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PDS bleibt im Bundestag weiter diskriminiert

■ Das Bundesverfassungsgericht verweigert der Partei den Fraktionsstatus im Parlament. Einordnung als „Bundestagsgruppe“ bringt weniger Geld und weniger parlamentarische Rechte

Freiburg (taz) – Die PDS erhält im Bundestag keinen Fraktionsstatus. Dies entschied gestern das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und lehnte eine Klage der Partei ab. Die PDS firmiert derzeit nur als „Gruppe“ und hat daher weniger parlamentarische Rechte. Im Bundestag verfügt sie über 30 Abgeordnete, für den Fraktionsstatus wären aber 34 Abgeordnete erforderlich.

Schon 1991 war die PDS mit einer ähnlichen Klage in Karlsruhe gescheitert. Auch damals war die PDS mit 2,4 Prozent der Wählerstimmen und 17 Abgeordneten nur als Gruppe im Bundestag vertreten. Dennoch sah die PDS jetzt eine erneute Klage als erfolgversprechend an. 1990, bei der ersten Bundestagswahl nach der Wiedervereinigung, war die Partei nämlich nur gnadenhalber ins Parlament eingezogen. Kurz vor der Wahl hatte das Verfassungsgericht bestimmt, daß für Ost- und Westdeutschland je eine getrennte Fünfprozenthürde zu überspringen ist. Bei der letzten Bundestagswahl 1994 dagegen schaffte die PDS den Parlamentseinzug regulär über die sogenannte Grundmandatsklausel. Zwar verfehlte sie mit 4,3 Prozent der Wählerstimmen wieder die (diesmal gesamtdeutsche) Fünfprozentklausel, der Gewinn von vier Direktmandaten eröffnete aber einen im Wahlgesetz vorgesehenen alternativen Weg ins Parlament.

Bei der Bestimmung der Fraktionsstärke sah allerdings die Geschäftsordnung des Bundestages wieder eine Fünfprozentklausel vor. Dies fand die PDS diskriminierend und forderte, daß auch Parteien, die über die Grundmandatsklausel ins Parlament einziehen, den Fraktionsstatus erhalten müssen. Ohne Erfolg. Das Verfassungsgericht verwies auf die „Autonomie“ des Bundestages, seine Geschäftsordnung so zu gestalten, daß die „Funktionsfähigkeit des Parlaments“ gewährleistet sei. Demnach wäre es zwar möglich, der PDS den Fraktionsstatus zuzuerkennen, aber nicht zwingend. Der fehlende Fraktionsstatus bringt der PDS vor allem Nachteile finanzieller Art und in Statusfragen. So erhält die PDS-Gruppe nur den halben Sockelbetrag einer Fraktion – ein Verlust von rund 3,3 Millionen Mark. Auch hat die Partei kein Stimmrecht im Ältestenrat, erhält nie den Vorsitz eines Ausschusses und auch keinen Sitz im Vermittlungsausschuß sowie im Notparlament, das im Verteidigungsfall tagt. Nur bei der Redezeitverteilung soll die Partei im Einzelfall etwas besser behandelt werden, beschied Karlsruhe.

Die Empörung bei der PDS hielt sich gestern in Grenzen. „Jetzt gilt erst recht“, erklärte Gregor Gysi, „wir wollen und müssen über die Fünfprozenthürde springen, um gleichberechtigt im Bundestag mitwirken zu können.“ (Az2 BvE 4/95) Christian Rath

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