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Neue Vorwürfe gegen ErdoganHandgreiflich und antisemitisch?

„Was fliehst du, Israel-Samen?“ So soll der türkische Ministerpräsdent Erdogan einen Demonstranten angeblafft haben.

Erdogan bei den Bürgern von Soma. Dazwischen jede Menge Polizei und Militär. Bild: ap

BERLIN taz | Während die internationalen Medien noch über die Prügelattacke von Erdogan-Berater Yusuf Yerkel reden, beschäftigt seit Donnerstagabend eine neue Frage die türkische (Netz-)Öffentlichkeit: Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan soll gegen einen Bürger handgreiflich geworden sein und ihn dabei antisemitisch beschimpft haben: „Was fliehst du, Israel-Samen?“ soll er gerufen haben.

Bei seinem Besuch in der Unglücksstadt Soma am Mittwochnachmittag war Erdogan von wütenden Bürgern empfangen worden. Trotz eines immensen Aufgebots an Polizei und Gendarmarie kam es dabei zu Tumulten, Erdogan und seine Entourage mussten zwischendurch in einen Supermarkt fliehen.

Vor dem Supermarkt kam es zu einem Handgemenge. Auf einem zunächst von der Tageszeitung Hürriyet verbreiteten Video ist zu erahnen, dass Erdogan einem Bürger eine Ohrfeige gibt. Auf dem neuen Video, das kurz nach dieser Situation entstanden sein muss, geht Erdogan auf einen Mann zu. Es ist laut, Erdogans Stimme ist zu erkennen. Ob wirklich die Worte „Was fliehst du, Israel-Samen?“ fallen, ist auf dem Video nicht eindeutig zu verstehen.

Verbreitet wurde die Meldung zunächst von der Tageszeitung Sol. Inzwischen hat die auflagenstarke rechtskemalistische Zeitung Sözcü eine bearbeitete Version des Videos ins Netz gestellt, auf dem die Tonaufnahme verlangsamt wird. Eindeutig zu verstehen ist der Wortlaut auch hier nicht. Bei einem Ranking der am meisten vertrauenswürdigen Zeitungen in der Türkei schnitten diese beiden Blätter wohl nicht am besten ab.

Nachrichten

Laut Energieminister Taner Yildiz sollen sich noch maximal 18 Bergleute in dem verwüsteten Kohlebergwerk in Soma befinden. Der Minister deutete mit seinen Äußerungen an, dass die Behörden nicht erwarten, noch Überlebende in der Mine im Westen des Landes zu finden. Dort hatten sich am Dienstag eine Explosion ereignet, der ein Feuer folgte. Bislang wurden 284 Tote bestätigt.

Ein Berater des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat sich für Tritte auf einen am Boden liegenden Demonstranten entschuldigt. „Der Zwischenfall am Mittwoch in Soma tut mir sehr leid", zitierten türkische Medien am Freitag eine Erklärung von Yusuf Yerkel. Wegen „Provokationen, Beleidigungen und Angriffen“ habe er die Selbstbeherrschung verloren, erklärte Yerkel. (afp,dpa)

Es gibt allerdings auch AKP-Kritiker, die Erdogan eine solche Bemerkung durchaus zutrauen, aber nicht glauben, dass sie auf diesem Video zu hören ist. Auf Twitter ist die Empörung groß. Doch nicht alle Gegner der AKP empören sich über Erdogans mutmaßlichen Antisemtismus. Manche drehen den Vorwurf einfach um: Erdogan sei selber ein „Israel-Samen“.

Beim Gezi-Aufstand im vergangenen Jahr hatte Erdogan mehrfach die „Finanzlobby“ und „ausländische Kräfte“ beschuldigt, die Proteste angezettelt zu haben. Viele Kritiker hatten in diesen Vorwürfen eine antisemitische Codierung erkannt, zumal Erdogans Stellvertreter Beşir Atalay in diesem Zusammenhang ausdrücklich von der „jüdischen Diaspora“ sprach.

Vor drei Jahren hatte Erdogan in einem Interview gesagt: „Was hat man nicht alles über uns gesagt – wir seien Juden, Armenier oder – bitte entschuldigen Sie dieses Wort – Griechen.“ Derlei Tiraden sind auch in der AKP-nahen Presse immer wieder zu vernehmen. Allerdings findet man den Antisemitismus nicht exklusiv bei Anhängern der AKP. Vor ein paar Jahren landete ein säkular-nationalistischer Autor einen Bestseller mit einem wirren Buch und einer einzigen Aussage: Erdogan und seine Ehefrau seien jüdischer Herkunft.

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5 Kommentare

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  • Herr Yücel,

     

    nach diesem Artikel bestätigen Sie meine Zweifel, dass Sie der türkischen Sprache nicht mächtig sind, denn der Satz, den nicht deutlich vernommen haben sollen, kann man deutlich vernehmen, wenn man das dazugehörige Video aufmerksam betrachtet.

    Was Sie mit "rechtskemalistisch" meinen, erschließt mir nicht, das ist so wie der Begriff "sogenannte", den Sie letztens gegeiselt haben.

     

    Anfangs habe ich Ihre Kommentare gern gelesen, weil Sie scharfsinnig waren und dadurch sich von anderem Käse unterschieden, nun sind Sie Teil der Einheitsmedien geworden.

    Die Äußerung von Erdogan ist eindeutig und unzweifelhaft antisemitisch.

    Da brauchen Sie auf Sözcü nicht zu reiten.

  • 1G
    1393 (Profil gelöscht)

    Naja, ein wenig Differenzierung würde dem Artikel zu etwas Niveau verhelfen.

     

    "antisemitisch beschimpft haben: „Was fliehst du, Israel-Samen?“

     

    Was daran antisemitisch sein soll, ist mit Logik kaum zu erklären. Einzig die Absicht, unrational und propagandistisch Kritik/Verachtung gegen (vom IGH 2004 als solche benannte&dokumentierte) Israelische Menschenrechtsverbrechen als "Antisemitismus" zu brandmarken, ist diesbezüglich logisch.

     

    Natürlich ist so ein Verbrecher und faschistischer Führer wie Erdogan keiner, der zu solcher Kritik berechtigt ist. Auch der Umstand, dass diese "ausländischen" Kräfte mit sicherheit keine Illusion sind und Beispielsweise sich durch die Verleumdungsliste des SWC leicht belegen lassen. Hier wird Erdogan aufgrungd einer falschen Übersetzung

     

    www.wiesenthal.com/atf/cf/%7B54d385e6-f1b9-4e9f-8e94-890c3e6dd277%7D/TOP-TEN-SLURS_2011-FINAL_2.PDF

     

    genauso wie Augstein ein Jahr später Opfer dieser "ausländischen Kräfte", die mit Lügen unVerleumdungen die Verbrechen Israels an den Palästinensern zu schützen suchen.

     

    Es sollte also bitte getrennt werden, wer was wann genau gesagt hat und bitte nicht so getan werden, dass es diese "ausländischen Kräfte" nicht gäbe, obwohl der Einsdatz der AIPAC oder Anti Defamation League zugunsten Israelischer Menschenrechtsverbrechen wohlbekannt sind.

    www.youtube.com/watch?v=8zrpD_FFHvQ

     

    Erdogan ist ein übler Verbrecher, und isrtaelische Regierungen sind noch verbrecherischer, wie schon bemerkt, dokumentiert durch das für unsverbindliche Rechtsorgan IGH

    www.icj-cij.org/docket/files/131/1677.pdf

     

    Wenn man versucht, die einen Verbrecher zugunsten der anderen anzuklagen, ist das nicht sehr hilfreich.

  • Der Diktator... http://tinyurl.com/p7se3yk

  • Schon erstaunlich,was sich die Bevölkerung in Teilen Europas alles bieten lässt,welches Verständnis von Regierung wieder salonfähig geworden ist.

    Da kann man nur hoffen,dass die Äußerungen Erdogans zur Bergwerkskatastrophe der Tropfen sein könnten,der das Faß der Empörung zum überlaufen bringt.

  • D
    D.J.

    Machen wir und nichts vor, Deniz Yücel. Es wird auch hier wieder Dummköpfe geben, die "Israel-Samen" für "berechtige Kritik an völkerrechtswidriger Besatzungspolitik " halten.

     

    Was Erdogan betrifft, hielt ich mich mit Kritik an ihm bis vor einiger Zeit zurück - zu unappetitlich-ultranationalistisch erscheinen mir manche Alternativen. Mitlerweile scheint er aber ein bedenkliches psychisches Problem zu haben. Bereits Caesarenwahn?

    Wie dem auch sei, das Bedenklich ist, dass viele Verhaltensweisen, die wir als peinlich bis lächerlich empfinden, beim Wahlvolk gut ankommen. Halt so ein "richtiger Kerl". Auch bei Putin zu betrachten.