Verschreibungspflicht für „Pille danach“: Gesundheitsminister gegen Freigabe
Bei ungewollter Schwangerschaft fragen Sie Ihren Arzt: Hermann Gröhe ist gegen die Aufhebung der Rezeptpflicht für die „Pille danach“, anders als der Sachverständigenausschuss.
BERLIN afp | Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) lehnt eine Freigabe der „Pille danach“ ab. Der Minister wirbt in einem Interview mit der Welt am Sonntag für einen „zügigen, diskriminierungsfreien Zugang“ zu dem Verhütungsmittel und für „gute Beratung“. Das sei „am besten gewährleistet, wenn es bei der Verschreibungspflicht bleibt“, sagte Gröhe.
Damit folgt der Minister nicht dem zuständigen Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht, der die Aufhebung der Rezeptpflicht empfiehlt. Am kommenden Donnerstag soll sich der Bundestag mit dem Thema befassen.
Gröhe warnte vor einer „Debatte mit Schaum vor dem Mund“: Es handele sich nicht um eine „Abtreibungspille“. Es gehe weder darum, vermeintlichen Sittenverfall zu bekämpfen noch darum, die Selbstbestimmung von Frauen einzuschränken. „Es geht darum, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und die Frauengesundheit bestmöglich zusammenzubringen“, sagte er.
Gröhe wies darauf hin, dass der Wirkstoff der „Pille danach“ in Einzelfällen auch schwerere Nebenwirkungen habe könne. „Und wir können in Deutschland eine zügige ärztliche Beratung ermöglichen – meist innerhalb weniger Stunden“, fügte er hinzu. Die Verschreibung ermögliche ein Beratungsgespräch, das in der vertraulichen Atmosphäre einer Praxis erfolge und der Schweigepflicht unterliege.
Ein Gremium von Arzneimittelexperten am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatten zuvor empfohlen, die Verschreibungspflicht für das Präparat auf Basis des Wirkstoffes Levonorgestrel aufzuheben. Es kann eine Schwangerschaft verhindern, wenn es bis spätestens 72 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen wird. Der Bundesrat hatte bereits im November dafür gestimmt, die Verschreibungspflicht für Levonorgestrel aufzuheben.
Leser*innenkommentare
Bitbändiger
Ich war ja schon hinreichend erschrocken, dass einer, der seinen geistigen Rahmen in seiner bisherigen Tätigkeit anschaulich zur Schau gestellt hat, so leichthin als ministrabel erachtet worden ist - noch dazu in einem Ressort, in dem dringender Handlungsbedarf besteht.
Herrn Gröhe ist es gelungen, meine Erwartungen zu übertreffen, sei es mit seiner Ankündigung zur Erschwerung der Sterbehilfe oder jetzt mit diesem Thema.
Dass der Herr Minister ernsthaft zu glauben scheint, Verschreibungspflicht führe zu intensiver ärztlicher Beratung und Aufklärung über Neben- und Wechselwirkungen, ist eine besondere Pointe.
gast
Gast
Ich bin männlich und von der Problematik nicht persönlich betroffen. Trotzdem frage ich mich, warum bei solchen Themen Männer überhaupt entscheiden dürfen? Öffentlichkeitswirksam plustert man sich wegen nicht erreichter Quoten auf, aber in Belangen, die wirklich nur Frauen etwas angehen, regiert weiterhin munter das Patriarchat.
Kawabunga
Gast
Herr Gröhe und der Sprecher der kassenärztlichen Bundesvereinigung (wenn ich mich recht erinnere) fordern, die "Pille danach" nicht von der Rezeptflicht zu befreien, weil ja "gute Beratung" wichtig sei.
Interessant, die beiden Male die ich meine jeweils aktuelle Freundin zwecks "Pille danach" zu verschiedenen Frauenärzten begleitet habe, gab es keine spezielle Beratung. Nur allgemeine Verhütungshinweise und eine Anleitung, wie die Pille(n) einzunehmen seien. Und anders ist mir das auch nicht bekannt von anderen Menschen, mit denen ich dieses Thema besprochen habe.
Also, was soll uns hier weisgemacht werden?
noevil
Toll wie christlich manche schwarzen Politiker werden, wenn sich Fragen um Machterhalt und Moral da treffen, wo man mit Emotionen nach Wählerstimmen fischen kann.
APOKALYPTIKER
Wen wundert das ? Gröhe - der anerkannte Experte für alles TIEF SCHWARZE , will sagen : CHRISTDEMOKRATISCH Katholische . Oder auch : Bräsig-Provinziell-Vorgestrige .
Jaideen
Gast
Immer wieder amüsant, wie Minister so tun als hätten sie Ahnung von der Materie und wären nicht fast durch die Bank weg Juristen. Soso, die Pille danach kann also in Einzelfällen schwere Nebenwirkungen zeigen. Uiuiui. Also wie bei jedem anderen Medikament und Erdnüssen?
Doro
Gast
Nächster Österreich-Urlaub: Vorsorglich mit der „Pille danach“ eindecken, dort ist sie nämlich in Apotheken rezeptfrei erhältlich. Es handelt sich um das Präparat „Vikela“, das in Österreich von Sanova Pharma vertrieben wird.