Die CSU in Bayern: Vorstufe zum Paradies

Die CSU hat sich erfolgreich mit der Identität Bayerns verbunden. Der SPD bereitet das knapp ein Jahr vor den Wahlen ein wahres Kopfzerbrechen.

Bayerische Pracht: Versuchen Sie mal bei diesem Anblick nicht an die CSU zu denken. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Nun hat die CSU am Ende doch bekommen, wofür sie so lange gestritten hat: Ab August 2013 – kurz vor den Wahlen in Bayern und im Bund – kommt das Betreuungsgeld für Familien, die ihre ein- und zweijährigen Kinder zu Hause behalten, anstatt sie einer öffentlichen Kita anzuvertrauen. Das Erstaunliche daran: Die „Herdprämie“, wie Kritiker die Zahlung tauften, war anfangs nicht mal bei den christsozialen Frauen beliebt.

Noch 2007, so die Süddeutsche, soll Dorothee Bär, seinerzeit einfache Bundestagsabgeordnete, betont haben, sie halte nichts vom Betreuungsgeld. Und auch Christine Haderthauer, Rechtsanwältin und zweifache Mutter, war skeptisch. Heute ist Bär stellvertretende CSU-Generalsekretärin und Haderthauer bayerische Familienministerin – beide sind jetzt große Befürworterinnen des Betreuungsgelds.

Wozu aber musste die CSU in der Koalition so dringend ein Thema durchsetzen, dessen Inhalt konservativer ist, als es selbst vielen WählerInnen recht ist? Erhellendes dazu kommt ausgerechnet aus dem Lager der Opposition. Franz Maget (SPD) weiß, wovon er spricht, hat er doch knapp zehn Jahre lang als Oppositionsführer im Landtag versucht, den Christsozialen ihre Vormachtstellung im Freistaat streitig zu machen.

„Zum Bayerntum gehört das Rebellische, das Aufständische, eine gewisse Aufsässigkeit und Starrköpfigkeit“, sagt Maget. Wenn der Ministerpräsident gen Berlin poltert, spreche er vielen Bayern aus der Seele. Seehofer bedient den bayerischen Grant aufs Vorzüglichste, und mit dem Betreuungsgeld kann er zeigen, dass die CSU in Berlin ihre Interessen auch durchsetzen kann. Daran wird deutlich: Die CSU verfügt nach wie vor über eine Sonderstellung. Sie ist eine deutschlandweit einzigartige Regionalpartei, die nach eigenen Regeln funktioniert.

Die CSU hat sich

Das Problem der Opposition: Die CSU hat sich der starken kulturellen Identität in Bayern über die vergangenen fünf Jahrzehnte erfolgreich bemächtigt und beansprucht deren Deutungshoheit für sich. Wer das Land in seiner (ober-)bayerischen Pracht sieht, das malerische Alpenpanorama, die Kühe auf den satten grünen Weiden, der soll denken: Hier regiert die CSU.

Wenn Horst Seehofer also auf dem jüngsten CSU-Parteitag Sätze sagte wie „Wer Bayern liebt, muss für die CSU sein“ oder „Bayern ist das Beste, was es in Europa gibt – nicht das Paradies, aber eine Vorstufe davon“, dann ist er der SPD stets einen Schritt voraus, vor allem auf der Gefühlsebene. Die folkloristische Tradition resultiere nicht aus einer touristischen Vermarktungsstrategie, so Maget, sondern werde gelebt. „Wer daran anknüpfen kann, verbessert seine politische Ausgangsposition entscheidend.“

Und die CSU steht gut da in der Wählergunst: In jüngsten Umfragen liegt sie bei 48 Prozent. Die Zahlen sind freilich schon ein paar Wochen alt. Offen ist, ob die danach bekannt gewordenen – versuchten – Einflussnahmen diverser CSU-Sprecher bei Medien eine Auswirkung auf die Zustimmungsraten haben werden.

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