Aufklärung der NSU-Morde: Innenministerium will abhaken

Lange gesucht, nichts gefunden: Zumindest das Landeskriminalamt Baden-Württemberg hat keine neuen Erkenntnisse zum Terror-Trio.

Bei der Beerdigung der vom NSU ermordeten Michèle Kiesewetter. Bild: dpa

STUTTGART taz | Heilbronn, April 2007: Die Polizistin Michèle Kiesewetter wird hinterrücks im Streifenwagen erschossen. Mutmaßlicher Täter: Uwe Mundlos, ein Mitglied des NSU. Warum tötete das Trio in Baden-Württemberg, wer half den dreien dabei?

Bis zu 19 Ermittler des Landeskriminalamts haben ein Jahr lang das Umfeld des NSU in Baden-Württemberg durchleuchtet. Am Mittwoch stellte Innenminister Reinhold Gall (SPD) in Stuttgart den Abschlussbericht vor. Er entlastet die Ermittler, denen im Zusammenhang mit dem NSU Blindheit auf dem rechten Auge vorgeworfen worden war.

Im Bericht heißt es, Kiesewetter sei ein Zufallsopfer gewesen, ortskundige Dritte hätten nichts mit ihrer Ermordung zu tun. Ein Netzwerk, das das Trio im Untergrund unterstützt haben könnte, habe es in Baden-Württemberg nicht gegeben

Laut Bericht hatte das Trio gute Kontakte nach Ludwigsburg, mindestens achtmal waren Beate Zschäpe und die beiden Männer in wechselnder Konstellation dort zu Besuch. Die Arbeit der Ermittlergruppe (EG) Umfeld ist allerdings noch nicht ganz erledigt. 30 von 180 Spuren sind laut Abschlussbericht noch nicht ausgewertet, 30 von 260 Befragungen und Auswertungen stehen demnach noch aus.

Untersuchungsausschuss wird unwahrscheinlich

Ein NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg wird nach diesem Bericht aber eher unwahrscheinlich. CDU-Innenexperte Thomas Blenke sagt: „Ich sehe, Stand heute, nicht, wo ein weiterer Erkenntnisgewinn liegen sollte.“ Der SPD-Politiker Sascha Binder sagt: „Es sind keine weiteren Fehler der Polizei herausgekommen. Das ist positiv.“

Innenminister Gall hat nach eigenen Angaben mit seinen Behörden Lehren aus dem NSU-Debakel gezogen: So fehle bundesweit ein Austausch. Er sagte: „Puzzleteile aus dem Norden und aus dem Süden müssen künftig zusammengebracht werden.“ Zudem würden künftig E-Mail-Konten nach Kapitalverbrechen standardmäßig überprüft. Das war bei Kiesewetter offenbar versäumt worden.

Grünen-Landesvorsitzender Oliver Hildenbrand erkennt im Bericht „den Aufklärungswillen des Innenministers“. Hildenbrand will mit seiner Partei diskutieren, ob noch weitere Aufklärung nötig sei. Er sagte, der „Blick von außen“ könne hilfreich sein, also der von Parlamentariern statt einzig der von Ermittlern.

Jusos, Junge Grüne und Linke fordern einen Untersuchungsausschuss für Baden-Württemberg. Bayern, Sachsen und Thüringen haben sich in Untersuchungsausschüssen mit dem NSU beschäftigt. Der Ermittlungsfokus zum NSU lag aber auch auf Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Beide Länder haben keinen NSU-Untersuchungsausschuss.

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