Kinderschutz: CDU will, dass Scheele geht

Knapp ein Jahr nach dem Tod von Yagmur fordert CDU den Rücktritt von Sozialsenator Detlef Scheele und Bezirkschef Andy Grote. SPD spricht von Wahlkampf.

Laut CDU haben Scheele und Grote nichts an den Mängeln im Jugendamt geändert. Bild: dpa

HAMBURG taz | Am Donnerstag, 18. Dezember, jährt sich der Todestag von der Yagmur. An diesem Tag wird auch der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zu den Umständen ihres Todes seinen Abschlussbericht verabschieden. Alle Oppositions-Fraktionen wollen Minderheitenanträge stellen, die Linke schreibt sogar einen eigenen Bericht. Die CDU preschte am Dienstag als erste vor und forderte zwei Rücktritte: Weil sie die Personalsituation im zuletzt zuständigen Jugendamt Billstedt verantworten, seien Sozialsenator Detlef Scheele und Mitte-Bezirksamtsleiter Andy Grote (beide SPD) nicht mehr im Amt haltbar, erklärten der Ausschussvorsitzende André Trepoll (CDU) und der CDU-Obmann Christoph de Vries.

Im Kern wirft De Vries Scheele vor, mit der Verbesserung der Personallage zu lange gewartet zu haben. So wurde er schon Mitte 2012 nach dem Tod der elfjährigen Chantal durch ein Gutachten davor gewarnt, dass das Risiko besteht, weitere Kinderschutzfälle zu übersehen, weil teile der Jugendämter massiv überlastet seien. „Trotzdem hat Senator Scheele bis zum Tode der kleinen Yagmur keine einzige zusätzliche Stelle für die originären Aufgaben des Kinderschutzes geschaffen“, so de Vries.

Scheele machte weitere Stellen von den Ergebnissen eines „Personalbemessungssystem“ abhängig, welches er für Ende 2013 ankündigte. „Das gibt es bis heute nicht“, kritisiert de Vries. Scheele habe sich erst nach Yagmurs Tod dafür interessiert. Ein Senatsmitglied, das „untätig und nachlässig“ agiere, könne nicht länger politisch für den Schutz von Kindern verantwortlich sein. Scheele hatte selber vor dem PUA eingeräumt, dass sein Haus den Zeitplan nicht einhielt und dies bedauert. „Bedauern alleine ersetzt keine politische Verantwortung“, sagt dazu Ausschuss-Chef André Trepoll. „Man kann nicht sagen, es tut mir alles furchtbar leid. Und das war’s dann.“ Dazu seien die Ergebnisse aus den insgesamt 20 PUA-Sitzungen zu eindeutig. Die SPD habe bei den PUA-Beratungen zum Bericht mit ihrer Regierungsmehrheit an wichtigen Stellen die Feststellung von Scheeles Verantwortlichkeit „gezielt blockiert“ und die Aufnahme von Tatsachenfeststellungen behindert, so der Vorwurf der CDU.

Auch Mitte-Chef Grote sei nicht mehr haltbar, findet die CDU. Dieser trage die politische Verantwortung dafür, dass Dokumentationspflichten im für Yagmur zuständigen ASD über zwei Jahre reduziert wurden. Die mangende Aktenführung habe dazu geführt, dass ASD-Mitarbeiter den Fall nicht verstanden und Fehlentscheidungen trafen.

Insgesamt sieht die CDU im Nebeneinander von Fachbehörde und Bezirken bei der Verantwortung ein Problem. Kinderschutz gehöre „in eine Hand“, so de Vries. Deshalb sollte es mittelfristig ein Jugendamt als Landesbetrieb geben.

Die SPD-Obfrau Melanie Leonhard warf der CDU vor, sie beende den PUA „wie erwartet im Wahlkampf“. Nach der Veröffentlichung des Berichts werde sich zeigen, dass die Rücktrittsforderungen unbegründet seien.

Unter Senator Scheele habe es viele Verbesserungen für die ASDs geben, sagt auch Sozialbehördensprecher Oliver Klessmann. Deshalb sei man über die Rücktrittsforderung verwundert. Mitte-Sprecherin Sorina Weiland erklärt, man warte erst mal den fertigen PUA-Bericht ab.

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