Präsidentenwahl in Indonesien: Exgeneral gegen Mann des Volkes
Ein Selmademan bangt um seine Chancen bei der Wahl. Ein Schwiegersohn des Ex-Diktators Suharto macht ihm die Präsidentschaft streitig.
BAMGKOK taz | Zurückhaltende Aufritte sind seine Sache nicht. Präsidentschaftskandidat und Exgeneral Prabowo Subianto hat sich als Schauplatz für seine Wahlkampfveranstaltung in Jakarta vor wenigen Tagen das Bung-Karno-Stadion ausgesucht, in dem Platz für mehr als 80.000 Menschen ist. Seine Ankunft in einem weißen Cabrio wurde von Trompetern und Trommelwirbel begleitet. Es folgte eine donnernde Rede, an deren Ende Prabowo von jubelnden Anhängern auf den Schultern davongetragen wurde.
Zu anderen Auftritten kam Prabowo, einer der reichsten Männer des Landes, mit dem Hubschrauber. Die Botschaft: Hier ist ein Mann, der im großen Maßstab denkt. Seine Wahlkampagne scheint zu funktionieren. Noch vor wenigen Monaten lag Prabowo in Umfragen fast 40 Prozentpunkte hinter Joko Widodo, bekannt als Jokowi. Der 53-Jährige galt als Spitzenreiter bei der Präsidentschaftswahl am Mittwoch. Doch von dem Vorsprung ist fast nichts mehr übrig.
Mit den beiden Kandidaten stehen zwei gegensätzliche Entwürfe für das Land zur Wahl. Jokowi ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich die Dinge in Indonesien seit dem Ende der Diktatur in den 90er Jahren geändert haben. Er hat sich als Möbelhändler nach oben gearbeitet und wurde 2005 in Solo auf der Insel Java zum Bürgermeister gewählt. Im Amt wurde er wegen seiner offenen Art und seiner erfolgreichen Bilanz zu einer landesweiten Berühmtheit. 2012 wählten ihn die Bewohner Jakartas zum Gouverneur der Hauptstadt. Als solcher kümmerte er sich um Alltagsprobleme wie Müllabfuhr und Gesundheitsversorgung und sprach in den Stadtteilen direkt mit den Menschen. Er gilt als ehrlich und unbestechlich.
Doch im Gegensatz zu Prabowos Wahlkampf wirkte Jokowis Kampagne unprofessionell. Er ist ein mittelmäßiger Redner. Dabei hilft es nicht, dass sich einige der größten Fernsehnetzwerke des Landes hinter Prabowo stellten. Er hat einflussreiche Freunde und gab kürzlich sein Vermögen mit etwa 150 Millionen US-Dollar an. Verheiratet war er mit einer Tochter des früheren Diktators Suharto.
Starkes Indonesien
Im Kern von Prabowos Wahlkampf steht seine Vision von einem starken Indonesien. In seinen Reden schäumt er häufig, das Land werde von ausländischen Konzernen seiner Ressourcen beraubt. Ob Indonesien, das sich seit dem Ende der Suharto-Diktatur zu einer lebendigen Demokratie entwickelt hat, unter Prabowo demokratisch bleibt, ist fraglich. Mehrfach hat er erklärt, er würde gern die Verfassung von 1945 in Kraft setzen, die dem Präsidenten viel mehr Macht einräumen würde. Prabowos Vergangenheit lässt nichts Gutes ahnen. Er soll Ende der 90er Jahre, als er als General eine Militär-Sondereinheit führte, die Entführung, Folterung, womöglich Ermordung von Demokratieaktivisten angeordnet haben.
Auch soll er bei der Anstiftung antichinesischer Gewalt beteiligt gewesen sein, um für das Militär einen Vorwand zu schaffen, an der Macht zu bleiben. Damals wurden Tausende Menschen ermordet. Fragen zu seiner Vergangenheit geht Prabowo meist aus dem Weg. Bei einem Fernsehduell sagte er, er habe als Soldat seine Pflicht getan.
In den vergangenen Wochen wurde der Ton rauer. Über Jokowi wurden Gerüchte gestreut, er gehöre der chinesischen Minderheit an und sei Christ – in Indonesien eine rufschädigende Behauptung. Ein hohes Mitglied von Prabowos Partei bezeichnete Jokowi auf Twitter kürzlich als Kommunisten. Jokowis Unterstützer versuchen wiederum, Prabowo als Choleriker darzustellen. Die meisten Vorwürfe und Gerüchte sind längst widerlegt. Doch in Indonesien halten sich Gerüchte hartnäckig.
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