: Rom streitet über Afghanistan-Einsatz
Verlängerung des italienischen Engagements stößt bei immer mehr Senatoren auf Ablehnung. Erweiterung einer US-Kaserne in Vicenza sorgt für zusätzlichen Zündstoff. Mehrere Oppositionsparteien wollen Isaf-Mission zustimmen
ROM taz ■ Die Verlängerung des Mandats der italienischen Isaf-Truppen in Afghanistan und die Erweiterung einer US-Kaserne im norditalienischen Vicenza drohen die Koalition Romano Prodis zu spalten. In diesen Tagen nämlich muss die Regierung das Dekret zur weiteren Finanzierung des italienischen Kontingents von knapp 2.000 Soldaten in Kabul und Umgebung vorlegen. Dieses Dekret muss dann binnen 60 Tagen vom Parlament gebilligt werden.
Doch schon bei der letzten Abstimmung im Juli 2006 hatte Romano Prodi im Senat nur noch per Vertrauensfrage seine Koalition zusammenhalten können. Gleich 16 Senatoren vor allem der Kommunisten und der Grünen erklärten anschließend, sie seien in Zukunft nicht mehr bereit, einer bloßen Fortsetzung der Mission zuzustimmen. Stattdessen müsse in der Koalition über eine „exit strategy“ geredet werden. Diese Dissidentengruppe ist auf etwa 40 Senatoren angewachsen. Selbst ein Vertreter der Südtiroler Volkspartei findet sich in ihren Reihen.
Im Juli 2006 hatte Prodi die Dissidenten nicht zuletzt einfangen können, weil er sich gegenüber einer koalitionsinternen Debatte über eine Veränderung der Afghanistanpolitik offen gezeigt hatte. Jene Debatte blieb dann in den Folgemonaten völlig aus. Stattdessen sollen die Senatoren demnächst wieder die Fortsetzung des italienischen Engagements absegnen.
Außenminister Massimo D’Alema von den Linksdemokraten erklärt, ein Abzug aus Kabul komme gar nicht in Frage, und bringt damit die Haltung des gemäßigt linken Kerns der Koalition auf den Punkt. Dem radikal linken Flügel hat er nur ein Zugeständnis zu bieten – verbales Entgegenkommen wie schon im letzten Jahr. D’Alema verkündet nämlich zugleich, Italien könne international nur einen Strategiewechsel in Afghanistan erreichen, wenn es weiter an der Isaf-Mission beteiligt bleibe.
Das hätte dem linken Flügel der Koalition womöglich gereicht, wenn das Klima nicht durch eine weitere Entscheidung Prodis vergiftet wäre. Noch unter der Regierung Berlusconi hatten die USA sich die beträchtliche Erweiterung einer Kaserne im norditalienischen Vicenza absegnen lassen. Das Gros der örtlichen Bevölkerung ebenso wie Kommunisten und Grüne sind strikt gegen den Ausbau der US-Präsenz und fordern eine Volksabstimmung in der Stadt. Prodi dagegen erklärte kurzerhand, hier handle es sich gar nicht um eine norditalienische, sondern um eine „urbane“ Frage, die ihn als Ministerpräsidenten gar nichts angehe. Da aber Berlusconi sein Jawort gegeben habe, fühle er sich an dieses Versprechen gegenüber den USA gebunden.
Doch während dem Ministerpräsidenten die entscheidenden Stimmen aus den eigenen Reihen im Senat – dort regiert er mit nur einer Stimme Mehrheit – abhandenzukommen drohen, scheint eine Regierungskrise nicht unmittelbar in Sicht zu sein.
Schon haben mehrere Oppositionsparteien angekündigt, sie würden für die Isaf-Mission votieren, und die Lega Nord kündigte ihre Zustimmung selbst für den Fall an, dass Prodi das Votum mit der Vertrauensfrage verbinden sollte. MICHAEL BRAUN
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