Telekom drosselt DSL-Flatrates: Die eigenen Dienste fördern
In Zukunft soll es Flatrates nur noch mit festgelegtem Datenvolumen geben. Die Videodaten der Telekom-Plattform zählen allerdings nicht zum Limit.
KÖLN taz | Mit einer aufsehenerregenden Ankündigung versucht die Deutsche Telekom den Providermarkt umzukrempeln. In Zukunft soll es für Privatkunden im Festnetz nur noch – ähnlich wie im Mobilfunk – ein festgelegtes Datenvolumen mit der vollen Geschwindigkeit geben. Danach wird die Geschwindigkeit heruntergedrosselt. Ein Ende der Internet-Flatrate?
Den Schritt begründet der Bonner Konzern mit den hohen Kosten für den Netzausbau: „Wir wollen den Kunden auch in Zukunft das beste Netz bieten und dafür investieren wir weiterhin Milliarden“, erklärt Telekom-Manager Michael Hagspihl. Die Umsatzrenditen für das reine Providergeschäft nehmen seit Jahren ab, deshalb bemüht sich der Konzern um neue Einnahmequellen.
Die Drosselung ist einerseits eine Preiserhöhung: Wer bisher mehr Datenvolumen als die je nach Tarif vorgesehenen 75 bis 400 Gigabyte braucht, soll in Zukunft extra zahlen. Wie viel das Aufstocken kosten wird, ist allerdings noch unklar: Erst 2016 will der Konzern mit der tatsächlichen Umsetzung der Tarifdrosselung beginnen. Vorerst werden nur die Verträge angepasst: Privatkunden bekommen ab Mai nur noch Anschlüsse mit Limitierung.
Gleichzeitig ist der Schritt offenbar der Versuch, die Anbieter von Internetdiensten zur Kasse zu bitten. Seit Jahren hat sich der Konzern darum bemüht zum Beispiel von YouTube Sonderzahlungen zu bekommen, um das riesige Datenvolumen zu finanzieren, das die Videoplattform verursacht.
Telekom will kassieren
Bei Google und anderen Anbietern biss die Telekom im Verbund mit anderen Providern auf Granit. Denn noch ist das Internet nach dem „best efforts“-Prinzip organisiert: Google zahlt seine Provider für Anbindung und Datenverkehr. Andere Provider sind verpflichtet, diesen Datenverkehr nach besten Kräften weiterzuleiten – egal woher ein Datenpaket kommt oder an wen es geht.
Leidtragende sind die Verbraucher. So beklagen sich Telekom-Kunden seit Jahren, dass sie YouTube-Videos zu bestimmten Zeiten nur mit Stocken und Wartezeiten ansehen können. Zwischenzeitlich hatte die Telekom auf öffentlichen Druck die Anbindung verbessert – derzeit sind die Beschwerden allerdings wieder laut.
Mit der Tarifreform will die Telekom offenbar auch das eigene Video-Angebot namens Entertain unterstützen. Denn die Videodaten von der Telekom-Plattform zählen nicht zu dem Limit dazu, die der Konkurrenz von YouTube, oder aus den Mediatheken der Sender sehr wohl.
Netzneutralität abgeschafft
„Für uns ist klar: die Deutsche Telekom will den Kunden das, was vorher im Tarif enthalten war, als Zusatzservice noch einmal verkaufen und schließt daher ihre Mitbewerber vom Anschluss aus“, sagt Markus Beckedahl, Vorstand des Berliner Vereins Digitale Gesellschaft. Die Drosselung auf 384 Kilobit pro Sekunde sei Augenwischerei: „De facto ist das eine Sperre und ein Ausschluß vom Internet.”
Denn war diese Bandbreite zu Zeiten des Analog-Modems noch mehr als großzügig, ist sie nach heutigen Standards das absolute Minimum. Video-Anrufe mit Skype in niedriger Auflösung können damit zwar gerade noch gelingen, sofern parallel kein Download läuft. Updates von Windows und iPad ziehen sich ins Endlose, Online-Videotheken und Co kann der Kunde gleich vergessen. Zumindest bis er mehr Datenvolumen kauft oder der neue Monat beginnt.
War die Telekom einst mit der Einführung der Flatrate 1998 einer Vorreiter, scheint sie auch bei der Abschaffung Vorbild für andere zu sein, wie Beckedahl auf seinem Blog netzpolitik.org bekannt gibt. „Wir haben aus einer verlässlichen Quelle die Information erhalten, dass Vodafone demnächst denselben Schritt gehen wird“, schreibt Beckedahl. Den Schritt der Telekom hatte er an gleicher Stelle ebenfalls korrekt vorhergesagt.
Auf Nachfrage der taz hat Vodafone entsprechende Pläne dementiert: „Aktuell haben wir keine Pläne, die DSL Geschwindigkeit unserer Kunden nach einem bestimmten Verbrauch zu drosseln“, erklärt Unternehmenssprecher Alexander Leinhos.
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