: Hauptstadt für Doppelpaß
■ Gegen die Stimmen der CDU unterstützt die Parlamentsmehrheit die Bonner Pläne zur Staatsbürgerschaftsreform. Koalition ist gespalten
Die politische Mehrheit in der Hauptstadt hat sich gestern für die geplante Reform des Staatsbürgerschaftsrechts und die generelle Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft ausgesprochen. Gleichzeitig hieß es um 17 Uhr im Preußischen Landtag: „Das Abgeordnetenhaus von Berlin verurteilt scharf eine Angst- und Diffamierungskampagne gegen die Erleichterung der Einbürgerung und sieht darin den inneren Frieden in der Stadt gefährdet.“
Nach einer stundenlangen, angeheizten Debatte stimmte eine Mehrheit von SPD, Bündnisgrünen und PDS gegen die CDU einem Antrag zu, der den Senat auffordert, die Bundesregierung bei ihren Bemühungen im Bundesrat zu unterstützen. „Insbesondere in Berlin als einer toleranten, weltoffenen Bundeshauptstadt ist es dringend notwendig, lange hier lebende Ausländerinnen und Ausländer die Einbürgerung zu erleichtern. Dazu gehört auch die Möglichkeit, die bisherige Staatsbürgerschaft beizubehalten“, heißt es im verabschiedeten Antrag.
Schon bevor die SPD damit gemeinsam mit der Opposition den Koalitionspartner CDU überstimmte, hatte ein Eklat die Große Koalition belastet: Im Rahmen der Debatte über die Integration von AusländerInnen und die doppelte Staatsbürgerschaft antwortete Innensenator Eckart Werthebach (CDU) auf eine Große Anfrage der PDS. Er enthielt sich zwar einer expliziten Stellungnahme zu den rot-grünen Bonner Plänen, sprach sich jedoch gegen eine generelle doppelte Staatsbürgerschaft aus. Justizsenator Erhart Körting (SPD) ergriff daraufhin das Wort und warf dem Innensenator vor, seine Stellungnahme des Senats für parteipolitischen Wahlkampf zu mißbrauchen.
Empörung machte sich dabei auf den Bänken der CDU breit. Für die Christdemokraten trat Fraktionschef Klaus Landowsky an das Rednerpult und erklärte, noch nie in seiner fast 25jährigen Parlamentszeit habe er erlebt, daß ein Senator, gerade ein Justizsenator, in so unverfrorener Weise parteipolitisch agiert habe. „Das ist Ihnen und Ihres Amtes nicht würdig“, rief er Körting zu.
In der Debatte hatte zuvor der innenpolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Wolfgang Wieland, den Christdemokraten vorgehalten, daß ihre erklärte Unterstützung der bundesweiten Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft „widerwärtig“ sei. „Das ist das häßliche Gesicht der CDU“, so Wieland. Sie mobilisiere den rechten Rand und schüre Ängste. SPD-Fraktionschef Klaus Böger hatte die CDU daran erinnert, daß selbst in der Koalitionsvereinbarung die doppelte Staatsbürgerschaft vereinbart war. Barbara Junge
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