Gipfel gegen sexuelle Gewalt: Konfrontation mit der Angst

Bei der Eröffnung des Weltgipfels gegen sexuelle Gewalt in Konfliktgebieten sind Aktivistinnen mindestens genauso wichtig wie Politiker.

Die Schauspielerin und UN-Sonderbeauftragte Angelina Jolie bei der Eröffnung des Gipfels. Bild: reuters

LONDON taz | Ein riesiges abstürzendes weißes Flugzeug des Künstlers Charming Baker dominiert den riesigen Ausstellungssaal des Londoner Weltgipfels zur Eliminierung sexueller Gewalt gegen Frauen in Konfliktzonen. Davor stehen vier Frauenstatuen, zwei weiß, zwei schwarz, mit Gesichtsmasken, die beim genauen Hinsehen Cockpits von Flugzeugen sind. Das Thema: Angstkonfrontation. Überall im Saal gibt es Porträts von Frauen, manche leidend, manche lächelnd, alle mit der Botschaft, dass ihr Leben zählt und dass sie nicht nur überlebt, sondern ihre Botschaft nach London getragen haben.

In diesem Saal des Londoner Konfernzzentrums Excel, wo rund 50 Organisationen aus aller Welt ihre Stände aufgebaut haben, eröffnete am Dienstagmorgen der britische Außenminister William Hague zusammen mit der Schauspielern und UN-Sonderbeauftragten Angelina Jolie das bisher größte internationale Treffen zum Kampf gegen sexuelle Gewalt in Kriegsgebieten. Die öffentlich auftretenden Aktivisten werden dabei eine mindestens genauso große Rolle spielen wie die Regierungsdelegationen. Der Gipfel müsse mehr sein als ein Ministertreffen, so Hague: „Er muss das Stigma von den Opfern auf die Täter schieben. Wenn alle auf der Welt in dieselbe Richtung ziehen, können wir viel erreichen.“

Angelina Jolie sprach von ihren Treffen mit Überlebenden sexueller Gewalt. „Sie sind Menschen wie wir, die in Flüchtlingslagern oder dunklen Straßenecken leben“, sagte sie. In Konfliktzonen sei sexuelle Gewalt besonders durch Verleugnung und Schweigen der Betroffenen gekennzeichnet. Das müsse ein Ende finden. Eine ihrer Forderungen: präventives Training zu sexueller Gewalt in das Training jeder Armee integrieren.

Manche der Zuhörerinnen haben viel grundsätzliche Wünsche. Hima Ali Adan, im traditionellen somalischen Gewand gekleidet, leitet die Gruppe „Save Somali Women and Children in Mogadishu“. Ihre Hoffnung: das Ende der Gewalt gegen Frauen. Einer ihrer eigenen Maßnahmen: abschließbare Behausungen in Flüchtlingslagern.

Scham, ein Mann zu sein

Michelle Moleney-Kitts leitet eine Organisation namens „Together For Girls“, die vor allem das Ausmaß von Gewalt gegen Mädchen dokumentiert und publik macht. Sie betreibt hier eine Fotoausstellung. Noch nie hat sie so ein großes Treffen erlebt, freut sie sich: „Ich hoffe, dass Maßnahmen wie unsere von den verschiedenen Ländern aufgenommen werden, da sie das Bewusstsein nationaler Regierungen beispielsweise in Tansania wecken.“

Den 23-jährigen sudanesischstämmigen Politikstudenten Adam Yasir, mit kurzen Dreads und grellem gelbem Oberhemd, hat die Ausstellung bereits sehr bewegt. „Ich kam hier zu meiner eigenen Information und schäme mich jetzt, ein Mann zu sein“, sagt er. Gleichzeitig findet er, dass der Fokus zu stark auf Afrika ginge. Er erinnert an Irak und den Balkan.

Bis Freitag werden sich Abgeordnete, Juristen, internationale Organisationen und Experten, meist hinter verschlossenen Türen, mit vielen Details auseinandersetzen. Dabei wird es um die Dokumentation sexueller Verbrechen gehen, um sie der Justiz zuzuführen, ebenso den Schutz von Mädchen und Frauen, Präventivarbeit und die Reparation und Rehabilitation von Opfern. Übrigens auch männliche Opfer.

Der Gipfel live: #timetoact und live.esvcsummit.com

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