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Innenministerium widerspricht SchwesigExtremismusklausel soll doch bleiben

Zu früh gefreut: Familienministerin Manuela Schwesig will die Demokratieerklärung für Initiativen gegen Rechts streichen – doch das Innenministerium sieht das anders.

Ganz so leicht kann sie ihre Ziele nicht durchsetzen: Familienministerin Manuela Schwesig. Bild: dpa

BERLIN afp | Die umstrittene Extremismusklausel, die staatlich geförderten Initiativen gegen Rechts ein Bekenntnis zum Grundgesetz abverlangt, soll nach Angaben des Bundesinnenministeriums nicht gestrichen werden. „Es geht hier überhaupt nicht darum, irgendeine Demokratieerklärung abzuschaffen“, sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Montag in Berlin.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hatte sich am Wochenende erneut gegen die Klausel gewandt. Die Extremismusklausel war 2011 von der damaligen Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) eingeführt worden. Schwesig kritisierte in einem Interview mit der Welt: „Aus meiner Sicht treten wir als Bundesregierung mit dem Instrument der Extremismusklausel vielen ehrenamtlich Tätigen massiv auf die Füße.“ Sie sei deswegen mit de Maizière im Gespräch.

„Wir wollen zu einer Verwaltungspraxis kommen, die nicht alle Vereine und Verbände, die sich für Demokratie und Toleranz engagieren, unter Generalverdacht stellt“, sagte Schwesig. Bereits im Dezember hatte die Ministerin angekündigt, die Extremismusklausel „abschaffen“ zu wollen und so für Unmut beim Koalitionspartner CDU gesorgt.

Mit ihrer Ankündigung setze sie ein „falsches Signal“, erklärte der Sprecher der Unions-Innenminister, Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Landeschef Lorenz Caffier im Dezember. „Leider ist nicht jede Anti-Nazi-Initiative, nicht jeder Antifaschist zugleich ein Kämpfer für Freiheit und Demokratie.“

Bislang müssen sich Anti-Nazi-Initiativen schriftlich zur Verfassung bekennen, wenn sie staatliche Förderung bekommen wollen. Diese Klausel war von Schwesigs Vorgängerin Kristina Schröder (CDU) 2011 gegen massive Widerstände eingeführt worden. Das Ministerium vergibt einen Großteil der Bundesförderung für Initiativen gegen Extremismus. SPD, Linke und Grüne hatten die Klausel abgelehnt, betroffene Initiativen sahen sich unter Generalverdacht gestellt.

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26 Kommentare

 / 
  • Vielleicht sollte sich Herr Caffier (CDU) einmal überlegen, ob er nicht etwa mit seinen eigenen lauten Überlegungen selbst ein fatal falsches Signal genau in die Richtung setzt, von der sich die bisherige und nunmehr neue Regierung so engagiert halbherzig bemüht, sich zu distanzieren.

  • G
    Gustav

    Die Extremismusklausel

    ist sinnvoll und hat eine

    noch weitere Ausweitung von

    gewalttätigen Eskalationen

    gehemmt.

    Das Geld konnte sinnvoller eingesetzt werden, nämlich direkt für die Menschen, anstatt Extremisten mit Gegengewalt zu konfrontieren.

    Jedes Opfer von Ausschreitungen und sinnloser Gewalt ist eines zuviel.

    Gewalttätige Extremisten gegen Menschen zerstören die Glaubwürdigkeit, die ehrbaren Ziele und

    untergraben die Inhalte und

    eben die demokratische Diskurskultur! Wenn diese zerstört wird, weiß man ja wie tief es in der Vergangenheit abwärts noch führte!

    Gewalt und Terror sind kein Markenkern einer legitimen

    Partei!

  • R
    rasender

    Das Innenministerium hält zu seinen Nazis. Es geht nicht an, daß Eigengewächse wie der NSU von Demokraten bedroht werden.

  • „Leider ist nicht jede Anti-Nazi-Initiative, nicht jeder Antifaschist zugleich ein Kämpfer für Freiheit und Demokratie.“

     

    So so - aber diese Regierung hier (und woanders auch) ist also eine Kämpferin für Freiheit und Demokratie - oder wie soll ich das sehen!?

    • H
      Hans
      @Rossignol:

      Zumindest hat sie es die letzten Jahre häufig nicht geschaft, verfassungskonforme Gesetze zu beschließen (siehe BVerfG-Urteile) ^_^

  • HB
    Harald B.

    Ich kann es drehen und wenden wie man will: Warum sollen in Deutschland agierende Vereine oder Verbände, nicht die Anerkennung unseres GG unterschrieiben? (Das trifft auch auf die Muslimverrbäde zu.) Warum soll das ein Problem sein?

    • H
      Hans
      @Harald B.:

      S.u.

       

      Und warum sollten Verbände, die nicht mal Geld vom Staat beziehen wollen, dies noch tun. Sie tun es durch ihr dasein in Deutschland. Wer sich nicht an das Grundgesetz hält, muss halt von der Judikative gemaßregelt werden.

  • B
    BM

    Interessant ist, das in dieser Debatte immer so getan wird als gehe es um die Legalität oder das Existenzrecht besagter Gruppen, welches der Staat ihnen streitig machen wolle. Dabei sind sie doch die jenigen die etwas vom Staat wollen: nämlich Geld. Da kann man doch schon gewisse Zugeständnisse verlangen, andernfalls steht es besagten Organisationen ja frei sich selbst zu finanzieren.

    • H
      Hans
      @BM:

      Ja, und warum gibt ihnen der Staat Geld? Weil er die Initiativen braucht! Sie tun teilweise Dinge, die eigentlich auch der Staat tun könnte, sich jedoch nicht drum kümmern möchte, weil er die Menschen, die die Arbeit tätigen sonst nach TVÖD bezahlen müsste.

       

      Der Staat macht das nicht aus Mildtätigkeit. Er will nur die politisch (links) arbeitenden Initiativen raus haben, weil es grad nicht zum Paradigma passt.

  • FC
    Für Courage und Engagement

    1. Die Bundesregierung muss auch ohne "Extremismusklausel" verfassungsfeindliche Organisationen und Personen nicht unterstützen.

     

    2. Die "Extremismusklausel" stellt alle Initiativen unter Generalverdacht, verfassungsfeindlich zu sein.

     

    3. Sollen laut "Extremismusklausel" alle Initiativen in die Pflicht genommen werden, ihre Partner zu überprüfen, ob sie verfassungsfeindlich seien. Ein unmögliches und sinnloses, rechtlich völlig unbestimmtes und in der Praxis schädliches Unterfangen.

     

    Allein deshalb ist die "Extremismusklausel" abzulehnen.

     

    Des Weiteren sind die "Initiativen gegen Rechts" von den Befürwortern der Klausel (Frau Schröder und co) und den Behörden so gut wie vollkommen unwirksam. (Bestenfalls) Realitätsferne bei Klausel wie beim Kampf gegen Rechts.

    Und außerdem ist die "Extremismustheorie" ("Hufeisen"/"Kreis") unwissenschaftlich.

    • P
      Pandaa
      @Für Courage und Engagement:

      Bringt alles auf den Punkt!! ;)

  • D
    D.J.

    @Gollum,

     

    ich teile Ihre Bedenken hinsichtlich der erweitereten Klausel (auch eigene Partner prüfen). Diesen Satz halte ich jedoch für beschämend:

     

    "ein albernes "Bekenntnis" von den Geldnehmern zu fordern."

     

    "Albern", das sagten auch die Extremisten in der Weimarer Republik zu ihrer Verfassung. Mit dem bekannten Ergebnis. Nehme aber an, dass es bei Ihnen nur eine unbedachte Wortwahl ist.

    • G
      Gollum
      @D.J.:

      Oh doch, ein solches Bekenntnis ist albern, denn

       

      1) ist damit keineswegs ausgesagt das GG sei albern, sondern das Bekenntnis dazu.

      2) ist Bekenntnis eine Glaubens-Kategorie und keine Politische. Es ist mir ehrlich gesagt schnuppe, ob jemand religiöse Gefühle für das GG hegt.

      3) Ich halte es nicht für ausgemacht, dass unsere parlamentarische Demokratie der Weisheit letzter Schluss ist. Ehrlich gesagt, halte ich ein Menschenbild, das die BRD für die höchste mögliche Form eines friedlichen und solidarischen menschlichen Miteinander hält, für beängstigend.

      4) Die Weimarer Republik ist bei weitem nicht nur an der mangelnden Akzeptanz seiner Verfassung gescheitert. Es war ein Aspekt, aber daraus den Schluss zu ziehen, dass ein politisch-demokratisches System sich nie wieder in Frag stellen darf, ist nicht angemessen.

      5) Ein Bekenntnis zum GG ist ein politisches Kampfinstrument ohne Wert. Wenn denjenigen, die die Macht, etwas im GG nicht passt, ist das Bekenntnis schnell vergessen. Keine Partei hat das GG öfter "angepasst" als die CDU. Meine Begeisterung, mich zum GG zu "bekennen" hat keine der Anpassungen gesteigert.

  • Die aktuell größten Verfassungsfeinde,

     

    - die gerade die Totalüberwachung einführen wollen,

    - Snowden bis ins Surreale ignorieren

    - dem totalitären Gebaren der NSA so gar nicht entgegensetzten. Und DAS ist derzeit die größte Bedrohung für unsere semi-Demokratie

     

    ... sitzen im Kanzleramt bzw. in ihren breiten Sesseln in der SPD Zentrale.

     

    Aber immer schön drauf achten, ob irgendeine Anti-Nazi-Initiative nicht irgendwo, irgendwie ein bisschen zu links ist... geschicktes Manöver.

     

    Für alle was-daran-so-schwer-ist Frager:

     

    Der Generalverdacht. Das ist daran so schwer. (Und da sind wir auch shcon wider bei der SPDCDU-Totalüberwachung, wie wohl bald beschlossen wird...)

  • G
    Gollum

    Da die Klausel auf der unlogischen, unwissenschaftlichen und rein auf ideologischen Schwarz-Weiß-Konstrukten beruhenden sogenannten "Extremismustheorie", sozusagen dem politischen Arm der pseudowissenschaftlichen "Totalitarismustheorie" (die, nebenbei bemerkt, nichts mehr mit dem Totalitarimusbegriff von Hannah Arendt zu tun haben, auch wenn ihre Apologeten das gerne von sich behaupten) beruht, kann ja nur Stuss bei rauskommen. Wenn die Klausel sich wenigstens darauf beschränken würde, ein albernes "Bekenntnis" von den Geldnehmern zu fordern, wäre der Schaden ja noch begrenzt. Was aber tatsächlich den größten Schaden anrichtet, ist die Verpflichtung, auch sämtliche Partner auf ihre "Verfassungstreue" zu überprüfen. Dieser Zusatz ist so eindeutig selber Stasi 2.0, dass sein totalitärer Gehalt eigentlich vernünftig nicht zu leugnen ist. Damit wird der vorgebliche theoretische Unterbau bei Hannah Arendt endgültig ad absurdum geführt. Totalitär kann jede Idee werden, solange man sie nur für uneingeschränkt wahr hält: Auch wenn diese sich anti-totalitär nennt.

  • „Aus meiner Sicht treten wir als Bundesregierung mit dem Instrument der Extremismusklausel vielen ehrenamtlich Tätigen massiv auf die Füße.“

     

    Warum? Auch Ehrenamtliche sollten doch wohl kein Problem damit haben, sich zu Verfassung und Grundgesetz zu bekennen.

    • H
      Hans
      @Irene Reindl:

      Wieso sollten Sie es tun? Wird nicht angenommen, dass Sie sich ans Gesetzt halten? Oder stellen wir Sie unter Generalverdacht und warten, bis sie formalistisch dieses gesetzlich schon festgeschriebene erklären?

       

      Wenn Initiativen sich verfassuns-/demokratiefeindlich verhalten ist es Sache des Innenministeriums und zuständiger Informationsdienste, dieses zu dokumentieren und entsprechend zu agieren.

  • N
    nihi.list

    Und was ist nun so schlimm daran, wenn man Unterschreiben soll, dass man auf dem Boden des Grundgesetzes steht?

    Aus dem Artikel erschließt sich mir das jedenfalls nicht.

    • H
      Hans
      @nihi.list:

      Generalverdacht?

      Wieso sollten die Insitutionen dies nicht sein? Die werden eh überprüft, bevor man denen Geld gibt.

  • H
    Horst

    Frau Familienmisterin möchte also verfassungs- und demokratiefeindliche Vereine und Organisationen stattlich fördern, solange sie nur schön gegen Nazi's wettern und demonstrieren?!? Na ja, solange die Bundesregierung selbst straffrei gegen die Verfassung und ihre Amtseide agiert, warum nicht!

    • H
      Hans
      @Horst:

      Trollige Argumentation. Also sind alle, die kein schriftliches Bekenntnis auf das Grundgesetz leisten ihrer Meinung nach verfassung-/demokratiefeindlich?

       

      Haben Sie denn schon unterschrieben?

  • SI
    Skandal im Bundestag

    Ein Bekenntnis zur Demokratie und den wesentlichen Bestandteilen des Grundgesetzes - is ja voll Nazi, eh.

    • H
      Hans
      @Skandal im Bundestag:

      Das Verlangen eines Demokratiebekenntnisses stellt Initiativen unter generalverdacht, was undemokratisch ist. Zudem stellt es für die Vereine einen erheblichen Aufwand (Kosten). Und was bringt dieses Bekenntnis?

    • FI
      Fortschritt in der Gesellschaft
      @Skandal im Bundestag:

      Keine Regierung wie Schwarz-Geld (oh tatsächlich verschrieben, meinte: Schwarz-Gelb) hat so oft gegen wesentliche Bestandteile des Grundgesetz verstoßen.

      Und wie war das noch gleich mit Hans Globke, Theodor Oberländer, Hans Filbinger, Hanns Martin Schleyer, Reinhard Gehlen...

      Die Entnazifizierung war wie beim Beispiel: NSU und deutsche Geheimdienste (VS, BND, MAD), Polizei ("KKK"), Medien ("Bild") und Politik (mind. einige Innenministerien) zu sehen ist, nicht ganz erfolgreich.

      Das Grundgesetz endlich zu verwirklichen (Würde des Menschen, freie Entfaltung der Persönlichkeit,...) steht im Gegensatz zu "Extremismusklauseln" auf der Tagesordnung!

  • S
    SPASSVOGEL

    Blondie wird hoffentlich auch in Zukunft noch oft eingefangen und wieder zurück auf den Teppich gebracht werden. Es sollte ihr nicht ermöglicht werden, ihre Amtszeit vorwiegend mit Werbeveranstaltungen für potentielle SPD-Wähler zu verbringen.

     

    "Leider ist nicht jede Anti-Nazi-Initiative, nicht jeder Antifaschist zugleich ein Kämpfer für Freiheit und Demokratie." - Wie wahr! Wer es nicht glaubt, lese in den TAZ-Foren und lasse sich dadurch eines Besseren belehren.

    • GF
      Gegen... Für Menschlichkeit
      @SPASSVOGEL:

      Ok, meine erste Antwort war wohl zu heftig. Versuch ich's so...

       

      "Blondie wird hoffentlich auch in Zukunft noch oft eingefangen und wieder zurück auf den Teppich gebracht werden."

       

      Die Frau heißt Manuela Schwesig und ist Bundesministerin.

      Ich vermute, Sie kommen aus einer bestimmten politischen Ecke.

      Erstens, schreiben Sie Ihren Beitrag so, als sei die Ministerin ein Tier, z.B. Hund. Das taten und tun Anhänger einer bestimmten Ideologie.

      Zweitens, recht bekannt - vergab schon ein Herr mit Seitenscheitel und Bart den Namen Blondi(e). In dem Fall gab er ihn an einen Hund. (Ihr Vorbild?)

       

      Auch wenn Sie nicht politisch die selbe Ideologie vertreten sollten, "kulturell" ist das die gleiche Ecke.