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Kommentar Studie zu PegidaDie schweigende Mehrheit

Michael Bartsch
Kommentar von Michael Bartsch

Die Studie zu Pegida hat die wohl wichtigste Gruppe der Demonstranten nicht erfassen können. Doch diese würde an den Kernaussagen wenig ändern.

Mag die Medien nicht, aber ob der mit Wissenschaftlern gesprochen hätte? Pegidist in Dresden Bild: dpa

D ie erste empirische Untersuchung der TU Dresden zur Zusammensetzung der Pegida-Demonstranten ist mit Vorsicht zu genießen. Sie bestätigt einige Beobachtungen, weckt aber vor allem Neugier auf jene zwei Drittel der Demonstranten, die den Interviewern eine Antwort verweigerten.

Wer sich seit rund zwei Monaten Montag für Montag unter die „Abendspaziergänger“ von Pegida mischt, gewinnt nicht den Eindruck, es handele sich um die besser verdienende Mittelschicht mit einem Viertel Hochschulabsolventen. Das aber ergaben die 400 verwertbaren Antworten. Das Stammtischniveau der Gespräche, die Zurufe und auch mit dem Mikrofon eingefangene O-Töne bestätigen eher die Annahme, dass sich hier auch ein erheblicher Teil von zu kurz Gekommenen, Wendeverlierern und schlichteren Gemütern einfindet. Deutschland ist sozial zutiefst gespalten. Die Interviewer selbst berichten von teilweise feindlichen Reaktionen, obschon sie sich als Wissenschaftler und nicht als Vertreter der „Lügenpresse“ auswiesen.

Vermutlich aber würde auch deren Einbeziehung nichts an der zentralen Aussage ändern, dass vor allem die Frustration über die politische Klasse und deren angeblichen Handlanger in den Medien diese Bürger auf die Straße treibt. Angst vor Islamisierung und Asylbewerbern sind dabei zweitrangig. Hier demonstrieren Bürger, die mit Demokratie nichts oder wenig anfangen können und nie versucht haben, sich mit ihren Überzeugungen zivilgesellschaftlich zu organisieren oder parteipolitisch einzubringen. Stattdessen haben sie das dringende Bedürfnis sich zu beschweren.

Spricht man mit Forschungsinstituten oder den großen Kulturinstitutionen, so ist Dresden bereits international in Verruf geraten. Die Studie rehabilitiert die sächsische Landeshauptstadt wieder ein wenig und bestätigt damit eine weitere Beobachtung. Nur noch ein Drittel der Demonstranten wohnt hier, die übrigen sind Demo-Touristen aus Sachsen oder der gesamten Bundesrepublik.

Apropos Forschung: Der Leiter der Pegida-Studie, Prof. Hans Vorländer, leitete bis 2013 auch den einzigartigen Sonderforschungsbereich „Transzendenz und Gemeinsinn“ an der TU Dresden. Der befasste sich mit den Fragen, was die Gesellschaft im Innersten zusammenhält. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hielt dieses Thema für überflüssig und wickelte ihn nach vier Jahren ab.

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Michael Bartsch
Inlandskorrespondent
Seit 2001 Korrespondent in Dresden für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geboren 1953 in Meiningen, Schulzeit in Erfurt, Studium Informationstechnik in Dresden. 1990 über die DDR-Bürgerbewegung Wechsel in den Journalismus, ab 1993 Freiberufler. Tätig für zahlreiche Printmedien und den Hörfunk, Moderationen, Broschüren, Bücher (Belletristik, Lyrik, politisches Buch „System Biedenkopf“). Im Nebenberuf Musiker.
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26 Kommentare

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  • Aus den Antworten einer Befragung von 400 der angeblich 18000-20000 Leuten bei den Pegida-Demos, wagt der Typ also ernsthaft Rückschlüsse auf die Zusammensetzung von "Pegida" zu treffen? Hat diese Groteske etwa etwas mit Alkohol zu tun?

    Was man aber sicher ableiten kann, dass diejenigen mit etwas Bildung, also ca. 400 (WOW!), offenbar dem "Führerbefehl", das auf schlaue Fragen und besonders bei Nichtverstehen selbiger nur mit eisernem Schweigen zu antworten sei, nicht nachgekommen sind bzw. nicht nachkommen mussten. Sensationell, es gibt dort also doch bisher unentdeckte höher entwickelte Lebensformen.

    Und das ... hahaha ... das grenzt doch schon beinahe wieder an Zersetzung.

  • Hier ein Video mit demPolitikwissenschaftler Prof. Hans Vorländer von der TU Dresden (aus MDR-Sendung, artour, 15.01.2015):

     

    http://www.mdr.de/mediathek/fernsehen/video246176-recommend_zc-7931f8bf_zs-2d7967f4.html

     

    Hier sagt er noch etwas zum Demokratie(un)verständnis der 35%, die die Fragen beantwortet haben. Und vor allem spricht er auch über die Gefährlichkeit des Demokratieunverständnisses (u.a. auch vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte).

    • @Hanne:

      Meine These ist, dass das Demokratieunverständnis vor allem daher rührt, dass die Einheit von DDR & BRD kein demokratischer Prozess war. Sicherlich gibt es Studien dazu...

      • @D. D.:

        Hm, wer hätte denn in welcher Form befragt werden sollen und was wäre möglicherweise bei einer Abstimmung 1990 in West und Ost dabei heraus gekommen, wenn man die ganze Bevölkerung gefragt hätte? Ein interessanter Gedanke. Sicher hätte der Eingliederungsprozess - so gewünscht - ähnlich den Bedingungen bei der Aufnahme neuer EU-Mitgliedstaaten ablaufen müssen. Aber so wurde das ja politisch nicht gesehen, man bzw. die hohe Politik sehnte sich ja im Westen nach dem "Tag der deutschen Einheit" - der Annektierung der ehemaligen DDR. Und gerade die Menschen in der ehemaligen DDR hätten bei einer Volksabstimmung sicher erst mal mit "Ja" gestimmt, ohne zu wissen, was an Änderungen auf sie zukommen würde. Hauptsache im Phantasialand der BRD ankommen.

         

        Andererseits: Der Westen wurde nach 1945 auch nicht gefragt, ob es ein demokratisches Land werden möchten. Das war die gesetzte Bedingung der Amerikaner, Briten und Franzosen. Das hat dann auch noch etwas gedauert, bis der gemeine Bürger damit wieder zurecht kam, aber der Teil Deutschlands war ja auch "nur" 12 Jahre keine Demokratie gewesen.

  • "Hier demonstrieren Bürger, die mit Demokratie nichts oder wenig anfangen können und nie versucht haben, sich mit ihren Überzeugungen zivilgesellschaftlich zu organisieren oder parteipolitisch einzubringen."

     

    So sehe ich das auch!

     

    Siehe auch das Interview hier:

     

    http://www.taz.de/Sachsens-Kultusministerin-ueber-Pegida/!152779/

     

    "Die Erfahrung mit der Demokratie ist noch ein junges Pflänzchen." Zitat der Sächsischen Kultusministerin Fr. Kurth nach 25 Jahren CDU-Regierung in Sachsen!!!

     

    und:

     

    "Da haben wir vielleicht noch Hausaufgaben zu machen, damit ein starker Baum draus wird."

     

    Man beachte das "Vielleicht"...

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    was Gesellschaften zusammen hält, a la FAZ und a la taz, beide Male der gleiche Gegenstand, London, Stadtteil Tower Hamlets:

     

    http://www.taz.de/!116967/

     

    http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/grossbritannien-die-islamische-republik-von-tower-hamlets-13057573.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

     

    bei den Zuständen in Tower Hamlets wurden übrigens auch linke Aktivisten ausfällig

     

    was da passiert, sind Clusterbildungen, mit Transzendenz hat sowas nicht viel zu tun, es ist allerdings so, dass in Projekten, wie man zusammen leben soll usw usf tatsächlich praktische Philosophen Kulturwissenschaftlern etc. vorgezogen werden, besonders in Projekten, an denen Bundesministerien beteiligt, bspw. auch dieses Töpfer-Institut in Potsdam. Das liegt daran, dass gewisse Fächer die Zeit verpasst haben, die praktischen Philosophen sind bei den Einstellungen im Aufwind und Kulturwissenschaftler "das sind doch die, die keine Jobs bekommen.". Da hat man was falsch gemacht, mit Schwerpunkt Migration etc. kam man viel zu spät, eine Überschrift allein machts nicht. An Tower Hamlets bspw. fliegen die kulturwissenschaftlichen Theorien in den Müll und auch die Haltung dazu.

     

    Auch bei den Kulturwissenschaftlern gab es eine Clusterbildung mit Denkverboten, die praktischen Philosophen waren davon unbelastet.

     

    Auch deutsche Migranten können auf einmal Cluster bilden, weil sich jemand an die dt. Urgroßmutter erinnert un d in den USA einen bayerischen Biergarten aufmacht und auf einmal dt Kultur propagiert und im Biergarten werden auf einmal Jobs, Einfluss usw gebrokert ....

  • Die "rechte Ecke", in die PEGIDA manövriert wird, ist kein Zufall - wer Protest ankündigt und als Protestgrund Zuwanderungspolitik abgibt, wird unter diesem Aspekt gesehen.

     

    Offensichtlich wird das Ganze von Leuten getragen, die Unmut empfinden, den aber nicht angemessen artikulieren können. Für die herrschende Politik ist das natürlich ein Geschenk: Wer sich selbst aus Hilflosigkeit in die rechte Ecke stellt, wird als in die rechte Ecke gehörend rhetorisch ausgeschaltet.

     

    Nun ist aber PEGIDA nur ein Symptom. Wir swehen in den letzten Jahren fluktuierenden Unmut, der sehr verschiedene Gestalt nnehmen kann, ich zähle mal auf:

     

    - Wutbürger, Stuttgart 21 als ein Symbol

    - "Die Piraten" und die zeitweise hohe Zustimmung zu ihnen

    - Die hohe Stimmenfluktuation zur damaligen Oppositionspartei FDP bei der vorletzen Bundestagswahl und die noch höhere Fluktuation von ihr weg bei der letzten

    - AFD

    - PEGIDA

     

    Es rumort im Gefüge, wobei dem Rumoren einerseits die Artikulationskraft fehlt, andererseits bei den berusmäßigen Formulieren (Journalisten) bisher jedes Interesse daran zu fehlen scheint, auf den Punkt zu bringen zu versuchen, was genau da eientlich rumort. Im "Unwort" "Lügenpresse" drückt sich Enttäuschung darüber aus - das Wort zum "Unwort" zu erklären ist demgegenüber genauso hilflos wie die unverzeihlich rechten Standortbestimmungsversuche der PEGIDA.

     

    Wäre es nicht die Aufgabe einer gesellschaftskritisch eingestellten Presse erst einmal in die Sache hineinzufragen - wobei ich nicht das unglückliche lokale Phänomen PEGIDA allein meine.

     

    Die Sache ist ja nicht ohne: Der erste, der dem Unmut eine Artikulation verschafft, die zustimmungsfähig ist, verfügt über politische Macht. Von rechter Seite aus wird schon daran gearbeitet...

    • @Michael Neunmüller:

      Hilflosigkeit ist keine Rechtfertigung für Rassismus.

       

      Diese Leute folgen ganz anderen inneren Antrieben.

  • Mehr als nur bemerkenswert

     

    Frau Arzu Toker, geborene Türkin, lebt als Schriftstellerin, Journalistin, Moderatorin und Übersetzerin in Köln. Sie war Gründungsmitglied des Vereins "Zentralrat der Ex-Muslime" und ist u.a. Autorin von "Kein Schritt zurück (2014)" und "Frauen sind eure Äcker (2012)".

     

    Sie hat auf der Webseite der Richard Dawkins „Stiftung für Vernunft und Wissenschaft“, einen bemerkenswert interessanten Beitrag geschrieben, der Sie erstaunen wird. Hier der Link:

     

    http://de.richarddawkins.net/foundation_articles/2014/11/10/sechzehn-gute-gr-nde-den-islam-zu-verlassen#

  • "Prof. Hans Vorländer, leitete bis 2013 auch den einzigartigen Sonderforschungsbereich „Transzendenz und Gemeinsinn“ an der TU Dresden. Der befasste sich mit den Fragen, was die Gesellschaft im Innersten zusammenhält. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hielt dieses Thema für überflüssig und wickelte ihn nach vier Jahren ab"

     

    Wenn selbst (und vor allem!) Eliten "Transzendenz und Gemeinsinn" keine Bedeutung mehr zumessen, müssen wir uns dann ernsthaft noch wundern, dass Bewegungen wie Pegida entstehen ?

    • @Seifenblase:

      Die marktliberalen Eliten sind wahrscheinlich für die "atomisierte Gesellschaft", da ist nix mehr mit Zusammenhalt ;-)

  • Man könnte ja mal fragen, was jemand mit Ausbildung in Statistik zur Studie sagt, und danach den Kommentar schreiben. Etwa:

     

    http://scienceblogs.de/frischer-wind/2015/01/14/was-verraet-uns-die-aktuelle-studie-der-tu-dresden-ueber-den-typischen-pegida-demonstranten/

    • @Frank Zimmer:

      Danke für diesen Link!

       

      Dort gibt es dann wiederum folgenden, sehr interessanten Link:

       

      http://www.stefan-niggemeier.de/blog/20210/studie-ueber-pegida-demonstranten-zeigt-pegida-demonstranten-lehnen-teilnahme-an-studie-ab/

       

      "Das Drittel der Angesprochenen, das Auskunft gegeben hat, unterscheidet sich möglicherweise grundlegend von den zwei Dritteln, die keine Auskunft gegeben haben. Ich kann natürlich nicht beweisen, dass das stimmt. Der Punkt ist aber: Die Verantwortlichen der Studie können nicht beweisen, dass das nicht stimmt. Sie wissen nicht, ob die 35 Prozent, die mit ihnen gesprochen haben, wirklich „typische“ Pegida-Demonstranten sind.

       

      Sie tun aber so, als ob."

  • PEGIDA war gestern, jetzt gibt es MEGSÄDÖ!

     

    MEGSÄDÖ (Mister Ede gegen sächsischen Dialekt in der Öffentlichkeit) steht für ein Deutschland des Hochdeutschs. Wir haben absolut nichts gegen Sachsen, aber wir erwarten von Sachsen, dass sie sich in unsere Gesellschaft sprachlich integrieren. Unser Positionspapier wurde bereits von vielen positiv kommentiert: "Burkaträgerin" schrieb z.B. "Also ich finde MEGSÄDÖ sehr gut. Wenn ich nämlich Sächsisch höre, dann fühle ich mich sehr eingeschüchtert. Zu einer offenen Gesellschaft gehört einfach, dass man sich auch auf Hochdeutsch verständigen kann."

     

    Unser Positionspapier und weitere Kommentare unter: www.mister-ede.de/kultur/megsaedoe/3454

    • @mister-ede:

      Sächsisch ist Hochdeutsch! Per Definition und seit Martin Luther.

    • @mister-ede:

      Außerdem leben im Freistaat Sachsen keine Sachsen!

       

      Dort leben Slawendeutsche, die einen Dialekt aus Bayern und Thüringen angenommen haben.

       

      Die Sachsen leben im Norden (Niedersachsen, HH, SH) und dort wird/wurde noch Sächsisch (=Plattdeutsch) gesprochen.

       

      Sie treffen mit Ihrer Initiative somit unbeteiligte Dritte und können damit schon fast als Rassist durchgehen.

      :-)

    • @mister-ede:

      Vielen Dank für die Satire!

    • @mister-ede:

      Sie erwarten von Sachsen, dass sie in Sachsen nicht mehr Sächsisch sprechen? Ich bin kein Sachse, aber das erscheint mir doch einigermaßen krude zu sein. Wo sollen Sachsen denn sonst Sächsisch sprechen, wenn nicht in Sachsen? Nirgendwo? Wollen Sie also den Sachsen ihr Recht auf ihre Muttersprache entziehen? Das scheint mir doch ein diskriminierender, weil sprachimperialistischer Standpunkt zu sein. Sprechen Sie Hochdeutsch, wenn Sie das wollen. Aber fordern Sie doch bitte nicht, dass statt Vielfalt Einfalt herrschen muss. Und denken Sie dran: When you're in Rome, do as the Romans do. Ich habe nichts gegen Hochdeutsche, aber ich erwarte von Hochdeutschen, dass sie sich in den Ländern, in denen Hochdeutsch nicht Muttersprache ist, sprachlich integrieren. Wenn ich Hochdeutsch außerhalb Hochdeutschlands höre (wo ist Hochdeutschland eigentlich? Hannover? Darf Hannover sprachlich den Rest der Welt beherrschen?), dann fühle ich mich sehr eingeschüchtert. Zu einer offenen Gesellschaft gehört einfach, dass man auch Dialekte akzeptiert und nicht diskriminiert. Gegen MEGSÄDÖ! Für Vielfalt!

      • @Wolfgang Engel:

        @Wolfgang Engel:

        Ich denke schon, dass wir schauen müssen, dass die Sprachidentität der BRD erhalten bleibt. Seit Jahrzehnten gehört Berliner Dialekt, Schwäbisch oder Bayerisch zur BRD und da müssen sich dann auch jene, die zu uns kommen, wie die Sachsen 1990, einfach auch integrieren. Sie müssen ja nicht gleich Schwäbisch lernen, aber zumindest eben Hochdeutsch und dafür steht MEGSÄDÖ!

         

        Anmerkung: Natürlich haben Sie absolut recht! Mein Versuch ist ja, durch das Ersetzen von Islam durch den Sächsischen Dialekt zum Nachdenken über Pegida anzuregen.

        • @mister-ede:

          Mir ist schon klar, dass Sie zum Nachdenken über Pegida anregen wollen. Das gelingt aber nicht, wenn man Islam hochironisch durch Sächsisch ersetzt. Die Diskussion läuft ja letztlich darauf hinaus, ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht, und es gibt Argumente dafür und dagegen. Dass Sächsisch eine Variante des Deutschen ist und Sachsen ein Teil Deutschlands, darüber gibt es seriöserweise keine zwei Meinungen, nicht in der Sprachwissenschaft, nicht unter Historikern. Ihr Vergleich passt nicht, deshalb ist der darin enthaltene Witz ein sehr mäßiger.

          Ich bin froh zu lesen, dass Sie die Sprachidentität der BRD erhalten sehen wollen. Durch Sächsisch sehe ich diese allerdings nicht gefährdet. Sind Sie nicht in der Lage, Sächsisch zu verstehen? Das wundert mich. Was ist schief gelaufen in Ihrem Spracherwerb? Ich selbst spreche kein Sächsisch, bin aber in der Lage, jeden Sachsen zu verstehen und jeder Sachse versteht mich. Ich weiß das deshalb, weil da, wo ich lebe, etliche Sachsen leben. Meist sind sie in der Gastronomie tätig oder an Supermarktkassen, aber auch in anderen Unternehmen, und noch nie ist eine Kommunikation an der Sprachbarriere gescheitert. Ich glaube auch nicht, dass Integration der Neuen Länder in die BRD heißt, dass nun alle in den Neuen Ländern Hochdeutsch sprechen müssen. Ein Schwabe oder Rheinländer oder Bayer oder Holsteiner oder Saarländer muss das ja auch nicht. Warum sollte also ein Sachse das müssen? Sächsisch ist eine Variante des Deutschen, seien wir froh, dass unsere Sprache Dialekte besitzt. Lernen Sie Sächsisch! Es bereichert Ihr Leben! Formulieren Sie Sätze wie "Gänsefleisch mo den Goffaroum oufmochn"! Entdecken Sie Schönheit in diesem Satz!

          Also: Gegen MEGSÄDÖ! Für den Erhalt der Sprachidentität in der BRD! Und für Vielfalt im Deutschen!

          Und wenn Sie Pegida ad absurdum führen wollen, nur zu. Aber doch bitte mit einem überzeugenderen Vergleich.

        • @mister-ede:

          Nur ging das etwas nach hinten los. Das Sächsisch in Sachen ist eher mit dem Islam in Arabien vergleichbar. Wenn Sie sich über das Sächsisch außerhalb des Freistaats aufregen würden wäre das der passende Pegidavergleich.

  • "Hier demonstrieren Bürger, die mit Demokratie nichts oder wenig anfangen können und nie versucht haben, sich mit ihren Überzeugungen zivilgesellschaftlich zu organisieren oder parteipolitisch einzubringen. Stattdessen haben sie das dringende Bedürfnis sich zu beschweren."

     

    Ich glaube die Bürger dort können schon was mit Demokratie anfangen, nur haben sie nicht das Gefühl in einer wirklichen Demokratie zu leben. Der ARD hatte ja auch eine Studie in Auftrag gegeben in der 85% der Pegidas das Aussage zustimmten, man habe als Bürger kaum Einfluss auf die Politik (im Rest der Bevölkerung waren es auch 50 oder 60%). Wie sich dieser Einfluss definiert, ist zunächst nebensächlich, denn die eigentliche Aussage ist, dass sich 85% der Demonstranten dort nicht von der Politik vertreten fühlen.

    Die Gründe dafür liegen sehr tief aber Pegida setzt da gar nicht an (weswegen sie auch nie etwas ändern werden).

    Das politische System ist so zerfressen von intranzparentem Lobbyismus (in Berlin aber vor allem in Brüssel), immer wieder müssen wir mit ansehen wie Politiker nach ihrem Amt einen schönen Posten zugewiesen bekommen (hat mehrere Gründe aber keiner davon ist gut für den Bürger) und die Abgeordneten im Bundestag nicken alles von der Regierung ab, anstatt ihrer Funktion als Repräsentanten der Bürger und der Kontrolle der Regierung wahrnehmen.

    Hier bekommt man ein Stimmungsbild im Bundestag und der entspricht mMn nach auch etwa dem Stimmungsbild der Bürger. Entschieden wird aber oftmals ganz anders:

    https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/2013-09-26/so-muesste-der-neue-bundestag-abstimmen

     

    So lange das so ist, wird der Vertrauensverlust in die Politik nur größer werden. Falls Pegida (aus Langeweile) wieder verschwindet oder nicht, ändert an dem eigentlichen Problem nichts.

    • @MrTea:

      Dieser Diagnose kann man aus sozialwissenschaftlicher Perspektive der Pegida-Ursachen nur zustimmen. Und ich verstehe eigentlich nicht, warum der deutsche Journalismus sich ständig genötigt sieht, anstatt Analyse und Sachberichterstattung Partei (gegen Pegida) ergreifen zu müssen.

    • @MrTea:

      Genau so ist es. Leider wird das zerstörte Vertrauensverhältnis zwischen Volksvertretern und Volk in den Medien völlig außer Acht gelassen.

  • "Das Stammtischniveau der Gespräche, die Zurufe und auch mit dem Mikrofon eingefangene O-Töne bestätigen eher die Annahme, dass sich hier auch ein erheblicher Teil von zu kurz Gekommenen, Wendeverlierern und schlichteren Gemütern einfindet."

     

    Ein ziemlich einseitige Zuschreibung. Auch Akademiker sind zu primitivem Verhalten fähig.