: Kohls Konten werden untersucht
■ Bundestag: Untersuchungsausschuss zu CDU-Spendenaffäre einstimmig beschlossen. Zeugen von Schweigepflicht entbunden
Berlin (dpa) – Zur Aufklärung der Spendenaffäre um die CDU und ihren früheren Vorsitzenden Helmut Kohl hat der Bundestag gestern einstimmig einen Untersuchungsausschuss „Parteispenden und Waffenhandel“ eingesetzt.
Ein Antrag der FDP, den Auftrag der Untersuchung auf Zahlungen auch an andere Parteien als die Union zu erweitern, wurde abgelehnt. Zuvor hatte die SPD der Forderung der CDU zugestimmt, die Zahl der Mitglieder von ursprünglich geplanten elf auf fünfzehn zu erhöhen. Zudem beschloss der Bundestag, Zeugen vor dem Ausschuss von ihrer Schweigepflicht zu befreien. Dies betrifft vor allem den früher für die CDU tätigen Wirtschaftsprüfer Horst Weyrauch. In einem so genannten Hammelsprung – zu diesem Verfahren kommt es, wenn sich Präsident und Schriftführer über das Ergebnis einer vorangegangenen Abstimmung nicht einig sind – votierten 230 Abgeordnete für, 220 gegen einen entsprechenden Antrag von SPD und Grünen.
In der heftigen und lauten Debatte sagte CDU-Chef Schäuble, wenn es den Verdacht gebe, dass Entscheidungen einer Regierung durch Geld beeinflusst worden sein könnten, müsse dies „so rasch und lückenlos wie möglich aufgeklärt werden“. Er sei aber sicher, „dass Entscheidungen der Regierung Kohl wie auch jeder anderen Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik niemals käuflich gewesen sind“.
Redner von SPD, Grünen und PDS erhoben erneut schwere Vorwürfe gegen die CDU. Der designierte Ausschussvorsitzende Volker Neumann (SPD) nannte den Umgang mit dem Parteiengesetz bedenklich: „Bei verdeckten Geldern ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein Grund dahinter steckt, warum sie verdeckt sind.“ Erste Ergebnisse könne der Ausschuss aber vermutlich erst in zwei Jahren vorlegen. Die erste Sitzung wird am 16. Dezember sein.
CDU-Generalsekretärin Angela Merkel sagte am Rande der Debatte: „Sollten Gesetzesverstöße aufgetreten sein, werden wir dafür auch einstehen.“ Kohl bleibe Kanzler der Einheit, mit großen Verdiensten für Deutschland – „und mit den Fehlern werden wir leben müssen“.
In der Debatte gerieten der Grünen-Abgeordnete Ströbele und FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle heftig aneinander. Westerwelle forderte Ströbele auf, seine Bemerkung, es habe möglicherweise Zahlungen an Ex-Außenminister Genscher (FDP) gegeben, zurückzunehmen: „Es ist eine Unverschämtheit, wie sie hier eine Persönlichkeit durch die Jauche ziehen.“
Der frühere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ernst Gottfried Mahrenholz, der an der Beschlussfassung zur Parteienfinanzierung beteiligt war, betonte, dass die von Kohl „offenbar geübte Praxis verschleierter Konten“ mit der verschärften Rechtsprechung „gerade verhindert werden sollte“. Der Leipziger Volkszeitung sagte er: „Der gute Zweck heiligt keinesfalls die Mittel.“
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