Altes Stadtbad wieder eröffnet

■ Viel zu teuer, aber halb so lang

In eine der skandalträchtigsten Bauruinen der Stadt, das Schöneberger Stadtbad an der Hauptstraße, fließt nun doch wieder das Wasser. Zehn Jahre nach der Schließung des Hallenbades, zahlreichen Baustopps und Kostensteigerungen übergab gestern der Bezirk das sanierte Bad den städtischen Bäderbetrieben. Wenn die Schöneberger Schwimmer allerdings glauben, goldene Badefreuden brechen für sie an, sehen sie sich nass gemacht.

Zum einen müssen nach der Modernisierung nun höhere Eintrittspreise als anderswo gezahlt werden. Zum anderen wird mit der Eröffnung des Stadtbades am 28. November die grosse Schwimmhalle mit 50-Meter-Becken am Sachsendamm für die Öffentlichkeit fast komplett dichtgemacht. Das Schwimmbad soll für Leistungssportler, Vereine und Schulen reserviert bleiben.

Das von Heinrich Lassen in den 20er Jahren erbaute Stadtbad wurde äußerlich kaum verändert. Die Architekten Arnke und Häntsch (Berlin) erneuerten dagegen die 25-Meter-Bahnen, bauten Spass- und Kinderbecken hinzu und entwarfen ein damit verbundenes Freibecken. Zugleich sind ein Solebad, eine Sauna und neue Umkleiden entstanden, sagte Hans-Joachim Munte, Sprecher der Bäderbetriebe.

Nach der Schließung und der Entkernung des maroden Bades 1989 hatte es lange nicht danach ausgesehen, dass die Bauruine jemals fertig gestellt werden würde. Die jährlichen Subventionen von fünf Millionen Mark reichten für zügige Bauleistungen kaum aus. Mehrmals musste die Arbeit eingestellt werden. Statt der anvisierten Kosten von rund 47 Millionen steigerte sich der Bau auf 55 Millionen Mark.

Weil das Bad nun „besser ausgestattet ist“, so Munte, müssen die Besucher tiefer in die Tasche greifen. Statt ganztägigem Baden für sechs Mark muss man dieselbe Summe für eine Stunde hinblättern. Der Tagespass kostet 10 Mark. Dafür ist das Schwimmen von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr möglich.

Während Schönebergs bündnisgrüne Bürgermeisterin Elisabeth Ziemer das modernisierte Bad als „Juwel“ bezeichnete, aber kritisierte, „der Preis haut doch ziemlich rein“, verteidigten die Bäderbetriebe die höheren Kosten. Die teuren Preise seien notwendig für den „wirtschaftlichen“ Betrieb des Bades. Munte verteidigte auch die Schließung des Sportbades am Sachsendamm als öffentliche Badeanstalt. Bis auf eine Stunde frühmorgens um 6.30 Uhr von montags bis donnerstags „für eine bestimmte Schwimmerklientel“ sollten nur noch Vereine, Leistungssportler und Schülen dort trainieren. Die Bäderbetriebe zielten mit ihrem neuen „Nutzergruppenkonzept“ darauf ab, die Wassersportler von den Normalschwimmern trennen.

Mit dem kleinen 25-Meter-Becken im Stadtbad wollen jedoch viele Sachsendamm-Schwimmer nicht tauschen. Derzeit liegen dort Unterschriftenlisten aus, um die öffentliche Nutzung des Bades zu sichern. Schöneberg brauche zwei Bäder, meinte die Schwimmerin Katrin Oswald, die auf „Whirlpools und volle Becken mit Kindern“ keine Lust hat. Rolf Lautenschläger