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Arbeitskampf der LokomotivführerAlle Räder stehen still

Die Lokführer stimmen mit großer Mehrheit für einen Streik – daran ändert auch ein neues Angebot der Bahn nichts mehr. Das lange Wochenende wird aber noch abgewartet.

„Lokomotive“ – von Neulateinisch loco motivus – bedeutet „sich von der Stelle bewegen“. Bild: dpa

FRANKFURT AM MAIN dpa | Die Deutsche Bahn und ihre Fahrgäste müssen sich in der nächsten Woche auf neue Streiks einstellen. In einer Urabstimmung votierten die Mitglieder der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit 91 Prozent der gültigen Stimmen für einen Arbeitskampf. Für die Zustimmung waren 75 Prozent nötig. 81 Prozent der rund 16.000 Stimmberechtigten hätten sich beteiligt, teilte die GDL mit.

Bis einschließlich Sonntag ist noch kein Streik zu erwarten. „Über das verlängerte Wochenende“ werde die GDL nicht zu Arbeitsniederlegungen aufrufen, sagte der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky. „Wir werden nicht sofort mit mehrtägigen Streiks losschlagen. Wir werden uns Stück für Stück steigern“, fügte er hinzu. Das jüngste Tarifangebot der Bahn werde die GDL am Wochenende bewerten und dann am Montag dazu Stellung nehmen.

Die GDL hatte die Verhandlungen in der vergangenen Woche für gescheitert erklärt. Mit dem Arbeitskampf will die Gewerkschaft ihre Forderungen in der laufenden Tarifrunde durchsetzen. Das sind vor allem fünf Prozent mehr Geld und eine um zwei Stunden verkürzte Wochenarbeitszeit.

Die GDL verlangt das nicht nur für die rund 20.000 Lokführer, sondern auch für 17.000 andere Mitarbeiter, darunter Zugbegleiter, Bordgastronomen, Lokrangierführer, Trainer und Disponenten. Die GDL rivalisiert dabei mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).

GDL und EVG konnten sich bis zum Beginn der Tarifrunde im August nicht auf eine Zusammenarbeit einigen. Die Bahn dringt aber darauf, dass die beiden Gewerkschaften zumindest abgrenzen, für welche Berufsgruppen sie jeweils tarifpolitisch zuständig sind.

Das bundeseigene Unternehmen wirft der GDL-Führung vor, nicht an einer Einigung interessiert zu sein. Sollte das so bleiben, müsse „das gesetzlich geregelt werden“, hatte Bahnchef Rüdiger Grube am Mittwoch gesagt. Was in dem Gesetz stehen sollte, sagte er nicht.

Die Bundesregierung bereitet derzeit ein Gesetz zur Tarifeinheit vor. Nach Worten von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) soll künftig wieder das Prinzip „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ gelten. Diskutiert wird, in einem Betrieb nur den Tarifvertrag der mitgliederstärksten Gewerkschaft gelten zu lassen.

Kurz vor Auszählung der Urabstimmung hatte die Bahn der GDL ein neues Angebot vorgelegt. Die Arbeitgeberseite schlug vor, die Verhandlungen auszusetzen, bis die Bundesregierung das geplante Gesetz zur Tarifeinheit auf den Weg gebracht hat. Bis dahin sollten die Lokführer zwei Prozent mehr Geld erhalten. In ihrem Angebot billigt die Bahn der GDL aber lediglich zu, federführend für die Lokführer zu verhandeln.

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4 Kommentare

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  • Das letzte Bahnangebot verstehe ich nicht wirklich. Mir ist nicht klar, wie man die GDL stärker provozieren kann als mit einem Angebot, das ausdrücklich auf ein Gesetz zur Tarifeinheit (= GDL-Entmachtung) verweist, mir fällt zumindest keine größere Provokation ein.

     

    Was für eine Strategie verfolgt man damit wohl im Bahn-HQ?

  • "Nach Worten von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) soll künftig wieder das Prinzip „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ gelten. Diskutiert wird, in einem Betrieb nur den Tarifvertrag der mitgliederstärksten Gewerkschaft gelten zu lassen."

     

    Ja, Klasse, so kommen wir zurück zu der Einheitsgewerkschaft, die nie etwas für ihre Mitglieder erreicht hat in den letzten Jahrzehnten.

    Es ist eine Entrechtung der Arbeitsnehmer, wenn sie sich nicht mehr in der Gewerkschaft organisieren dürfen, in der sie sich organisieren wollen, die dann für ihre Mitglieder den entsprechenden Tarifvertrag abschließt.

    • @Age Krüger:

      Frau Nahles schlägt damit 2 Fliegen mit einer Klappe. Zum stellt man wieder eine größere Nähe zum DGB her, dies war seit Schröder nicht mehr so stark gegeben. Zum anderen möchte Frau Nahles ja noch hoch hinaus. Eine seltene Gelegenheit es dem Kapital und dem DGB Recht zu machen wird nicht ungenutzt bleiben. Die andere Frage ist, ob die Lokführer im Zweifel so weit gehen und auf das neue Gesetz pfeifen. Ich gebe zu, ich würde es begrüßen, da ich seit Schröder nicht mehr der Meinung bin, daß die Arbeitnehmerschaft immer den Konsens suchen sollte, sondern doch auch mal den Kampf riskieren kann.

  • PERSÖNLICHER AUFRUF - FALLS DAS HIER EIN LOKFÜHRER LIEST WELCHER VORHAT(TE) ZU STREIKEN: Ich hab nächste Woche drei sehr wichtige schon gebuchte Bahnfahrten vor mir. Bitte nicht streiken. Könnte mich um Kopf und Kragen bringen - Falls keiner meiner gebuchten Züge bestreikt wird, werde ich das nächste mal wieder die Bahn nehmen. Falls ich wegen Streik Züge verpasse oder lange warten muss, wünsche ich den potenziellen Streikenden viel Spass beim einmal mehr ausschlafen und nehme beim nächstes mal einen Bus. Ist doch ein Angebot oder?!