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Auch die SPD nimmt's nicht so genau

■  Bundestag beschließt Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre. Auch die SPD hat größere Spenden „gestückelt“ und nicht offen gelegt, sagt SPD-Schatzmeisterin Wettig-Danielmeier im taz-Interview

Berlin (taz) – Nicht nur Helmut Kohl hält das Parteiengesetz für eine „Formalie“, auch die SPD nimmt es mit dem Geist dieses Gesetzes nicht besonders genau. Die Schatzmeisterin der SPD, Inge Wettig-Danielmeier, erklärt im Interview mit der taz, dass auch Spenden an die SPD „gestückelt“ würden, sodass die Einzelteile dieser Spende das Limit von 20.000 Mark, ab dem Spenden deklariert werden müssen, zwar nicht überschreiten, die Summe der Einzelspenden aber schon.

Auf die Frage, ob es auch bei der SPD vorkomme, dass verschiedene Tochterfirmen eines Unternehmens der SPD Geld spendeten, die in der Summe über dem Limit von 20.000 Mark lägen, antwortet Wettig-Danielmeier: „Das hat es bei uns auch schon gegeben.“ Das sei „erlaubt“, fügt sie hinzu, meint aber auch, dass man das Parteiengesetz „an dieser Stelle möglicherweise ändern“ müsse. Bundeskanzler Schröder habe im Gegensatz zu Helmut Kohl kein Konto zu seiner persönlichen Verfügung, stellt Wettig-Danielmeier klar: „Gerhard Schröder gibt nichts aus, was ich nicht abgezeichnet hätte.“

Weiteren Änderungsbedarf beim Parteiengesetz sieht Wettig-Danielmeier bei der Annahme von Spenden durch einzelne Abgeordnete. Diese müssten Spenden bisher nicht per Gesetz an die Partei weitergeben. „Das sollte man ändern“, fordert die Schatzmeisterin. Bei der SPD müssten Spenden jedoch immer an die Partei abgeführt werden.

Die mehr als unklaren Verhältnisse in den verschiedenen Kassen der CDU wird nun ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss prüfen. Einstimmig beschloss der Bundestag gestern die Einsetzung des 33. Untersuchungsausschusses der Republik unter dem Namen „Parteispenden und Waffenhandel“. Geklärt werden soll dort die Spendenpraxis der CDU, insbesondere unter ihrem Ex-Vorsitzenden Helmut Kohl. Außerdem wird der Ausschuss die Frage untersuchen, ob die Zahlungen Einfluss auf politische Entscheidungen hatten. Genannt werden unter anderem die Panzerlieferungen an Saudi-Arabien, der Verkauf des ostdeutschen Minol-Tankstellennetzes an die französische Firma Elf Aquitaine, Airbus-Lieferungen an Kanada und Thailand und die Lieferung von Hubschraubern an Kanada.

Ein Antrag der FDP, auch die damaligen Oppositionsparteien SPD, PDS und Grüne und deren Spendenpraxis einzubeziehen, scheiterte knapp. Geeinigt haben sich die Parteien dagegen auf eine Erweiterung des Ausschusses von 11 auf 15 Mitglieder. Den Wunsch der CDU nach einer für sie günstigeren Zusammensetzung des Ausschusses erfüllten die Parteien damit allerdings nicht: CDU und SPD bekommen je zwei Sitze mehr, also die SPD insgesamt sieben, die CDU fünf und die drei anderen Parteien je eine Person.

Am 16. Dezember wird der Ausschuss zum ersten Mal zusammentreten und zunächst Untersuchungsakten der Augsburger Staatsanwaltschaft anfordern. Mit ersten Ergebnissen ist nach Auskunft des Ausschussvorsitzenden allerdings erst in zwei Jahren zu rechnen.

Der Geldregen eines jugendlichen Parteispenders, der in einem Happening kopierte Banknoten von der Besuchertribüne des Bundestages flattern ließ, benetzte eine hoch nervöse Debatte: CDU-Parteichef Wolfgang Schäuble will um jeden Preis verhindern, dass der CDU-Wirtschaftsprüfer Horst Weyrauch von der Schweigepflicht entbunden wird. Doch ein Antrag, der die CDU hierzu auffordert, wurde schließlich knapp angenommen.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) signalisierte inzwischen per WDR-Interview, dass er den Rahmen, bis zu dem er die staatliche Unterstützung der CDU zurückfordern könnte, nicht ausschöpfen werde. Heide Oestreich

Bericht und Interview Seite 6

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