Kostenlose Kitas: Wohltat mit Schattenseiten

Ab 1. August ist die fünfstündige Grundbetreuung in Hamburger Kitas kostenfrei. Für die Eltern ist das toll, aber den Krippen fehlt Personal.

PR-Termin in der Kita Rübenkamp: Onkel Olaf mal richtig nett. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Eltern der rund 59.000 Hamburger Kita-Kinder haben bereits ihre neuen Bescheide in der Post: Je nach Einkommen sparen sie 20 bis 192 Euro im Monat, weil die fünfstündige Grundbetreuung ab August in Hamburg gratis sein wird. Das kostet die Stadt 75 Millionen Euro im Jahr. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat damit eines seiner Wahlversprechen erfüllt. Um das noch einmal kund zu tun, besuchte er am Montag medienwirksam die Kita Rübenkamp.

Aber auch jenseits des Wegfalls der Kita-Gebühren bleibt die Lage der Krippen Thema in der Stadt. Erst Ende Juni legten die Wohlfahrtsverbände eine Studie vor, wonach der Personalschlüssel mit 1 zu 7,6 viel zu schlecht sei. Nötig sei eine 25-prozentige Verbesserung.

Gefragt, ob er dafür in der nächsten Legislaturperiode noch Spielraum sieht, antwortet Scholz nicht direkt. Er sei überzeugt, dass „in den nächsten Jahrzehnten immer noch Verbesserungsbedarf gefunden wird“. Hamburg habe bereits eine „unglaubliche Umsteuerung“ zu Gunsten von Kitas und Krippen vollzogen, die Ganztagsbetreuung ausgebaut und „nebenbei die Betreuungsschlüssel verbessert“.

Ein Kita-Platz mit täglich fünfstündiger Betreuung wird ab dem 1. August kostenlos sein. Dadurch werden alle Plätze günstiger:

Eltern, deren Kinder mindestens sechs Stunden täglich in der Kita sind, zahlen für die fünf Stunden nichts.

Eltern, die bisher den Höchstsatz zahlten, profitieren mit 192 Euro weniger Gebühren im Monat am stärksten.

Eltern, die bisher nur den Mindestsatz zahlten, sparen nur 20 Euro, zahlen aber auch nur noch vier bis elf Euro im Monat.

In der Summe nahm Hamburg 2013 115,4 Millionen Euro Kita-Beiträge ein. Das wird auf etwa 40 Millionen Euro sinken.

Der Gesamtetat für den Kita-Bereich liegt 2015 bei 662,6 und 2016 bei 685 Millionen Euro.

Nur half das noch nicht den Krippen. Das Programm „Kita-Plus“ zum Beispiel, das Kitas in ärmeren Vierteln einen Aufschlag gewährt, ist nur für die älteren Kinder. Die Personalfrage wird seit Monaten zwischen Stadt und Kita-Trägern verhandelt, weil 2015 der Landesrahmenvertrag ausläuft. Und bisher heißt es, es gebe kaum Spielraum wegen der teuren Beitragsbefreiung.

Auch der LEA, die Landeselternvertretung der Kitas, ist ein besserer Betreuungsschlüssel wichtig. Das Gremium schlug dem Sozialsenator vor, die Beitragsbefreiung um ein Jahr zu schieben. Doch ein Versprechen nicht zu halten, schien dem Senat wohl politisch zu riskant.

Nun kommt der Druck von der anderen Seite. Eine Mutter spricht den Bürgermeister an. Sie freue sich über das gesparte Geld. Aber wäre es nicht besser, die 75 Millionen Euro den Einrichtungen zu geben? „Die klare Antwort ist ’nein‘“, sagt Scholz. Die Kita müsse wie die Schule kostenfrei sein. Denn Gebühren seien für Menschen ohne Geld eine „echte Schwelle“.

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