Präsidentschaftswahl in Mali: Schwergewicht gegen Leisetreter

Ein Politprofi aus dem Süden gegen einen Wirtschaftsexperten aus dem Norden: Der Wahlkampf in Mali spiegelt die Zerrissenheit des Landes.

Malis Hauptstadt Bamako ist fest in der Hand von „IBK“, dem Wahlfavoriten. Bild: AP

BAMAKO taz | Inhaltlich unterscheiden sie sich wenig: Am dringendsten muss eine Lösung für den Konflikt im Norden Malis gefunden werden, wo rund um die Stadt Kidal die Tuareg-Rebellen der Befreiungsbewegung von Azawad (MNLA) noch immer das Sagen haben. Selbstredend wollen beide Kandidaten Malis Wirtschaft ankurbeln, die seit dem Staatsstreich vom 22. März 2012 am Boden liegt. Und natürlich braucht auch die Armee eine Stärkung.

Kurz vor der entscheidenden Stichwahl um die Präsidentschaft in Mali traut all das offenbar die Mehrheit der Wähler eher Ibrahim Boubacar Keïta (IBK) zu, dem ehemaligen Premierminister und Parlamentspräsidenten. Wer in der Hauptstadt Bamako nicht für ihn stimmen will, ist fast Außenseiter.

Schon in der ersten Runde am 28. Juli hatte der 68-Jährige 39 Prozent der Wähler hinter sich. Der Zweitplazierte, Soumaïla Cissé, erhielt nur 19 Prozent. In der Hauptstadt erhielt IBK um die 70 Prozent.

Für seine Anhänger ist IBK schon längst der neue Präsident. Dafür muss er im Moment nicht einmal viel tun. Er wirkt einfach. Wenn er bei einem seiner spärlichen Auftritte auf einem Stuhl sitzt, scheint er wie ein Großvater auf seine Enkelkinder zu warten. Spricht er, dann muss er keine Lösungen für Malis Probleme bieten. „Ich fordere eine Mehrheit, die nicht infrage gestellt wird“, sagt er, und seine Unterstützer sind aus dem Häuschen.

Ein Zünglein an der Waage

Seit der Bekanntgabe der Ergebnisse der ersten Runde ist ihm aber noch etwas anderes gelungen – das Schmieden einer breiten Allianz. Zentral dabei ist Dramane Dembélé, Spitzenkandidat der einst wichtigsten malischen Partei Adema (Allianz für Demokratie in Mali) und mit rund 10 Prozent Dritter im ersten Wahlgang. Die einst einflussreiche Adema, die nach Einführung der Mehrparteiendemokratie in Mali Anfang der 1990er Jahre das politische Leben dominierte, gilt heute als zerstrittener denn je. Die Nominierung Dembélés als Adema-Kandidat war eine Überraschung gewesen, denn der 46-Jährige ist wenig bekannt.

Nun aber könnte Dembélé den zweiten Wahlgang vorentschieden haben. Vor gut einer Woche saß er noch mit Cissé am gemeinsamen Tisch. Bei einer Pressekonferenz mit zwei weiteren Kandidaten kritisierten sie gemeinsam die voreilige Bekanntgabe von Ergebnissen durch das Militär, bei denen IBK schon zum Sieger erklärt worden war. Fünf Tage später sagte Dembélé: „Ich fordere meine Unterstützer auf, für Ibrahim Boubacar Keïta zu stimmen.“ Seine Adema und IBKs Partei RPM (Sammlung für Mali) hätten gemeinsame Werte.

Tuareg-Rebellen gegen Nord-Kandidaten

Für den 63-jährigen Cissé dürfte es nun knapp werden. Punkten könnte er noch in den Regionen Mopti und Timbuktu. Aus dem Städtchen Niafunké bei Timbuktu im Norden des Landes stammt er auch, wodurch ihm die Probleme des Nordens vertraut sein dürften. Die Einheit Malis gilt auch für ihn als unantastbar. Er will einen nachhaltigen Frieden mit den Tuareg aushandeln. Doch anders als IBK hat er das weniger zum zentralen Wahlkampfthema gemacht. Vonseiten der Tuareg-Rebellen in der MNLA hieß es mittlerweile, man wolle für IBK stimmen, der auch von Malis Armee unterstützt wird.

Cissé, 2004 bis 2011 Leiter der westafrikanischen Währungsunion, ist Finanzexperte. Er will Malis Wirtschaft voranbringen und für Zugang zu Trinkwasser und Strom sorgen. Was nach einer Selbstverständlichkeit klingt, ist außerhalb Bamakos ein riesiges Problem.

So wählerwirksam wie IBK verkauft Cissé sich nicht. Bei Pressekonferenzen wirkt er klein und unauffällig. Doch was zählt, sei der Kontakt zu seinen Wählern, sagt ein Mitarbeiter seiner Partei URD (Union für Republik und Demokratie) im Kampagnenbüro und öffnet die Tür zum Besucherzimmer. „Sie wollen alle mit ihm sprechen“, sagt er und zeigt in den vollen Raum. „Und er wird mit ihnen sprechen.“

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