Der sonntaz-Streit: Darf man Kinder an der Leine führen?

Ein Kind wie einen Hund an die Leine nehmen? Das klingt für viele absurd. Doch was soll man tun, wenn Kinder einfach auf die Straße rennen?

Die Straße kann gefährlich sein, aber ist die Leine eine Lösung? Bild: dpa

Es gibt Szenarien, die hat jeder, der ein Kind hat, einmal durchdacht. Man steht mit seinen Kindern an irgendeiner Kreuzung, in irgendeiner Stadt. Die Ampel steht auf Rot. Plötzlich reißt sich das Kind los und rennt mitten auf die Straße. Irgendetwas auf der anderen Seite hat das Interesse geweckt - ein kleiner Spatz oder ein Luftballon. Diese Vorstellung ist für viele Eltern ein Alptraum. Städte können gefährlich sein, überall Autos, Lastwagen und schnelle Radfahrer.

In dem Internetforum „eltern.de“ fragt eine Userin und Mutter von drei Kindern: „Was haltet ihr von diesen Kinderleinen?“. Wenn sie mit ihren drei Kindern unterwegs sei, werde die Situation oft gefährlich. Die beiden Töchter säßen noch im Geschwisterwagen, aber die Ältere reiße sich immer wieder von der Hand los.

Kann ein Kinderlaufgurt eine Lösung sein? Diese Mutter ist sich nicht sicher und sie ist nicht die einzige, die sich diese Frage stellt. Zahlreiche Babyausstatter haben entsprechende Gurte im Angebot. Der Kinderlaufgurt kennt viele Bezeichnungen, Kindergeschirr, Kinderleine oder Namen wie „Sure Steps“.

Das Gängelband

Dabei ist die Leine für Kinder keineswegs eine neue Erfindung. Insbesondere an den Höfen des europäischen Adels war das Gängelband bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine gebräuchliche Laufhilfe für Kinder. Der Bewegungsradius wurde auf ein überschaubares Maß reduziert und die Kinder konnten sich nicht von ihren Aufsichtspersonen davonstehlen. Das „gängeln“ der Kinder machte sie auch bei Anlässen des Adels salonfähig.

Die Gründe von Eltern ihren Kindern einen Laufgurt anzulegen sind mittlerweile sicher andere. Heute interessiert es freilich keinen mehr, ob sich die eigenen Kinder in den Kreisen des Adels regelkonform verhalten. Wie der Anschnallgurt im Kinderwagen soll der Laufgurt im Straßenverkehr vor allem Sicherheit bieten. Es gibt Gurte aus Leder oder Nylon, die wie eine Weste über das Kind gezogen werden können. Am Rücken befindet sich dann die „Leine“. Wem das zu langweilig ist, wählt aus einer Reihe von Plüschversionen, die man den Kindern wie einen Rucksack aufsetzen kann: Tiger, Hase oder Koala. Der Tierschwanz ist zugleich die Leine.

So schön das alles auch klingen mag, der Laufgurt wird kontrovers diskutiert. In Internetforen bezeichnen User die Leinen als „kinderverachtend“ und „diskriminierend“. Die allgemeine Assoziation mit der Hundeleine schreckt viele ab. Welche Einflüsse hat eine Leine auf die Entwicklung meines Kindes, fragen sich Eltern. Kinder müssen lernen, Gefahrensituationen einzuschätzen, sagen einige Pädagogen. Die Laufgurt hemme die Kinder in der Entwicklung.

Ist die Einschränkung der Kinder durch eine Leine gerechtfertigt, um sie vor Gefahren zu schützen? Gibt es nicht bessere Wege, um auf Kinder zu achten? Werden Eltern zu faul oder gibt es begründete Fälle, in denen ein Laufgurt Sinn macht? Was denken Sie?

Darf man Kinder an der Leine führen?

Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der taz.am wochenende vom 4./5. Oktober 2014. Ihr Statement sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie uns eine Mail an: streit@taz.de

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