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Denkmalschützer als Zaunkönig

■  Posse um den Schutz der Mauer vor Souvenirjägern: Geschmacksverirrung mit dem Jägerzaun sorgt nun für Probleme. Der Mauerstreifen in der Niederkirchnerstraße muss erhalten bleiben, findet Denkmalpfleger Helmut Engel

Auf die Berliner Polizei kommt eine echte Herausforderung zu: Zehn Jahre nach der Wende sollen die Beamten die letzten noch erhaltenen Mauerreste vor Souvenierjägern bewahren. Dieser Auffassung ist zumindest der oberste Denkmalpfleger der Hauptstadt, Professor Helmut Engel.

Besonders am Herzen liegt Engel der 70 Meter lange Mauerstreifen in der Niederkirchnerstraße in Mitte, schräg gegenüber des Preußischen Landtags. Der Grund: Die bislang von einem unüberwindlichen Streckmetallzaun aus Nachwende-DDR-Zeiten behütete Restmauer ist seit kurzer Zeit schutzlos jedem Angriff preisgegeben. Verantwortlich dafür: Professor Helmut Engel.

Zwar geht deshalb bei der Denkmalbehörde die Angst um, dass die totgeglaubten Mauerspechte wiederaufleben könnten. Doch auch dafür hat Engel eine Antwort: „Die Polizisten, die das Abgeordnetenhaus bewachen, können doch gleichzeitig ein wachsames Auge darauf haben, ob jemand an der Mauer verschämt ein Hämmerchen aus der Hosentasche holt.“

Zaun oder Nicht-Zaun? Diese Frage war von so weitreichender Bedeutung, dass im Senat darüber entschieden wurde: Der alte Streckzaun und der Wildwuchs muss entfernt werden, weil die Brutalität der Mauer“ dadurch versteckt werde. Um das Denkmal vor Mauerspechten zu schützen, muss aber eine andere Art der Abgrenzung errichtet werden.

Für 150.000 Mark inklusive Bauarbeiten schickte die Bauverwaltung den Auftrag raus. Geliefert wurde ein ein 70 Meter langer, brusthoher Vorgartenzaun, Modell Dahlemer Jägerzaunidylle in weißer Farbe, der nicht zu der brüchig morbiden Mauer passt. Trotzdem wurde der Zaun installiert. Ein gutes Drittel der Mauerstrecke war schon von weißen Gitterstäben gesäumt, als Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz den ästhetischen Missgriff erkannten.

In der Staatssekretärsrunde bat der Staatssekretär für Stadtplanung, Hans Stimann (SPD), seinen Kollegen von der Bauverwaltung, die Arbeiten zu stoppen. Bausenator Jürgen Klemann (CDU) zog den Fall an sich und entschied: Der Zaun wird wieder abgebaut.

Die Sprecherin der Bauverwaltung, Petra Reetz, versichert, dass die 150.000 Mark nicht in den Sand gesetzt worden sind. Die Sanierungsarbeiten an der Mauer wären auch ohne Zauninstallation erforderlich gewesen. „Und den Zaun können wir woanders aufbauen, wo er besser passt.“ Sie teilt nicht die Auffassung, dass der Auftrag von Geschmacksunsicherheit zeugt: „Manchmal muss man das Ensemble direkt vor Augen haben um zu merken, dass es nicht funktioniert.“

Mensch und Mauer in der Niederkirchnerstraße sind nun nur noch durch ein rot-weißes Absperrband getrennt. Im Abstand von 15 Meter sind auf der Mauerstrecke Schilder, auf denen in deutsch, englisch, französisch, japanisch und türkisch heißt: „Betreten verboten“. Im benachbarten Abgeordnetenhaus hat sich noch nicht herumgesprochen, dass auf den großen Zaun kein kleiner Zaun mehr folgen wird.

Auch Denkmalsschützer Engel war gegen den kleinen Zaun. Dennoch ist er beunruhigt. Schließlich kann er nicht sicher sein, dass er sich im Kampf gegen die Mauerspechte auf die Polizei verlassen kann. Plutonia Plarre

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