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Steuerschätzung in Deutschland13 Milliarden Euro vermisst

Der Staat muss mit weniger Steuereinnahmen auskommen. Die Nachricht platzt in einen Wahlkampf, in dem Geld das wichtigste Thema werden könnte.

Dem Staat fehlen künftig ein paar mehr von diesen Scheinchen. Bild: Reuters

BERLIN dpa/taz | Die Steuereinnahmen legen in den nächsten Jahren weniger stark zu als bisher erwartet. Bis zum Jahr 2017 müssen Bund, Länder und Gemeinden mit 13,2 Milliarden Euro weniger auskommen als noch im Herbst geschätzt.

Das teilte das Bundesfinanzministerium am Mittwoch in Berlin nach Abschluss der dreitägigen Beratungen des „Arbeitskreises Steuerschätzung“ mit.

Für dieses Jahr sagen die Experten im Vergleich zur Steuerschätzung Ende Oktober Mindereinnahmen von 2,8 Milliarden Euro voraus. Davon entfällt aber nur ein kleinerer Teil auf Ausfälle wegen der schwächeren Wirtschaft. Der Rest ist Folge von Rechtsänderungen. Dieser Trend setzt sich in den Folgejahren fort.

Damit haben die Steuerschätzer erstmals seit drei Jahren ihre Vorhersage wieder gesenkt – nachdem die Prognose zuvor fünfmal in Folge nach oben revidiert worden war. Trotz der vorausgesagten Ausfälle werden die Einnahmen weiter kräftig steigen, allerdings etwas langsamer als im Herbst geschätzt.

Schäuble beruhigt

So dürfte der Staat im Jahr 2017 nach der aktuellen Prognose 704,5 Milliarden Euro Steuern einnehmen. Das wären immer noch etwa 100 Milliarden Euro mehr als 2012. Für das laufende Jahr wird ein Gesamtaufkommen von 615,2 Milliarden Euro vorausgesagt.

Für 2014 rechnen die Steuerschätzer nunmehr mit Mindereinnahmen gegenüber der Herbst-Prognose von 3,8 Milliarden Euro. Für 2015 werden Ausfälle von 2,3 Milliarden Euro vorhergesagt. In den beiden Folgejahren könnten sich die Mindereinnahmen gegenüber der Herbst-Schätzung auf 2,2 beziehungsweise 2,1 Milliarden Euro belaufen.

Bund, Länder und Kommunen verfügen laut Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auch weiter über eine solide Einnahmebasis. Es gebe keinen Grund, auch in einem Wahljahr „allzu aufgeregt über grundsätzliche Veränderungen der Gesamtsteuerbelastung“ zu reden, sagte Schäuble. Dies gelte sowohl für Steuersenkungen als auch für Steuererhöhungen.

Von der Opposition kam scharfe Kritik. „Steuerpläne der Opposition zu kritisieren, während sich die eigenen Pläne in Luft auflösen, reicht nicht“, sagte Grünen-Haushälterin Priska Hinz. Schäuble habe sehenden Auges übertriebene Konjunkturprognosen durchgesetzt, um im Wahlkampf gute Zahlen präsentieren zu können. „Diese Kalkulation fällt ihm jetzt auf die Füße.“

Grüne: "Schäubles Plan löst sich in Luft auf"

Zwar würden sich die großen Finanzierungslücken wie von Schwarz-Gelb erhofft erst nach der Wahl zeigen, sagte Hinz. „Die deutlichen Konjunktureinbrüche werden aber auch dieses Jahr mit Mindereinnahmen von drei Milliarden Euro nicht spurlos am Haushalt vorbei gehen. Deshalb ist Konsolidierung nötig, aber auch machbar.“

SPD und Grüne werben für moderate Steuererhöhungen für Spitzenverdiener, während die Koalition Steuererhöhungen unbedingt vermeiden will.

Der „Arbeitskreis Steuerschätzung“ mit Experten von Bund, Ländern, Kommunen, Wirtschaftsforschungsinstituten, Bundesbank, Sachverständigenrat und Statistischem Bundesamt ermittelt zweimal im Jahr die Einnahmeprognose für den Staat. Sie ist Grundlage für die Haushaltsplanungen.

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6 Kommentare

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  • H
    Hans

    @Hasso:

    Wenn wir uns denn um die ganze Welt kümmern würden.

    Das ganze Geld, was wir angeblich zur Bankenrettung nach Griechenland, Spaniern, Zypern geben, wo kommt das denn an? Nicht bei der Bevölkerung der Länder, sondern bei den Banken und denen dahinter. Und wer sind die dahinter?

    Anleger, Fonds, etc. Und wer sind die?

    Allianz, Deutsche Bank, J.P. Morgen, Goldman Sachs, etc. Und wer kriegt das Geld das die einnehmen?

    Den 1% der Reichen in Deutschland, USA, etc.

    Es handelt sich, wie auch bekannt um eine riesige Umverteilungsaktion im Krisendeckmantel.

    http://www.arte.tv/de/7291880.html

     

    Und die haben auch nicht über ihre Verhältnisse gelebt. Die haben nur über unseren Verhältnissen gelebt.

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ezb-vermoegen-in-griechenland-groesser-als-in-deutschland-a-893412.html

    Und das, weil unsere Regierungen seit Jahren dafür gesorgt haben, dass es den Nicht-Reichen 99% schlechter geht.

     

    http://www.youtube.com/watch?v=XyEcsBhUNjs

  • N
    noevil

    Wie gut muss es uns denn eigentlich noch gehen, damit dieses elende gierige Gejammere endlich aufhört?

     

    Wenn die Regierungen sich endlich einmal die Berichte der Bundes- und Landesrechnungshöfe eindringlich zur Brust nehmen würden, dann wäre sicherlich der Unmut in der Bevölkerung schon ein Gutteil gedämpft. Naja..

     

    Aber ist doch schon mal Klasse, dass wir alle gute Rezepte für Herrn Schäuble haben!

  • S
    Sören

    Ich weiß nicht, warum sich die Politik immer so stark auf diese Prognosen verlässt. Sowohl die Zahlen der Steuerschätzer, als auch die Prognosen der sogenannten "Wirtschaftsweisen" lagen doch praktisch immer falsch - im negativen wie auch im positiven Sinne.

     

    Es war klar, dass die positiven Prognosen kaum zu halten sein werden. Die deutsche Wirtschaft ist abhängig vom Export, und in einem unserer wichtigsten Absatzmärkte, Europa, herrscht in weiten Teilen Rezession. Wir haben Glück, dass es in anderen Erdteilen (bspw. den USA) besser läuft.

     

    Die Grünen wollen einen erhöhten Spitzensteuersatz ab 80.000 Euro, die SPD ab 100.000 Euro greifen lassen. Wer das nicht als Gut - oder Spitzenverdiener ansieht, muss komplett "out of touch" sein, und in einer Fantasiewelt leben.

  • I
    Irmi

    jr.Morrison zum Punkt mit den Grünen

     

    weil die entdeckt haben, wenn sie sich anpassen, mit den Wölfen heulen besser fahren. Früher waren es auch Chaoten mit langen Wuschelhaaren, Ökokleidung, Strickzeug in der Hand, haben flätig und pöbelnd wie die letzten Hinterwäldler, heute sitzen sie im feinen Anzügen und grüner Krawatte da.

     

    Schulden abbauen geht auch nicht mehr, wir haben zu viele. Allein der Rettungstopf für Eu-Länder, dann haben wir doch die ehemalige Hypo-Bank mit über 140 Milliarden retten müssen, wir verschleudern Steuergelder in unsinnige Projekte und unvollendete Bauten. Wir beschäftigen unendlich viele Berater die der Regierung erklären wie Deutschland am schnellsten die Talfahrt in den Bankrott meistert. Das kostet. Die Massen von Beamten, immer mehr Überwachungsorgien, Massen von Polizei dazu, die Gehälter der Politiker und deren Renten, muss alles der Steuerzahler erwirtschaften und dann sind natürlich die Schulden zu zahlen mit all den Zinsen. Warum wurde denn der Zinssatz gesenkt, damit wir ein wenig entlastet werden von den Zinsen. Welche Folgen das für Anleger hat, kümmert da keinen der regierenden Riege..

     

    Da wundert es auch nicht, das ein Gesundheitsminister sparen will und meint, die Alten brauchen keine Hüft OP mehr.

    Die Regierenden erklären den Jungen, das die Alten zu alt werden, nur ein Kostenfaktor sind.

     

    Damit man sich die jungen Wähler nicht vergrault, hat man die Renten so gekürzt, das die Alten auch keinen Spaß mehr am Leben haben können. Bleibt die Hoffnung, das die unnützen Alten bald sterben, hat der Staat weniger Geldsorgen

     

    Scheinheilig finde ich dann, das man sich darum streitet ob aktive Sterbehilfe nicht höher bestraft werden sollte. Nein, auch dieser Schritt sollte unbedingt straffrei sein, soll der Staat doch froh sein, wenn es Leute gibt die helfen, so ein bescheidenes Leben der Alten zu beenden.

    Unser Staat tut alles das ein Rentner Dasein (außer für Politiker und Beamte die auch dann noch bestens auf Steuerzahler Kosten versorgt werden)nur noch traurig und trostlos ist, die Zeit die uns Rentner bleiben sollte, wäre die Zeit das Leben noch zu genießen nach einem an Arbeit reichem Leben.

  • H
    Hasso

    Bringt doch alles nichts mehr-,die dämliche Politik hat runtergewirtschaftet. Wer sich um "die ganze Welt" kümmern will, muss untergehen.Das weiß jeder Blöde.Es wäre besser die "Blöden" würden uns regieren,als diese hohlen Nüsse, die sich stetig wählen lassen, aber eigentlich nicht wissen wozu überhaupt.

  • J
    jrmorrison

    "SPD und Grüne werben für moderate Steuererhöhungen für Spitzenverdiener"

    Als moderat würde ich die Anhebungen nicht bezeichnen und die von ihr betroffene Einkommensgruppe kann in der Gänze nicht den Spitzenverdienern zugerechnet werden.

    Was mich nur wundert ist, wieso die Grünen, die früher einen mir sympatischen Skeptizismus gegen einen starken Staat hatten, jetzt eine völlig gegensätzliche Haltung haben. Ziel ist es ja auch nicht, wie vorgeschoben wird, die Schulden abzubauen, sondern mehr Staat, mehr Ausgaben. Liest sich für mich wie noch mehr Verschwendung (BER etc) von Steuergeldern.