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Thüringen: Der Nichtwähler entscheidet

Schwarz. Schwarz-Rot. Rot-Rot. Bei der Landtagswahl im Freistaat ist alles drin. Und es kann knapp werden. CDU-Ministerpräsident Vogel buhlt inzwischen sogar um die Stimmen von FDP-Anhängern  ■   Aus Dresden Nick Reimer

Einer der Lieblingssätze von Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel geht derzeit so: „Ich ziehe den Karren, solange der Karren es will.“ Allem Anschein nach will der Thüringer Karren weiter von Vogel gezogen werden: 45 Prozent der Wähler wollen am Sonntag den Umfragen zufolge ihr Kreuz bei der CDU machen. Die PDS kommt neuerdings auf 22, die SPD nur noch auf 21 Prozent. Seit der Bundestagswahl sind die Sozialdemokraten um 13 Prozent abgesackt. Nach Peter Müller und Jörg Schönbohm scheint die Sache klar: Der nächste Wahlsieger in christdemokratischen Reihen heißt Bernhard Vogel.

Wenn sich die CDU da mal nicht vertut. Die Thüringer Landtagswahl bleibt – ähnlich wie im Saarland – spannend bis zum Schluss, zumal es hier mehrere Optionen gibt. Die reichen von CDU-Alleinregentschaft über eine Fortsetzung der verhassten Großen Koalition bis zum zweiten rot-roten Regierungsbündnis in deutschen Landen. Entscheidend dürfte die Wahlbeteiligung sein. Der neue SPD-Slogan lautet „Schwarz stoppen – wählen gehen!“ Gelingt es den Sozialdemokraten, ihre Wähler doch noch zu mobilisieren, könnten die rot-roten Zimmerleute – Spitzenkandidat Richard Dewes von der SPD und Bodo Ramelow, auf Listenplatz zwei der PDS – am Ende triumphieren.

Das weiß auch Bernhard Vogel. „Der Wahlausgang steht auf Messers Schneide“, hat Vogel am Dienstag einen ungewöhnlichen Schachzug erklärt. Er rief die FDP-Anhänger auf, ihm statt den Liberalen ihre Stimme zu geben. Die FDP – die in Umfragen bei 2 Prozent liegt – hätte ohnehin keine Chance auf Parlamentssitze, so Vogel. Das trifft sicherlich auch für die Grünen zu, die mit 3 Prozent gehandelt werden. Die Rechtsradikalen dürften in Thüringen keine Chance haben. Zum einen stellten sie sich in drei Parteien zur Wahl – neben der DVU, die seit einigen Tagen mit großem Aufwand wirbt, sind auch die NPD und die Republikaner angetreten. Zum anderen ist das Protestpotential in Thüringen weit geringer als in Sachsen-Anhalt oder Brandenburg.

Zwar kann Vogel nicht mit dem Charisma eines „König“ Kurt Biedenkopf in Sachsen konkurrieren. Doch mit dem promovierten Politikwissenschaftler am Regierungsruder geriet Thüringen in ruhigeres Fahrwasser. Mittlerweile ist der Freistaat bei nahezu allen Wirtschaftsdaten Klassenprimus der neuen Länder.

Trotzdem merkte man dem sonst eher pragmatischen Vogel bei seiner Bilanz der Großen Koalition im Juli an, dass Regieren in dieser Konstellation überaus aufreibend ist. „Die Regierungsarbeit war manchmal kompliziert, mühsam und sehr anstrengend.“ Tatsächlich gab es etliche Reibungsverluste mit der SPD – zuletzt gerieten beide Koalitionspartner wegen des von der Bundesregierung gestoppten Weiterbaus der ICE-Strecke durch den Thüringer Wald heftig aneinander.

Klar ist: Bei einer Neuauflage der Großen Koalition wird die Zusammenarbeit leichter. Immer wieder hat Vogels Herausforderer, der SPD-Innenminister Dewes, erklärt, dann für ein Ministeramt nicht zur Verfügung zu stehen. Denn auch seine Bilanz der Zusammenarbeit mit Vogel fiel eher gequält aus.

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