Die Nationalelf vorm letzten WM-Test: Warten auf Rückenwind

Joachim Löw befindet sich vor dem Spiel gegen Armenien schon im WM-Tunnel. Verletzungssorgen und Stürmerdiskussionen lächelt er weg.

Lächeln ein, Alltag aus: Joachim Löw im WM-Tunnel Bild: dpa

FRANKFURT/MAIN taz | Irgendwann verspürte Joachim Löw keine Lust mehr, im Halbschatten am dunkelroten Türrahmen zu warten. Im Sepp-Herberger-Raum der DFB-Zentrale referierte Teammanager Oliver Bierhoff gerade noch über die sozialen Projekte, die im Umfeld des deutschen WM-Quartiers auf den Weg gebracht werden, als es den Bundestrainer bereits in die erste Reihe zog.

Und seine kurz darauf vorgebrachte Botschaft reichte auch über den gesellschaftlichen Nutzen des elften Benefiz-Länderspiels in der DFB-Geschichte hinaus, wenn am Freitag aus der WM-Generalprobe gegen Armenien in Mainz (20.45 Uhr/live ZDF) eine stolze Einnahme von 4,5 Millionen Euro an vier Stiftungen unter DFB- und DFL-Obhut weitergeleitet wird. „Wir wollen uns mit einem Sieg, einem guten Spiel und einem Lächeln verabschieden“, gab Löw am gläsernen Stehtisch zu Protokoll.

Die Partie im mit 27.000 Zuschauern ausverkauften Stadion am Mainzer Europakreisel soll dazu dienen, „mit Rückenwind nach Brasilien zu fliegen“. Am Samstag um 22 Uhr hebt vom Frankfurter Airport der Tross der DFB-Auswahl ab, um in aller Herrgottsfrühe in Salvador de Bahia zu landen, von wo es dann im Bus weiter Richtung Porto Seguro geht. Im „Campo Bahia“, der dann doch noch pünktlich fertiggestellten Unterkunft, erfolgt dann der finale Feinschliff fürs erste WM-Gruppenspiel am 16. Juni gegen Portugal in Salvador.

Löws Versprechen: „Wenn es losgeht, werden wir den Turbo zünden.“ Der 54-Jährige hinterließ am Donnerstag im Frankfurter Stadtwald – seine Spieler versammelten sich zeitgleich am Mainzer Rheinufer in einer Luxusherberge – einen recht fokussierten Eindruck. In den „WM-Tunnel“, von dem Gefährte Bierhoff gesprochen hatte, sei Löw längst abgetaucht.

Keine Aussage zu WM-Zielen

Bestes Indiz: Die Nachfragen, welche Messlatte er für sein viertes Turnier als Chefcoach anlege und ob er denn wirklich seinen bis 2016 verlängerten Arbeitsvertrag erfüllte, blockte der Badener ab. „Wenn wir in der Vorrunde ausscheiden, ist es wohl notwendig, dass es eine Veränderung gibt“, ließ sich Löw zwar entlocken, machte aber im gleichen Atemzug glauben, dass ihn Negativszenarien nicht beschäftigen würden. „Wir sind konkurrenzfähig. Wir dürfen bei allem Ehrgeiz den Spaß nicht verlieren.“

Leicht gesagt bei so vielen Unpässlichkeiten von wichtigen Leistungsträgern. Löw wollte dann auch nicht verraten, ob Kapitän Philipp Lahm und Mittelfeldchef Bastian Schweinsteiger gegen Armenien in der Startelf stehen. Nur so viel: „Sie werden Einsatzzeiten bekommen.“ Für beide in Südtirol nur im Schmalspurprogramm belasteten Münchner wäre es allerhöchste Zeit – vor allem dem angeschlagenen Schweinsteiger würde ansonsten Spielpraxis fehlen.

Drittes Sorgenkind aus der Bayern-Abordnung bleibt Manuel Neuer. Ein Gespräch zwischen Nationaltorwart und Bundestrainer brachte am Mittwochabend die Gewissheit, dass ein Einsatz heute gegen die konterstarken Armenier um den Dortmunder Henrikh Mkhitaryan keinen Sinn ergeben würde. „Er hat noch nicht torwartspezifisch trainiert, das Risiko wäre zu groß“, sagte Löw. Der 28-Jährige wird erneut von Roman Weidenfeller (Borussia Dortmund) vertreten.

Keine Sorge um Neuer

Dennoch bestehe in der Causa Neuer, dessen rechte Schulter seit dem Pokalfinale lädiert ist, kein Grund zur übertriebener Sorge; das hat zumindest Doc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt versichert. „Für das erste Spiel gegen Portugal gibt es überhaupt kein Problem“, erklärte Löw. Schon beim ersten Üben auf dem nur 800 Meter vom DFB-Camp gelegenen Trainingsplatz werde Neuer sich auf den Boden werfen und durch die Lüfte fliegen können.

Generell herrscht für Löws Verständnis ein bisschen zu viel Unruhe. Beinahe amüsiert verfolge er, welche Meinungen sich zuletzt um die „falsche und richtige Neun“ gebildet hätten. Sodann holte er mal etwas weiter aus: „Wir haben genug Leute, die im Sturm spielen können.“ Die Herren Schürrle, Reus, Podolski, Müller oder Klose seien „alles Stürmer, die den Abschluss suchen“. Das Angriffsspiel habe sich verändert, „der Typ, der nur steht und wartet, wird keine Chance haben, sich in Szene zu setzen.“

Die Debatte registriere er zwar, „aber wenn ich die mit ins Gepäck nehme, müssten wir viel fürs Übergepäck bezahlen“. Dann setzte Löw jenes Lächeln auf, mit dem er gern nach Brasilien und zurück jetten würde.

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