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Auflagen für TabakprodukteEU will Schockbilder

Die Warnhinweise auf Zigarettenschachteln werden groß, darauf haben sich die EU-Gremien geeinigt. Aromastoffe zum Versüßen werden verboten, Mentholzigaretten auch.

Bald müssen 65 Prozent der Vorder- und Rückseite der Zigarettenpackungen von Warnhinweisen wie „Rauchen tötet“ bedeckt sein. Bild: dpa

STRASSBURG afp | Mit Schockbildern und unübersehbaren Warnhinweisen will die Europäische Union vor allem junge Menschen verstärkt vom Rauchen abhalten. Auf eine entsprechende Neuregelung haben sich nach langen und zähen Beratungen in der Nacht zum Dienstag die Brüsseler Kommission, das Europaparlament und die EU-Staaten in Brüssel geeinigt.

Die neue Richtlinie muss nun noch formell von Rat und Parlament verabschiedet werden. Anschließend haben die 28 Mitgliedsländer zwei Jahre Zeit, um die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.

Auf Zigarettenpackungen müssen laut Neuregelung künftig abschreckende Bilder prangen, etwa von einem verfaulten Fuß oder einer schwarzen Raucherlunge. Außerdem müssen 65 Prozent der Vorder- und Rückseite der Packungen von Warnhinweisen wie „Rauchen tötet“ bedeckt sein.

Das gilt auch für Zigaretten-Feinschnitt und Wasserpfeifen-Tabak – Produkte, die vor allem bei Jugendlichen beliebt sind. Damit fielen rund 90 Prozent aller Tabakprodukte unter die neue Richtlinie, erläuterte eine Mitarbeiterin im Europaparlament. Für Zigarren, Zigarillos und Pfeifentabak reichten hingegen weiterhin einfache Warnhinweise.

Warnhinweise für Tabakprodukte sind in der EU bereits heute vorgeschrieben. Sie bedecken allerdings bisher nur 30 Prozent der Vorder- und 40 Prozent der Rückseite von Zigarettenschachteln. Besonders gefährliche Zusatzstoffe, die Krebs erregen, das Erbgut verändern oder die Fortpflanzungsfähigkeit einschränken können, sollen ganz aus Tabakprodukten verbannt werden.

Menthol-Zigaretten verschwinden

Das gleiche gilt für „charakteristische Aromen“, die nicht nach Tabak schmecken – etwa Vanille oder Schokolade, die den bitteren Geschmack des Tabaks mildern und vor allem bei Jugendlichen beliebt sind. Menthol-Zigaretten sollen längerfristig ebenfalls vom Markt verbannt werden – allerdings erst nach einer Übergangsfrist von acht Jahren.

Die Neuregelung mache insgesamt „den Einstieg ins Rauchen für Jugendliche unattraktiver“, betonte der CDU-Abgeordnete Karl-Heinz Florenz, der an den Verhandlungen beteiligt war. Dies verbessere den Gesundheitsschutz.

Der Vorschlag des Europaparlaments, auch so genannte Imitationsprodukte - wie Zigaretten aus Schokolade für Kinder - zu verbieten, fand im Rat keine Mehrheit. Die EU-Staaten argumentierten, dafür sei die EU nicht zuständig. Einige Mitgliedsländer haben solche „Imitationsprodukte“ bereits verboten, wie es die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt.

Die Unterhändler der EU-Staaten, des Europaparlaments und der Brüsseler Kommission vereinbarten außerdem, dass die sogenannte elektronische Zigarette nicht als Medikament eingestuft wird. Damit bleibt die in einigen EU-Staaten sehr verbreitete e-Zigarette, die eine nikotinhaltige Flüssigkeit verdampft, weiterhin nicht apothekenpflichtig.

Über einige Details konnte jedoch noch keine Einigung erzielt werden - etwa zu Vorschriften über die maximal zulässige Nikotin-Konzentration. Darüber wollen die Unterhändler am Mittwoch erneut diskutieren. Wenn sie keine Einigung erzielen, könnte es vorerst gar keine EU-Vorschriften zu diesen Produkten geben, deren Auswirkungen auf die Gesundheit noch weitgehend unbekannt sind.

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18 Kommentare

 / 
  • A
    Anne

    Mit diesen Maßnahmen werden Nichtraucher auch weiterhin nicht vor rücksichtslosen Rauchern geschützt.

    • F
      f.j.neffe
      @Anne:

      Aufgedrückte Schockbilder drücken zurück: actio = reactio

       

      Da ist die SUGGESTION und ihre Wirkung immer noch nicht verstanden. Wirkungen wirken immer im Kontext mit anderen Wirkungen. Wenn wir weiter so schludrig beobachten und Maßnahmen pi mal Daumen starten, müssen wir weiter damit rechnen, dass der Schuss nach hinten losgeht. Empfehle wieder mal COUÉ zum LERNEN, was SUGGESTION ist und wie sie wirkt.

      Franz Josef Neffe

  • N
    Nansy

    Wer raucht, schadet der Solidargemeinschaft, wer Alkohol trinkt auch, wer andere Drogen nimmt sowieso und wer zu dick ist liegt mit all seinem Gewicht den anderen auf der Tasche.

    So denkt und handelt die EU! Angebliche Gesundheitsgefährdungen Dritter, wie früher gern behauptet, spielen keine große Rolle mehr bei den hysterischen Gesundheitsdebatten und bei der Stigmatisierung aller, die sich ihnen nicht unterwerfen wollen. Schockbilder auf Zigarettenschachteln sind nur der Anfang der Umerziehungsmaßnahmen im Namen der totalen Gesundheit, und nicht das Ende. In Kanada hat man schon die ersten Entwürfe für Schockbilder auf Pizza-Schachteln vorgestellt und eine EU Alkoholbekämpfungsorganisation (Eurocare) hat bereits Schockfotos auf Alkoholflaschen gefordert.

    Und weil bei solchen „Gesundheitsaufklärungen“ im Hintergrund immer mit dem Tod gedroht wird, sind sie eine wunderbare Legitimation für autoritäre Politik. Es geht also weiter mit der Bevormundung und Umerziehung der Menschen.

  • D
    Dampfmück

    Hauptsache sie lassen schön die Finger von den e-Zigaretten! Das muss legal und frei bleiben, sonst fäll ich vom Glauben an jede EU BRD (was auch immer) Demokratie ab!

    Sollen sie doch Tabak verbieten, oder moralischerweise aufhören mit dem Elend Geld/Steuer en masse einzufahren.. ;) jo?! Eher nich, ne?!

    Schlimm

  • G
    gast

    Was macht der Staat ohne die Steuern der Raucher. Zuerst macht man die Menschen mit dem Tabak süchtig, aber wenn es um die Entwöhnung geht, will keiner was damit zu tun haben. Sich zu entwöhnen ist sehr sehr schwer, wie bei den Drogensüchtigen. Drogensüchtige sind Kranke für die es Entziehungskliniken gibt, Tabaksüchtige sind niemand, für die gibt es keine Entzugsbegleitung ????

    • @gast:

      "..Was macht der Staat ohne die Steuern der Raucher.." ?? Warum sollten Raucher keine Steuern zahlen?

      • G
        gast
        @lichtgestalt:

        Auch Raucher sollen natürlich Steuer zahlen, ich sprach nicht davon das Zigaretten steuerfrei sein sollten.

         

        Nur in keiner anderen Sparte hat der Staat die Steuern in so kurzer Zeit so drastisch erhöht. Also rauchen soll man nicht, wenn weniger Leute rauchen dann schlagen wir eben die Steuern drauf, weil der Staat mit der Tabaksteuer ebenfalls den Haushalt mitfinanzieren will. Das war damit gemeint.

        • @gast:

          Steuererhöhung bei Verbrauchsreduzierung wäre auch ein gutes System für die Besteuerung des motorisierten Individualverkehrs. Tempolimit auf Autobahnen auf 120 km/h und die Mineralölsteuer um 15 ct/ltr. anheben um die Reduktion durch Minderverbrauch auszugleichen.

           

          Herr Ramsauer wollte da nicht ran. Vllt. machts Herr Dobrind.

  • ...

    Angesichts dieses Aufwandes seitens der EU Tabakwaren mit Wahrnhinweisen zu versehen, wundert es mich doch etwas, warum immer noch keine Fleischprodukte mit entsprechenden Kennzeichnungen versehen werden - ist doch der Konsum von Fleisch nachweisbar nicht minder gefährlicher, als der von Zigaretten.

    • @...:

      besonders, wenn Sie ihr Steak "auf Lunge" rauchen...

      • G
        gast
        @lichtgestalt:

        von einer Lichtgestalt kommen doch sicher keine so boshaften Aussagen

        • @gast:

          Ich bin gelegentlich sarkastisch. "Wer sarkastisch wird, liebt das die Menschen und das Leben und wurde (manchmal) enttäuascht. Wer zynisch wird, hasst das Leben." (Zitat. VerfasserIn unbekannt)

          Gruß Pfff.Lichtgestalt

          • G
            gast
            @lichtgestalt:

            nicht nur Sie wurden enttäuscht, würde ich mich an Enttäuschungen messen, müsste ich sehr, sehr sarkastisch sein.

          • ...
            @lichtgestalt:

            Okay mit Lungenkrebs wird es schwer. Das gebe ich zu! Aber regelmäßiger Fleischkonsum kann diverse andere Krebsleiden + Infarkt, Schlaganfall und Diabetes hervorrufen. Warum also hier keine Kennzeichnungspflicht?

            • G
              gast
              @...:

              Warum nicht auch noch Schockbilder wo in den Nahrungsmitteln Gifte angewendet wurden, sodass immer mehr Menschen an immer mehr Krebsarten sterben müssen ?

               

              Das tut man natürlich nicht, lebt man doch bestens von Im - und Export.

               

              Wie wäre es mit Schockbildern auf jede Art von Waffen, würden sie doch zeigen wie entsetzlich die Menschen damit zugerichtet werden und getötet.

  • K
    Klarsteller

    Die EU gibt erst Ruhe, wenn sie alle soweit entmündigt hat, dass sie mit dem Schnuller im Mund sabbern.

    • @Klarsteller:

      Um Gotteswillen, das ich schlecht für die Zähne.