Film über Vampir-WG: Der Abwasch der Vampire
Die schrullig-liebevolle Fake-Doku-Komödie „5 Zimmer, Küche, Sarg“ beobachtet den ganz gewöhnlichen Vampir-Alltag.
Gerade erst erfuhr der popkulturelle Vampir-Mythos mit „Dracula Untold“ eine schwarzromantisch verbrämte Anbindung ans populäre Superheldenkino: Der Ur-Vampir als tragischer Retter des spätmittelalterlichen Europas, ein buchstäblicher Fledermaus-Mann, zu dem ein Batman etwa nur durch Verkleidung werden kann. Auch ansonsten gehen Vampire eher mit einer gewissen Wucht einher: Sie stehen etwa für das Pathos heißblütiger Romanzen („Twilight“) oder dienen als Chiffren für gesellschaftliche Diversität („True Blood“).
Zum Lachen blieb da bislang nicht viel – vom Alltag, den auch ein Vampir zu bewältigen hat, ganz zu schweigen. Beides verbindet nun die neuseeländische, schrullig-liebevolle Fake-Doku-Komödie „5 Zimmer, Küche, Sarg“ von Jemaine Clement und Taika Waititi, die bereits von ihrer Zusammenarbeit bei der HBO-Comedy „Flight of the Conchords“ her bekannt sind.
Das ans Format gängiger Doku-Soaps angelehnte Porträt fokussiert eine Gruppe Vampire, die sich in einer verwahrlosten Villa von alt-viktorianischem Charme als WG eingerichtet hat. Und folgt man diesem Film, so sind auch Vampire - vom Biorhythmus und exotischen kulinarischen Vorliebe einmal abgesehen – eigentlich auch nur ganz normale Menschen mit üblichen Alltagssorgen: Der Wecker um 6 Uhr in der Früh – also um 18 Uhr abends – nervt genauso wie die leidige Diskussion um den längst überfälligen Abwasch in der Küche.
Und bei den eigens dafür einberufenen WG-Plena herrschen die üblichen rhetorischen Strategien: Der eine hantiert ungelenk passiv-aggresiv, der andere reagiert schnippisch souverän und selektiv, der dritte spricht konfrontativ Tacheles. Der vierte im Bunde dieser Zweckgemeinschaft kauert unterdessen im Keller: Der 8000 Jahre alte, grenz-insektoide Vampir, der Murnaus „Nosferatu“ genauso inspiriert haben dürfte wie die Stephen-King-Verfilmung „Brennen muss Salem“, ist von solcher Mühsal des Alltags freigestellt.
Die starke Seite der WG
Doch gibt es auch Momente, in denen sich die WG von ihrer starken Seite zeigt: In Fragen des Outfits etwa leistet man einander tatkräftig und mit einigen Verrenkungen Hilfe – ein nicht zu unterschätzender Vorteil des Zusammenlebens, wenn man bedenkt, dass Spiegel in dieser WG ihren Zweck verfehlen.
Charme und Reiz bezieht diese von einem sanften Erzählbogen zwar getragene, doch episodisch mäandernde Komödie nicht nur aus dem vermeintlich dokumentarischem Konzept und der daraus resultierenden Brüchigkeit einiger Szenen, etwa wenn die nachts um die Häuser ziehende Vampirbande überraschend den Weg einer Gruppe Werwölfe kreuzt, mit der man sich schon aus Gründen der Standeswahrung anlegt, oder wegen der ständigen Ansprache des (mit Kruzifixen geschützten) Teams hinter der Kamera.
Auch der liebevolle, detailfreudige Umgang mit der Kulturgeschichte des Vampirs bereitet viel Freude. So bilden die vier Vampire eine Art historischen Katalog des Vampir: „Nosferatu“ Petyr (Ben Fransham) steht für die dunkle Archaik aus grauen Vorzeiten, während Vladislav (Jemaine Clement) bereits den zentraleuropäischen Projektionen auf den Vampir aus dem fernen Osteuropa entspricht, die spätestens mit Bram Stokers „Dracula“-Roman in Gang gesetzt wurden.
Der mit österreichischem Akzent sprechende Viago (Taika Waititi) ist ein feinsinnig-verschüchterter Dandy aus dem 19. Jahrhundert, während Deacon (Jonathan Brugh) nicht nur dem rustikalen Pub-Proletentum entsprungen ist, sondern als einstiger Nazi-Vampir unter dem Kommando des „Führers“ zudem noch auf ein dunkles Kapitel in seiner Biografie zurückblickt – ein schöner Schwenk in die spekulative Welt greller Pulp- und Comic-Stories.
„5 Zimmer, Küche, Sarg". Regie: Jemaine Clement, Taika Waititi. Mit Jemaine Clement, Taika Waititi u. a. Neuseeland 2014, 86 Min.
Der Vampir als Clubgänger
Der im Laufe versehentlich akquirierte Neuzugang Nic (Cori Gonzalez-Macuer) schließlich entspringt dem Hier und Jetzt: Kaum vampirisiert, versucht er diesen neuen Aspekt seiner Lebensführung in den Clubs dieses Stadt unter ständigen „Twilight“-Referenzen zum sozialen Kapital auszubauen.
Schön an „5 Zimmer, Küche, Sarg“ ist, wie zahlreiche Facetten des Vampirmythos hier nicht nur zergliedert, sondern auch mit Blick auf die alltägliche Lebensführung neu perspektiviert und damit ins Witzige verschoben werden. Dass dabei nicht nur nerdige Insider auf ihre Kosten kommen, zeichnet diesen hübschen Film am Ende schließlich am meisten aus.
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