Pro und contra Pegida: Gegen die Einschüchterung

Rund 13.000 Menschen gehen in Niedersachsen gegen Pegida auf die Straße. Einige lokale Pegida-Ableger sagen Kundgebungen ab.

Protest gegen Vorverurteilung und Sippenhaft auf der Anti-Pegida-Demo in Braunschweig Bild: dpa

BRAUNSCHWEIG taz | Der Spaziergang der Gruppe „Braunschweig gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Bragida) fiel aus. Am Montagabend gingen stattdessen mehr als 5.000 Gegendemonstranten auf die Straße. Rund 250 Bragida-Anhänger konnten nur eine Kundgebung abhalten.

„So viele Menschen haben wir nicht erwartet“, erklärte David Janzen, Sprecher des „Bündnis gegen rechts“. Der Protest wurde von Antifa-Initiativen bis CDU getragen. „Das hat es in Braunschweig bisher nicht gegeben“, sagte Janzen.

Bereits zwei Stunden vor dem geplanten „Spaziergang“ der Bragida startete der Protest unter dem Motto „Braun schweig“, er endete am Schlossplatz, von wo aus die Bragida los gehen wollte. Oberbürgermeister Ulrich Markurth (SPD) sagte: „Lasst uns dafür streiten, dass Braunschweig ein Ort der Vielfalt und nicht ein Ort der Einfalt im Denken ist.“

Der Intendant des Staatstheaters, Joachim Klement, warf den Pegida-Anhängern eine so ungeheuerliche Vereinfachung vor, „dass man darüber den Verstand verlieren könnte“. Viele Gewerkschafter und Muslime waren zu dem Protest in der Löwenstadt gekommen.

Der katholische Propst Reinhard Heine und der evangelische Landesbischof Christoph Meyns boten eine ökumenische Friedensandacht im Braunschweiger Dom an. Ängste müssten gehört werden, sagte Meyns, „aber dumme Parolen kann und darf man nicht ernst nehmen“. Gut zwei Stunden später waren die Parolen bei der Bragida-Kundgebung kaum zu hören.

Das lag nicht nur am lauten Protest der Gegner auf dem Platz, auf den die Polizei einen 50 Meter breiten Sicherheitskorridor gezogen hatte. Es fehlte eine Anlage – ein Auto mit einem Generator dafür soll nicht durch die Blockierung gekommen sein, hieß es später auf der Facebook-Seite von Bragida.

Den „Spaziergang“ hatte Sebastian R. angemeldet, der bis vor Kurzem Mitglied der AfD im Kreisverband Goslar war. Die Kundgebung wurde aber nicht von rechten Wutbürgern geprägt. „Rechtsextreme, Hooligans gegen Salafisten und Rocker bestimmten den Verlauf“, sagt Janzen – und „zwar äußert aggressiv“. „Wir sind das Volk“, „Antifa-Hurensöhne“ und „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“, skandierten sie.

Mehrmals sprangen Bragida-Anhänger über Polizeigitter oder wollten sie wegräumen. „Sie griffen Polizisten, Journalisten und Gegendemonstranten an“, so Janzen. Nach zwei Stunden brach Bragida ihre Aktion frühzeitig ab.

In Northeim protestierten mehr als 350 Menschen gegen Rassismus und NSU-Terror. Die Nogida wollte mit Deutschlandfahnen zu der Anti-Rechts-Demo kommen. Am Abend hielten sich auch rund 20 Rechtsextreme aus dem Umfeld der neonazistischen „AG-Ruhmetal“ am Rande der Kundgebung auf.

Eine Kundgebung in Hameln sagte die „Hamgida“ ab. Sie will Morddrohungen gegen den Anmelder aus der rechtsextremen Szene erhalten haben, die Polizei dementierte das jedoch. Am Abend gingen 900 Menschen gegen die Hamgida auf die Straße.

In Osnabrück folgten 4.000 Menschen dem Aufruf „Wir sind Charlie, nicht Pegida“ gegen Intoleranz und Ausgrenzung. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte: „Ich sehe Menschen, die für ihre und unsere Werte eintreten.“ Er kritisierte das Demonstrationsverbot in Dresden und rief zu Courage auf: „Wir dürfen uns auf der einen Seite nicht verunsichern lassen von Pegida, die durch ihre diffusen Ängste eine bestimmte Stimmung produzieren“, sagte er. „Aber genauso wenig dürfen wir uns von Terroristen Bange machen lassen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.