Artensterben durch Windkraft: Rotorblätter schreddern Fledermäuse
Tausende Fledermäuse sterben jedes Jahr durch Windkraftanlagen. Darunter sind auch Tiere, die nach Südeuropa ziehen.
BERLIN dpa | Windkraftanlagen gefährden nach Einschätzung von Forschern nicht nur heimische Fledermäuse. Auch Tiere aus Nordosteuropa werden von den Rotorblättern erschlagen, wenn sie im Herbst auf dem Weg in ihr Winterquartier durch Deutschland ziehen. Das berichten Experten des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Fachblatt Plos One. Sie hatten die Situation in den östlichen Bundesländern untersucht.
Um die Herkunft der Tiere zu entschlüsseln, entnahmen die Wissenschaftler 136 getöteten Großen Abendseglern Haarproben. Die Tiere waren zwischen 2002 und 2012 tot an Anlagen in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gefunden worden. Die schnellen Rotorblätter werden von Fledermäusen nicht rechtzeitig wahrgenommen, die Tiere werden direkt erschlagen oder erleiden Knochenbrüche, in anderen Fällen werden durch die großen Luftdruckänderungen innere Organe zerrissen.
Da die Haarzusammensetzung von der Umgebungstemperatur beeinflusst wird, zeigt sich darin eine Art geografischer Fingerabdruck. Demnach stammte mehr als ein Viertel (28 Prozent) der untersuchten Tiere aus einem Verbreitungsgebiet vom Baltikum über Russland und Weißrussland bis nach Polen. Die Tiere waren offenbar auf dem Weg nach Mittel- und Südeuropa. Deutschland trage damit nicht nur Verantwortung für den Schutz heimischer Fledermausarten, so der IZW-Forscher Christian Voigt.
Junge und weibliche Fledermäuse wurden laut der Studie besonders häufig gefunden. Das sei besonders kritisch für die Fledermauspopulation, teilte das IZW mit. Einige der Arten vermehrten sich bei ungünstigen klimatischen Bedingungen in manchen Jahren ohnehin kaum.
Wie viele der Tiere pro Jahr an deutschen Windrädern verunglücken, ist unklar. Schätzungen reichen von einigen Tausend Tieren bis zu sechsstelligen Werten. Nach IZW-Angaben ließe sich die Gefahr für Fledermäuse verringern, wenn Windräder nur bei kräftigem Wind laufen würden. Dann seien Fledermäuse nicht aktiv.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher