen soll: den sogenannten Emissionshandel. Die Klimaschutzziele der Staatengemeinschaft sollen sich nicht ändern.

20 Prozent weniger Klimagase will die EU im Jahr 2020 im Vergleich zu 1990 ausstoßen. Dazu haben Ökonomen ein Modell entwickelt, das auf Marktmechanismen setzt. Das Prinzip ist: Jedes Unternehmen darf nur noch eine bestimmte Menge an CO2 ausstoßen, die von Jahr zu Jahr gesenkt wird. Dazu erhält die Industrie kostenlos „Verschmutzungsrechte“.

Wer damit nicht auskommt, kann in regelmäßigen Abständen bei einer staatlichen Stelle zusätzliche „CO2-Zertifikate“ erwerben. Da auch das limitiert ist, müssen Unternehmen im Zweifel auf dem freien Markt solche zukaufen. Sie werden wie Aktien gehandelt und von Unternehmen angeboten, die weniger Zertifikate brauchen, als ihnen zugeteilt wurden – etwa, weil sie besonders klimaschonend produzieren. Der erhoffte Effekt ist, dass die Wirtschaft CO2 da einspart, wo es am günstigsten ist.

Das Problem allerdings: Wenn die Wirtschaft schrumpft oder weniger wächst, als die EU angenommen hat, produzieren Unternehmen weniger, stoßen weniger Klimagase aus und benötigen weniger Verschmutzungsrechte. Das ist in den letzten Jahren passiert, wodurch der Preis der Zertifikate sank.

Selbst konservative Abgeordnete warnen

Deutschland will mit den Einnahmen aus dem Verkauf der Zertifikate die Energiewende vorantreiben, etwa Elektroautos oder die energetische Gebäudesanierung fördern. Selbst konservative Abgeordnete im EU-Parlament wie der christdemokratische Peter Liese warnen schon seit Langem: „Ohne funktionierenden Emissionshandel scheitert auch die deutsche Energiewende.“

Deshalb hat die EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard einen einfachen Vorschlag gemacht. Bisher hat die EU Jahre im Voraus festgelegt, wann wie viele Verschmutzungsrechte versteigert werden. Daran war dann nicht mehr zu rütteln. Die Folge während der Wirtschaftskrise: Viele Unternehmen horten noch heute Verschmutzungsrechte.

Zurzeit legt die EU Zahlen fest, wann in der Periode von 2013 bis 2020 die Zertifikate verkauft werden. Künftig will sie die Möglichkeit haben, die Termine zu ändern – was nur möglich ist, wenn eine Mehrheit der Mitgliedstaaten zustimmt. Konkret sollen in den kommenden Jahren weniger, später dann mehr Verschmutzungsrechte ausgegeben werden.

Ende des Jahres will Hedegaard ein umfassendes Konzept zur Reform des Emissionshandels vorlegen. Bereits der jetzt geplante, geringe Eingriff treibt Teile von Industrie und Union auf die Palme. Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer, sprach von höheren Stromkosten, das Wirtschaftsministerium von einer Schwächung des produzierenden Gewerbes. Doch die energieintensive Industrie ist ohnehin fein raus: Sie bekommen 2020 noch so viele kostenlose Zertifikate wie heute.

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8 Kommentare

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  • AA
    Aus aktuellem Anlass...

    "Stromkosten können nur durch Lohnkostendrückung kompensiert werden."

     

    Völlig falsch.

     

    Per Energieeffizienzsteigerung, sprich Einsparung, läßt sich viel mehr rausholen als getan wird.

    Allerdings sind vorhandene Förderungen oft nicht geeignet, d.h. Phantasie ist gefragt.

     

    Wer nicht geschlafen hat die letzten 10 Jahre, sollte nicht überrascht sein.

     

    Daß die Großbetriebe die "Verschmutzungsrechte" geschenkt bekommen und der Bürger diese dann wieder zurückkauft ist allerdings eigentlich im doppelten Sinne ein weiterer Fall fürs Strafgericht.

     

    Aber da läuft man ja gegen die Wand, die ganze Politikerkaste, mit wenigen Ausnahmen, müßte sonst ja wegen Bildung krimineller Vereinigungen, Betrug, Mord, Anstiftung zum Krieg, Waffenhandel, Abschaffung der FDGO etc. verknackt werden.

  • SI
    Stein im Wald

    Erstmal alle Firmengewinne ins EEG !!!

    Wann mussten Mercedes und Co denn schon mal einen Cent ins EEG(erneuerbare Energien )Gesetz einzahlen?

    In jedem Laden muss ich den Preis der Ware bezahlen und nicht nur das Gewicht der Verpackung !!

  • SI
    Stein im Wald

    Erstmal alle Firmengewinne ins EEG !!!

    Wann mussten Mercedes und Co denn schon mal einen Cent ins EEG(erneuerbare Energien )Gesetz einzahlen?

    In jedem Laden muss ich den Preis der Ware bezahlen und nicht das Gewicht der Verpackung !!

  • AH
    Armin Haacke

    Wer genug Geld hat darf die Umwelt weiter versauen. Der Handel mit Verschmutzungszertifikaten konnte doch auch nur unseren Politbastarden und den Lobbyisten aus der Industrie einfallen. Getreu dem Motto:Geld stinkt nicht,oder doch?????????

    Wenn der Planet dabei auch zur "Hölle" fährt,hat er eben Pech gehabt.

    Im wilden Westen wurden Viehdiebe gehängt!!!!!

  • UH
    Udo Henn

    Die beste Reform des Emissionshandels waere, ihn abzuschaffen. Er ist so ueberfluessig wie ein Kropf.

  • E
    EuroTanic

    Nimmt dieser Klimaunsinn kein Ende? Ich weiss nicht wer verückter ist. Die Politiker die aus schnöder Luft Geld scheffeln, die medien die diesen Unsinn auch noch propagieren, oder der Michel, der sich dieses brav gefallen lässt.

    Wer verbietet jetzt die Coca Cola? Da ist auch CO2=Kohlensäure drin LOL

  • J
    Jan

    Das sind doch nur wieder versteckte Abgaben für die Verbraucher. Es ist traurig wie die Umweltlobby

    den Konzernen in die Hände spielt.

     

    Durch solchen CO2-Ablasshandel wird es nur teurer

    und der kleine Mann darf es bezahlen.

     

    Und selbst wenn es nicht "umgelegt" werden soll,

    wird es bestimmt genug Bilanztricks geben.

     

    Die Konzerne werden so oder so einen Grund finden es teurer zu machen.

     

    30 Cent für eine Kilowattstunde wird unserem Mittelstand

    das Genick brechen. Stromkosten können nur durch Lohnkostendrückung kompensiert werden.

     

    Ein Teil der EEG-Umlage sollte mal als Rücklage benutzt werden um damit in Kraftwerke zu investieren.

    Nur Solar kann nicht funktionieren.

    15 Cent als Umlage sollten genügen. Der Rest sollte

    an die KFW abgegeben werden müssen, damit später in Wasserkraft und andere Projekte investiert werden kann.

     

    5 Cent kostet eine Kilowattstunde Solarstrom an der Börse, die EEG-Umlage sollte einfach nur 3x so hoch sein, wie der Börsenpreis! Damit wäre es gedeckelt bzw. die Solarwirtschaft wirklich zur Innovation gezungen.

     

    Altanlagen, die sich bereits armortiesiert haben, sollten

    mit 20 Cent vergütet werden. 5 Cent davon sollten an die KFW fließen.

  • B
    Brandt

    Der Handel mit Emisionszertifikate kann nicht anders als unglücklich bezeichnet werden, weil der Handel mit Verschmutzungsrechten gedanklich falsch aufgezogen ist.

     

    Beim Thema Energieeffizienz geht es nicht um Klimaschutz allein, sondern um Mehrwert. Güter und Dienstleistungen sind beinhalten einen Energieaufwand. Energie geht in Form von Abwärme verloren.

     

    Der Geldwert von Gütern und Dienstleistungen ignoriert den Zusammenhang zwischen Energieeffizienz und Wirtschaftswachstum.

     

    Das ist auf eine Asymmetrie im Finanzsystem zurückzuführen. Banken erhalten nämlich Zentralbankgeld für die Hinterlegung von Wertpapieren. Sie können keine Emissionszertifikate hinterlegen. Dabei hängt die Wertentwicklung von Wertpapieren von Marktfluktuationen ab, was nichts unmittelbar an den Güterprodukttion gekoppelt ist. Bei den Wertfluktuationen bei Verschmutzungsrechten ist das aber der Fall.

     

    Eine ähnliche Asymmetrie stellt man auch bei der Besicherung von Darlehen durch Hypotheken fest. Das teuerste an einer Immobilie sind die Betriebskosten im Lebenszyklus. Es ist nicht möglich für Nullenergie Häuser Emissionszertifikate im voraus zu erwerben und bei der Bausparkasse als Sicherheit für ein Baudarlehen zu hinterlegen.

     

    Das Ganze geht noch weiter. Wir lassen immer noch unsere Kommunen finanziell ausbluten, weil wir keine Energieeffizienzsteuer für Immobilien haben. Stattdessen verlassen wir uns bei der Kommunalfinanzierung auf die konjunkturabhängige Gewerbesteuer. Die starken Fluktuationen bei den Gewerbesteuereinnahmen kann eine Kommune nur durch Bezug von Finanzprodukten glätten. Das muss sie machen, um für Massnahmen ein planbares Haushalts-Budget zu erhalten. Kleinste Veränderungen bei der Gewerbesteuer führt zu einem Fiskalkrieg benachbarter Kommunen. Gewerbetreibende können mit geringen Kosten ihre Standorte in Nachbarkommunen verlagern. Anstatt den Werkzeugkasten bei den Grundsteuern auf Energieeffizienz und CO2 Ausstoss der Immobilieneigentümer auszuweiten, um die Kommunalfinanzen zu retten, wird munter mit Zins-Swaps und Cross-Border-Leasing und Public Private Partnership experimentiert.