Protest in Burundi: Der Präsident legt die Lunte
Burundis Präsident Pierre Nkurunziza will erneut kandidieren. Damit stürzt er die Region in eine schwere Krise. Bewaffnete Kräfte halten sich bereit.
BERLIN taz | Burundis Präsident will bei der nächsten Wahl in zwei Monaten für eine dritte Amtszeit kandidieren und stürzt damit sein Land in eine schwere politische Krise, die die gesamte Region des Afrika der Großen Seen zu erfassen droht. Staatschef Pierre Nkurunziza, der Burundi seit 2005 regiert, wurde am Samstag von einem Sonderparteitag der burundischen Regierungspartei CNDD-FDD (Nationalkomitee/Front zur Verteidigung der Demokratie) mit überwältigender Mehrheit zum Kandidaten für die Wahlen am 25. Juni aufgestellt. Burundis Verfassung sieht lediglich zwei gewählte Amtszeiten von je fünf Jahren für den Präsidenten vor.
Vor dem Sonderparteitag hatte die Regierung Demonstrationen in Bujumbura verboten. Bei Protesten kam es am Sonntag zu gewaltsamen Zusammenstößen mit Sicherheitskräften. Laut Augenzeugen wurden mindestens zwei Demonstranten getötet. Die Polizei setzte Wasserkanonen und Tränengas ein.
Der komplizierte Name CNDD-FDD steht für den politischen und den militärischen Flügel der Hutu-Guerilla, die 1993 in Burundi zu den Waffen griff, nachdem Tutsi-Soldaten den ersten gewählten Hutu-Präsidenten des kleinen Landes ermordet hatten. Der nachfolgende Bürgerkrieg endete erst über zehn Jahre und 300.000 Tote später mit einem Friedensabkommen, das die Hutu-Rebellen unter Nkurunziza 2005 an der Spitze einer Allparteienregierung mit zwischen Hutu und Tutsi quotierten Posten in Politik und Militär an die Macht brachte. Diese Übergangsregelungen sind nach und nach ausgelaufen und die CNDD-FDD hat immer mehr Macht übernommen.
Nkurunziza und seine Anhänger behaupten, seine erste Amtszeit von 2005 bis 2010 sei nicht zu den gewählten Amtszeiten zu zählen, da sie auf Grundlage eines Friedensabkommens erfolgte – allerdings wurde dieses Abkommen auch damals schon bei freien Wahlen bestätigt. Die letzten Wahlen in Burundi 2010 wurden von der Opposition boykottiert. Eine echte pluralistische Auseinandersetzung an der Wahlurne hat Burundis Politik seit 1993 nicht mehr erlebt. Damals war das Ergebnis ein Militärputsch und ein Bürgerkrieg, und viele Beobachter fürchten, dass das wieder blüht.
Dabei ist die erneute Kandidatur Nkurunzizas selbst in der CNDD-FDD nicht unumstritten. Ein erstes Ansinnen, die Verfassung zugunsten einer dritten Amtszeit zu ändern, war vergangenes Jahr im Parlament trotz der Mehrheit der Regierungspartei gescheitert. Wichtige Größen der Partei wie ihr ehemaliger Hauptfinanzier Hassan Radjabu haben ihre Gegnerschaft zum Machtverbleib Nkurunzizas mit Postenverlust, Gefängnis oder Exil bezahlt. Radjabu ist geflohen.
Massive Truppenverlagerung
Präsident Nkurunziza, der aus einfachen Verhältnissen kommt, stützt sich auf die Masse der Hutu-Bauern auf dem Land, vor allem im Norden Burundis, und auf die neue Parteimiliz „Imbonerakure“, ein paramilitärischer Verband von Hutu-Jugendlichen. Kritiker sagen, die „Imbonerakure“ seien strukturell mit den „Interahamwe“ zu vergleichen, jener Hutu-Parteimiliz in Ruanda, die 1994 den Völkermord an den Tutsi mit verübte.
Imbonerakure-Angehörige sollen bereits in zahlreiche Morde verwickelt sein. Ihr Hauptgegner sind allerdings derzeit nicht Tutsi, sondern die rivalisierende ehemalige Hutu-Rebellenbewegung FNL (Nationale Befreiungsfront), die als einziger ernst zu nehmender Gegner der CNDD-FDD an der Wahlurne gilt.
Über 11.000 Burunder sind in den vergangenen Wochen nach Ruanda geflohen; nach ruandischen Angaben wächst die Zahl jeden Tag um rund 800. Die Möglichkeit erneuter massiver Gewalt in Burundi verunsichert die Region. Die taz war am vergangenen Wochenende Augenzeuge einer massiven Verlagerung von Truppen innerhalb Ruandas in Richtung der burundischen Grenze.
Bisher war Ruandas Armee vor allem an Kongos Grenze konzentriert, um Angriffe der im Kongo basierten ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) zu verhindern. Mehrere burundische Oppositionelle warnen vor einem möglichen Bündnis zwischen der FDLR und den „Imbonerakure“, was aus Burundis Krise einen regionalen Konflikt machen würde.
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