: Bunte Elefantinnen
Das Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung an der TU wurde am Mittwoch abend eröffnet. Dreijähriger Probelauf ■ Von Ulrike Baureithel
Zum Bestehen als „bunter Elefant“ gehört ein gutes Gefühl für die eigene Farbe und der Mut und die Lust, diese Buntheit gegen den äußeren Anpassungsdruck zu behaupten. Mit diesem Gleichnis, das sich gegen das eintönige Grau der wissenschaftlichen Elefantenherde richtete, faßte die Historikerin Karin Hausen die Erfahrung feministischer Forscherinnen zusammen, die vor zwanzig Jahren begannen, hinter der vorgeblich geschlechtsneutralen Wissenschaft die unsichtbar strukturierende Geschlechterlinie aufzuspüren. Anlaß für ihren überaus vergnüglichen Vortrag, der die Lust an der Unruhestiftung und das Vergnügen am intellektuellen Kostümfest deutlich machte, war die Eröffnungsfeier des Zentrums für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung. Das in dieser Form in Deutschland einzigartige Zentrum, angesiedelt am FachbereichI der TU, startete am Mittwoch abend offiziell seinen dreijährigen „Probelauf“.
Die langwierige und konfliktreiche Geschichte des Zentrums hatte allerdings schon im Sommer 1991 mit der Einrichtung „innovativer Professuren“ begonnen. Damals setzte sich am Ende der Fachbereich Kommunikations- und Geschichtswissenschaften der TU gegen andere Bewerber durch. Als Karin Hausen im Sommer 1994 auf den Lehrstuhl für Interdisziplinäre Frauenforschung berufen wurde, war die Zukunft des Zentrums in den akademischen Gremien allerdings noch umstritten.
TU-Direktor Dieter Schumann konnte es sich in seinem Grußwort auf der Eröffnungsveranstaltung nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, daß ausgerechnet eine Frau im Kuratorium einen Vertagungsantrag stellte. Erst im vergangenen Dezember erhielten die Wissenschaftlerinnen, die bereits über vier Semester ein volles und überzeugendes Programm angeboten hatten, grünes Licht zur endgültigen Einrichtung des Zentrums.
Die Räume des Zentrums im 20. Stock des Telefunkengebäudes, in denen sich Karin Hauser „Überblick“ und „Durchblick“ verspricht, barsten am Eröffnungsabend aus allen Fugen. Ein anschauliches Dementi der Mär, Frauenforschung sei Nischenforschung. Welche innovativen Ideen und Kräfte von einer interdisziplinären Geschlechterforschung ausgehen können, skizzierte Hausen am Beispiel der aktuellen Renten- und Arbeitsmarktdiskussion. Sie prognostizierte, daß der wichtigste gesellschaftliche „Umbruch“ entlang der Geschlechter„front“ – Stichwort: Rückgang der unbezahlten Frauenarbeit – verlaufen wird.
Das Ziel des Zentrums ist es, neben der Durchführung der engeren Forschungs- und Lehrprojekte „über die Fachdisziplinen hinweg Interessen und Energien“ zu neuen Erkenntnissen zusammenzuführen. Derzeit konzentriert sich die Arbeit auf die thematischen Schwerpunkte „Wissenschaftsforschung als Geschlechterforschung“ und die „Kulturgeschichte der Geschlechterverhältnisse“. Und weil auch das Zentrum, kaum aus der Taufe gehoben, mit dem Diätprogramm aus dem Wissenschaftssenat konfrontiert wird, setzen die Wissenschaftlerinnen auf die Unterstützung eines Förderkreises, durch den insbesondere die öffentlichen Veranstaltungen mitfinanziert werden können. Mitglied kann werden, wer einen Mindestbeitrag von 60 Mark oder mehr pro Jahr bezahlt.
Der Geist habe kein Geschlecht, versuchte sich Rektor Schumann am Ende aus der patriarchalischen Affäre mit der Alma mater zu ziehen. Er erntete hintergründiges Lachen. Denn so hatte es die von Hausen zitierte Ruth Kluger wohl nicht gemeint, als sie für angemessene Identifikationsangebote für Frauen plädierte.
Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung. Ernst-Reuter-Platz 7, 10578 Berlin, (030) 314 26 974
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