China räumt mit weiterem Hardliner auf: Korruption und Putschgerüchte

Das Urteil gegen Bo Xilai ist noch nicht gesprochen. Da will die chinesische Führung auch gegen den einst mächtigen Spitzenpolitiker Zhou Yongkang vorgehen.

Der ehemalige Sicherheitschef Zhou Yongkang soll Bestechungsgelder angenommen haben (Archivbild von 2011). Bild: reuters

PEKING taz | Die chinesiche Führung will gegen einen weiteren ehemaligen Spitzenpolitiker wegen Korruption vorgehen. Laut der in Hongkong erscheinenden englischsprachigen Zeitung South China Morning Post soll Chinas Führung in einer geheimen Sitzung beschlossen haben, gegen den einst mächtigen Politfunktionär Zhou Yongkang ein Verfahren wegen Korruption einzuleiten.

Der 70jährige war bis vergangenen November Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros, zuständig für Innere Sicherheit und damit einer der mächtigsten Männer Chinas des vergangenen Jahrzehnts.

In seiner Zeit als Minister der Öffentlichen Sicherheit baute er einen mächtigen Polizei- und Geheimdienstapparat auf, der größer ist als die Armee. Er gilt nicht nur als Hardliner innerhalb der chinesischen Führungsspitze und befürwortet eine harte Gangart gegenüber Kritikern und Oppositionellen. Er soll bis zum Schluss auch den in Ungnade gefallenen Politiker Bo Xilai unterstützt haben.

Bo, der bis zu seiner Amtsenthebung Parteichef der 30-Millionenstadt Chongqing war, wurde vergangene Woche wegen Amtsmissbrauch und Korruption der Prozess gemacht. Als Bo's ehemaliger Gefährte, der einstige Polizeichef von Chongqing, Wang Lijun, Anfang 2012 aus Angst um sein Leben in ein US-Konsulat flüchtete und über den Mord von Bo's Frau an einen britischen Geschäftsmann auspackte, war es angeblich Zhou Yongkang, der Panzer vor dem US-Konsulat auffahren ließ.

Und als nach Bo's Verhaftung im Frühjahr 2012 Putschgerüchte in Peking die Runde machten, fiel immer wieder auch der Name Zhou. Bo sah in ihn seinen politischen Mentor.

Entscheidung auf Klausurtagung

Die Entscheidung der amtierenden chinesischen Führung, nun auch gegen Zhou vorzugehen, soll dem Zeitungsbericht zufolge Anfang August bei ihrer alljährlichen Klausurtagung in dem ostchinesischen Badeort Beidaihe gefallen sein. Wie die South China Morning Post (SCMP) aus regierungsinternen Kreisen erfahren haben will, wird ihm vorgeworfen, in seiner Zeit als Chef von Chinas größtem Energielieferanten CNPC große Summen Bestechungsgelder angenommen zu haben. Seine gesamte Familie habe sich bereichert. Im Internet kursieren Gerüchte, dass sich Zhous Familie vergangene Woche bereits nach Kalifornien abgesetzt habe.

Sollte sich dieser Bericht bestätigen, wäre Zhou der erste Spitzenfunktionär des Ständigen Ausschusses des Politbüros seit dem Ende der Kulturrevolution vor 40 Jahren, der vor Gericht gestellt würde. Dieses Gremium gilt als das eigentliche Machtzentrum der regierenden Kommunistischen Partei und damit der gesamten Volksrepublik. Die chinesische Führung wollte den Zeitungsbericht am Freitag aber nicht bestätigen.

Es ist auch nicht klar, ob es sich lediglich um parteiinterne Ermittlungen handelt, oder bereits die Staatsanwaltschaft gegen Zhou vorgeht. Die SCMP geht davon aus, dass der Fall beim Treffen der Parteielite im November behandelt wird. Chinas einstiger Präsident Jiang Zemin, der hinter den Kulissen nach wie vor kräftig mitmischt, soll aber sein Einverständnis erklärt haben. Jiang war wiederum lange Zeit der Mentor von Zhou.

Tiger und Fliegen

Der erst seit Jahresbeginn amtierende Präsident Xi Jinping hat den Kampf gegen die zunehmende Korruption bis hinauf in die Führungsspitze zur Chefsache erklärt und bereits eine groß angelegte Kampagne gegen Pomp und Verschwendung von Parteisekretären und Regierungsbeamten gestartet. Er werde „Tiger“ und „Fliegen“ gleichermaßen treffen, hatte er angekündigt. Er hält offenbar Wort.

Doch tatsächlich wurde bereits beim Vorgehen gegen Bo ein interner Machtkampf innerhalb der Führungsspitze vermutet. Sowohl Bo als auch Zhou standen für eine Fraktion, die mit roten Liedern und angeblichen Kampagnen zur Verbrechungsbekämpfungs an die Mao-Ära anknüpfen und wieder zurück zu einer stärkeren Staatswirtschaft wollten. Xi und der amtierende Premierminister Li Keqiang hingegen setzten auf mehr Rechtsstaat und weiterer Marktliberalisierung.

„Sollte Xi sich durchsetzen, wäre er der mächtigste Staatsführer seit Deng Xiaoping“, analysiert der China-Kenner Arthur Kroeber von Draegonomics, einem unabhängigen Beratungsinstitut in Peking. Und angesichts Chinas anstehenden Problemen sei eine Führung, die konsequent gegen korrupte und selbstbereichernde Spitzenkader vorgeht und mehr auf Rechtsstaatsprinzipien setzt, nur wünschenswert.

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