Kommentar UCK-Prozess: Es bleibt ein Geschmäckle

Der Freispruch für ehemalige UCK-Kommandeure wird im Kososvo als Generalabsolution missverstanden. Doch es gibt Ausnahmen.

Was bei den kosovarischen Anhängern des Vorsitzenden der AAK-Partei und ehemaligen Ministerpräsidenten Ramush Haradinaj Jubel auslöst, wird bei anderen als Niederlage für die Gerechtigkeit empfunden werden: Das erste Urteil von 2008 wurde jetzt vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag bestätigt.

Ramush Haradinaj und seine zwei Unterkommandeure sind von allen Anklagepunkten freigesprochen worden. Eine Schuld konnte den Angeklagten nicht nachgewiesen werden. Für die ehemalige Chefanklägerin Carla del Ponte ist diese Nachricht sogar eine Ohrfeige. Denn sie war davon überzeugt, dass Haradinaj und seine Mitangeklagten 1998 über 30 Serben und Albaner zu Tode foltern ließen und nachträglich alle Spuren zu verwischen suchten.

Dass 10 Zeugen durch Autounfälle und Morde zu Tode kamen lässt für Spekulationen breiten Raum. Dem Gericht jedoch Parteilichkeit zu unterstellen, wie dies nun natürlich in Serbien geschieht, ist falsch. Das Gericht konnte nur die Beweislage würdigen. Und die ist eben dürftig. So hat das Gericht ein Urteil fällen müssen, das für die Opfer und deren Familien unerträglich erscheint.

Leider wird von der Mehrheit der albanischen Bevölkerung im Kosovo die Nachricht aus Den Haag als Bestätigung der Unabhängigkeit des Landes und als Rechtfertigung des bewaffneten Widerstandes gegen die serbische Herrschaft gewertet. Und nicht als das Ergebnis eines juristischen Prozesses. Die Herrschaft des Haradinaj-Clans in Westkosovo wird also weitergehen. Die internationalen Institutionen werden wie schon in der Vergangenheit diese Herrschaft akzeptieren.

Wer wollte riskieren, dass EU-Polizisten oder ihre Mitarbeiter aus dem Hinterhalt angegriffen werden? Ein wohlgesonnener Haradinaj wird jetzt für Sicherheit sorgen. Seine Kreise werden auf absehbare Zeit nicht mehr gestört. Nicht nur Serben, auch eine starke albanische Minderheit in Djakova, Pec und ganz Kosovo hatte auf ein anderes Urteil gehofft. Sogar insgeheim die Regierung von Hashim Thaci. Denn Haradinaj wird bald den alten Rivalen Thaci bekämpfen und seine Hand nach dem Posten des Ministerpräsidenten ausstrecken.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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